Teil 6 unseres Roadtrips durch Bolivien
Eins vorneweg: La Paz kann man nicht beschreiben, La Paz muss man erlebt haben!
Wir hatten bereits so einiges über die Stadt gehört, und wenig davon war positiv. Die meisten Overlander beklagten sich vor allem über die chaotischen Verkehrsverhältnisse, dieser riesigen Stadt Stadt. So richtig Lust auf Großstadttrubel hatten wir auch nicht, aber es gab ein-zwei Dinge, die wir erledigen und besorgen mussten und dazu bot sich eine Großstadt einfach an. Wir beschlossen also, uns einen Platz am Rande der Stadt zu suchen und max. 1-2 Nächte dort zu bleiben.
Doch es kam mal wieder anders.
Von anderen Reisenden bekamen wir einen kleinen Campingplatz am Stadtrand empfohlen. Erst erschien uns dieser zu teuer, aber dann lasen wir, dass der Besitzer auch Automechaniker ist und sich so ziemlich mit jedem Fahrzeug auskennt. Das kam uns gerade recht, also steuerten wir am 3. Juni den Campingplatz Las Lomas an.
Marcos, der Besitzer, hatte uns vorab eine genaue Anfahrtsbeschreibung zukommen lassen, da man Google Maps in dieser Stadt vergessen kann. Trotz der fixen Wegpunkte, versuchte Google uns quer durch die Stadt zu führen, dabei machte der Verkehr von La Paz schon am Stadtrand seinem Ruf alle Ehre. Es war ein heilloses Durcheinander, immer wieder wurden wir von links und rechts von Minibussen und Motorrädern geschnitten, es hupte von vorne und hinten, plötzlich standen wir mitten in einer Baustelle, die von Straßenverkäufern belagert wurde. Umleitungen waren, wie immer in Bolivien, so gut wie nicht ausgeschildert und unklar, immer wieder kreuzten Hunde und Menschen die Fahrbahn, ohne sich um den Verkehr zu kümmern, kurzum – sowohl Fahrer als auch Beifahrerin brauchten hier starke Nerven. 😉
Aber irgendwann war es geschafft und wir kamen, mit Einbruch der Dunkelheit, heil auf dem Campingplatz an. Dort trafen wir auf einige andere Overlander aus Deutschland, Ecuador, Holland und der Schweiz, u. a. auch zwei bereits bekannte Gesichter. Wir waren also in bester Gesellschaft.
Unterwegs in und über La Paz
Bevor wir uns den Erledigungen und Reparaturen zuwandten, schauten wir uns am nächsten Tag erstmal die Stadt an. Offiziell liegt die Stadt auf einer Höhe von 3.600m über dem Meeresspiegel. Das ist aber bestenfalls ein Mittelwert. Es gibt Stadtteile, die auf 3.400müM liegen, der höchste Stadtteil, El Alto, liegt jedoch auf 4.200müM. Crazy! Um sich in der Stadt zu bewegen, kann man sich entweder in einen der besagten Minibusse setzten, welche man einfach am Straßenrand heranwinkt, oder man nimmt die relativ neue Seilbahn.
Ein Netz aus acht verschiedenen Seilbahnen (das größte urbane Seilbahn-Netz der Welt) spannt sich quer über die Stadt mit der wohl ungewöhnlichsten Topografie. Während unter einem der Wahnsinn tobt, schwebt man mit der Bahn in vollkommener Ruhe und Entspanntheit über die Stadt und kann die unglaubliche Aussicht auf die Stadt und die umliegenden 6.000m Berger genießen.
Man merkt sofort, dass die Einwohner von La Paz sehr stolz auf ihre Bahn sind. Alle Gondeln wirken wie neu, an jeder Station stehen Reinigungskräfte, die nach jedem Gast die Kabine auswischen. Nirgendwo liegt Müll rum, nichts ist beschmiert oder verschmutzt. Auch gilt innerhalb der Gondeln und Stationen immer noch die Maskenpflicht.
Allein die Seilbahn ist also schon eine Sehenswürdigkeit an sich.
Aber natürlich haben wir uns auch in der Stadt selbst einiges angeschaut. So besuchten wir u. a. den sogenannten Hexenmarkt, auf dem allerhand Tinkturen und Kräuter verkauft werden, die gegen so manches Zipperlein helfen sollen. Es gibt aber auch die weniger schönen Dinge, wie z. B. tierische Opfergaben in Form von toten Lamababys. ☹
Natürlich gab es auch wieder Fußgängerzonen voller Souvenirgeschäfte, Kathedralen und Plätze und auch das ein oder andere spannende Museum.
Unser Favorit war das Nationalmuseum für Ethnographie und Folklore, insbesondere die Maskensammlung der verschiedenen indigenen Stämme und die alten schwarz-weiß Fotografien aus den 1930er-1990er Jahren, hatten es uns angetan.
Ein weiteres Highlight war die Cholita Wrestling Show. Cholita ist die Bezeichnung der indigenen Frauen. Die traditionell gekleideten Damen waren alles andere als zimperlich und legten wahrlich eine irrwitzige Show auf’s Parkett. Die Röcke flogen nur so!
Ein paar Männer kamen auch zum Einsatz.
Aber ansehnlicher waren eindeutig die (anfangs noch) eleganten Cholitas.
Was für ein Spektakel, welches wir zusammen mit Laura und Pietro aus der Schweiz besuchten, die mit uns auf dem Campingplatz standen. Die beiden sind mit ihrem Defender in Südamerika unterwegs und wir waren uns in vorherigen Wochen schon ein paar Mal begegnet. Der gemeinsame Abend endete mit einem Besuch in einem koreanischen Restaurant, bevor wir uns dann am nächsten Tag mal unseren technischen und mechanischen Problemchen zuwandten.
Bremsen, Bolzen & Co.
Marcos schaute sich noch mal unsere Bremsen an und empfahl uns, die Beläge doch langsam mal zu tauschen. Nach 95.000km hatten es besonders die hinteren Beläge auch nötig. Leider hatten wir aber bisher in Bolivien keine passenden Ersatzteile finden können, da es den Ducato dort nicht gibt. Aber Marcos hatte die richtigen Kontakte und konnte die Bremsbeläge für hinten und sogar vorne auftreiben. Also ließen wir Beides gleich von ihm reparieren. Dabei fiel aber leider auf, dass bei der Schweiß-Aktion in Chile (damals beim ersten Reifenwechsel), ein Radbolzen und das dazugehörige Gegengewinde Schaden genommen hatten. Also mussten ein neuer Bolzen und ein Gewindeschneider her. Auch das konnte Marcos auftreiben und so wurde bis 21 Uhr abends an Moby rumgedoktert und geschraubt, bis es schließlich geschafft war.
Wieder was erledigt. Wir nutzten die Zeit auf dem Campingplatz für weitere Erledigungen und ToDos, arbeiteten mal wieder den üblichen Admin Kram ab und buchten dann zum Abschluss noch ein besonderes Abenteuer.
Death Road – mit dem Mountainbike über die einst gefährlichste Straße der Welt
In Bolivien gibt es die einst als gefährlichste Straße der Welt geltende, sogenannte „Death Road“. Die an den meisten Stellen nur ca. 3m breite Straße, welche auf insgesamt 80km ca. 3.500hm überwindet, war bis 2007 die Hauptverbindung zwischen La Paz und der Region Yungas. Den Namen Death Road verdankt sie den zahllosen, oftmals tödlichen Unfällen, welche sich auf ihr ereignet haben. Da es auf der gesamten Strecke keine Leitplanken gibt und sich hier LKWs, Busse, Autos und Co. gleichermaßen entlangquälten, kam es oft zu Abstürzen oder auch Felsabbrüchen, Steinschlägen und Erdrutschen.
Seit 2007 gibt es eine neue Umgehungsstraße und die alte Death Road ist für den Verkehr gesperrt und wird nur noch von lokalen Anwohnern genutzt. Aktuell ist sie aber nicht komplett befahrbar, da ein Erdrutsch auf halber Strecke die Straße zumindest für Autos blockiert. Mit den Fahrrädern kann sie aber noch befahren werden und das ließen wir uns natürlich nicht zweimal sagen.
Wir schlossen uns einer Tour an, die einen zum Start hinauf auf 4.670m Höhe brachte. Dort ging es dann ab auf die Bikes und los zum insgesamt 63km langen Downhill.
Die Strecke führte zunächst noch über eine geteerte Serpentinenstraße, bevor man irgendwann auf die wirkliche Death Road gelangt. Ab dort ist die Straße dann nur noch grob geschottert und es gilt bis heute Linksverkehr, damit Autofahrer im Falle von Gegenverkehr, auf der Seite des Abgrunds sitzen und diesen besser im Blick haben.
Uns kamen jedoch nur eine Handvoll Autos entgegen, was die Straße inzwischen viel weniger gefährlich macht, es sei denn, man wird übermütig und fliegt aus der Kurve, was leider immer noch regelmäßig geschieht. Erst vor einigen Monaten gab es den letzten tödlichen Unfall mit einem Radfahrer und auch in unserer Gruppe, stürzte eine Teilnehmerin so schwer, dass die Tour für sie vorbei war.
Allzu schnell fahren wollten wir aber gar nicht, die Landschaft entlang der Strecke ist nämlich unglaublich schön. Man fühlt sich, als würde man durch einen Dschungel fahren. Um uns herum, war alles grün und wir hatten auch in der Höhe totales Glück mit dem Wetter, strahlenden Sonnenschein und freie Sicht, was hier absolut keine Selbstverständlichkeit ist.
Die Strecke führte auch unter einigen kleinen Wasserfällen durch und immer wieder durch kleine Dörfer und Kommunen, und natürlich Aussichtspunkte.
Die Tour endete schließlich in Yolosa, wo wir in einem Hotel noch ein Mittagessen bekamen, und die Möglichkeit gehabt hätten, den Pool zu nutzen. Das schien zwar sehr einladend, beim genaueren Hinsehen, ließen die hygienischen Zustände in dem Hotel allerdings mehr als zu wünschen übrig, selbst für bolivianische Standards.
Wir verzichteten also darauf, allerdings holte mich in der Nacht dann dennoch das Essen ein. Ich hatte mir, zum ersten Mal auf dieser Reise, ordentlich den Magen verdorben und hing daher den nächsten Tag ganz schön in den Seilen. Wir blieben also einen weiteren Tag auf dem Campingplatz, bevor es dann am Samstag den 10. Juni, nach einer Woche in dieser verrückten und besonderen Stadt, weiter ging.
Unser letztes Ziel in Bolivien (und das erste Ziel in Peru), war der Titicaca See.
Aber dazu dann demnächst mehr. 😊