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Montenegro II: Berge, Seen & Ausblicke

Weiter geht’s durch Montenegro!

Nach einem Frühstück mit Kloster-Blick ging es am 10. September morgens weiter in den Norden des Landes. Unser Ziel war der Durmitor Nationalpark. Der erste Stopp war das Örtchen Zabljak, am Crno Jezero, was soviel wie Black Lake, bzw. Schwarzer See bedeutet. Im dortigen Infozentrum versorgten wir uns zunächst mit Wanderkarten und da es noch früh am Tag war, ging es nach einer kurzen Mittagspause auch direkt los zur 3-Seen-Wanderung. Nach der Umrundung des Schwarzen Sees, gelangt man bei dieser Tour noch zum sogenannten Schlangensee (Zminje Jezero) und dem Barno-See (Barno Jezero).

Der Black Lake

Nach rund 12km und 2,5 Stunden Gehzeit waren wir zurück am Van. Insgesamt eine schöne Tour, aber doch mehr ein ausgedehnter Waldspaziergang als wirklich eine Wanderung. Für den nächsten Tag nahmen wir uns daher etwas alpineres vor.

Aber erstmal hieß es ein Zuhause für den Van finden. Unweit von Zabljak, innerhalb des Nationalparks, wurden wir an einem ausgedienten Sessellift fündig, wo wir uns für zwei Tage einrichteten.

Von diesem Platz aus starteten wir am nächsten Tag auch direkt unsere Wanderung auf den Berg „Crvena Greda“. Diese Tour konnte sich auch wirklich mal wieder Wanderung nennen. Fast von Anfang an ging es steil bergauf, zunächst durch einen Wald, dann schon bald über ein freies Feld und direkt am Fels entlang. Den flachen Gipfel des Crvena Greda immer im Blick. Außerdem hatte man auch immer wieder spektakuläre Ausblicke auf die verschiedenen Seen im Nationalpark, welche je nach Lichteinfall, immer wieder in anderen Farben leuchteten.

Wanderung zum Crvena Greda

Nach knapp zwei Stunden Aufstieg und 650hm, kamen wir schließlich auf dem 2.175m hohen Gipfel an.

Ausblick vom Crvena Greda

Nach einer wohlverdienten Pause, mit Käsebrot und Aussicht, folgte dann der leidige Abstieg, bis wir gegen 14:30 Uhr wieder am Van ankamen. Der Tag war also noch jung.
Am Vortag hatten wir am Black Lake gesehen, dass an diesem Samstag ein Ultra-Ironman, der „Blacklake Xtreme Triathlon“ stattfand, mit Zieleinlauf am See. In der Hoffnung vielleicht den ein oder anderen Athleten zu sehen, schwangen wir uns also auf die Mountainbikes und fuhren runter zum See, wo wir uns in einer Bar erstmal ein Stück Kuchen gönnten. Von den Triathleten war aber noch nichts zu sehen, also ging es nach ein paar Besorgungen, wieder zurück zum Van, der, wie wir dann feststellten, zufälligerweise direkt an der Laufstrecke stand. So sahen wir doch noch ein paar der Ultra-Triathleten, die teilweise erst mit Einbruch der Dämmerung auf der Laufstrecke starteten.

Nach der zweiten Nacht am alten Sessellift, ging es am nächsten Tag weiter, Richtung Tara River Canyon. Der Tara Fluss schlängelt sich durch den Norden Montenegros. Der Canyon ist bis zu 1.300m tief und kann eigentlich nur vom Wasser aus so wirklich bestaunt werden. Da Rafting für mich aber nicht in Frage kommt, ging es für uns stattdessen zum Tara River Lookout. Wie so oft ging es über eine nur teilweise geteerte und mit Schlaglöchern versehene, schmale, steile Straße zum Start der kleinen Wanderung. Vom Parkplatz aus, sind es dann noch mal ca. 30 Minuten Aufstieg, zum Aussichtspunkt. Der Ausblick ist grandios, auch wenn der Canyon und der Fluss wirklich noch weit weg sind.

Tara River Canyon

Wir hatten immer noch nicht genug von den Bergen, somit steuerten wir als nächstes das Skigebiet rund um den 2.313m hohen Savin Kuk an. Der 2er-Sessellift der einen nach oben bringt, ist zum Glück auch im Sommer in Betrieb und startet auf einer Höhe von ca. 1.500m. Mit dem klapprigen Lift geht es also 800hm steil die Wand hoch… da kann einem schon mal etwas schwummrig werden.

Es wurde immer steiler…
Ui ui ui…

Oben angekommen, hatten wir dann diese Aussicht:

Ausblick vom Savin Kuk

Die Talfahrt war nicht weniger spektakulär und wir waren dann doch ganz froh, wieder festen Boden unter den Füßen zu haben. 😉
Da es mal wieder Zeit war ein paar Waschmaschinenladungen durchzujagen, suchten wir uns einen kleinen Campingplatz in der Gegend raus. Bevor wir im Camp „Eko Oaza-Tear of Europe“ ankamen, legten wir noch einen kurzen Fotostopp an der Tara Brücke ein, welche sich 150m über den Tara Fluss spannt und mal die größte Brücke ihrer Art in Europa war.

Tara River Bridge

Die nächsten zwei Tage und Nächte verbrachten wir entspannt auf dem schönen, kleinen Campingplatz, von dem aus man direkt runter zum Fluss spazieren konnte.

Danach ging es für uns weiter und auf in den nächsten Nationalpark, den Biogradska Gora. Hier stehen nicht die Berge im Mittelpunkt, sondern eher der Biogradsko Jezero (Biogradsko See) und vor allem der Wald drumherum. Dieser ist nämlich einer der letzten drei verbliebenen, unberührten Urwälder in Europa. Rund um den See führt ein knapp 4km langer Wanderweg durch den Wald, mit jeder Menge Infotafeln zu den verschiedenen Baumarten.

Biogradska Nationalpark

Das Beste kommt zum Schluß!

Nach der Seeumrundung ging es weiter und auf in den fünften und letzten Nationalpark von Montenegro, den Prokletije Nationalpark. Dieser Park grenzt an den Kosovo und Albanien und es gibt einige grenzüberschreitende Wanderungen. Wir hatten gelesen, dass die Berge dort gerne auch die „Dolomiten des Balkans“ genannt werden. Somit gab’s für uns kein Halten mehr und wir steuerten direkt das Grebaje-Tal im Park an. Auch hier durfte man direkt im Nationalpark campen und unser Stellplatz hätte mal wieder nicht spektakulärer sein können:

Unser Haus im Grebaje Valley

Wanderkarten und Informationen zu erhalten war, wie so oft in Montenegro, nicht so einfach. Kaum einer der Ranger oder Angestellten sprach Englisch, Wanderkarten gab es keine, nur dutzende Hinweisschilder, mit unaussprechlichen Namen und fragwürdigen Gehzeiten.

Irgendwie schaffte Christian es aber doch wieder eine Tour ausfindig zu machen und GPS-Daten runterzuladen. Wir nahmen uns die Tour zum Mt. Popadija vor, die eigentlich eine Drei-Gipfel-Tour ist. Der Mt. Popadija ist der erste Gipfel, den man in Angriff nimmt. Ohne so ganz genau zu wissen was uns erwarten würde, machten wir uns also am Morgen des 15. Septembers auf den Weg.
Wie so oft, ging es von Anfang an steil bergauf. Die ersten drei Kilometer waren recht zäh und langweilig, durch einen Wald. Aber nach einem Linksabzweig, tat sich plötzlich diese Landschaft vor uns auf:

Entlang der 3-Gipfel-Wanderung

Spätestens ab jetzt stieg dann auch die Motivation, auch wenn es stetig weiter steil bergauf ging, bis man fast klettern musste. Nach knapp 2,5 Stunden standen wir endlich auf dem Gipfel des Popadija (2.030m): zu unserer linken lag Albanien, rechts Montenegro, mit den Prokletije Bergen im Hintergrund.

Auf der Grenze zwischen Albanien & Montenegro

Unglaublich wie schön es dort war! Über den Kamm des Bergs ging es weiter, kurz bergab und dann wieder rauf, auf den zweiten Gipfel (Talijanka, mit 2.057m). Hier war man den Bergen noch näher und wir fühlten uns wirklich fast wie in den Dolomiten.

Ausblick auf die Prokletije Berge

Einfach überwältigend!
Da schmeckte das obligatorische Käsebrot gleich noch mal viel besser. 😉 Offiziell waren wir hier nun schon in Albanien. Der Abstieg erfolgte dann aber wieder auf montenegrinischer Seite. Die Ausblicke wurden besser und besser, bis wir schließlich zum dritten und letzten Gipfel, dem Volusnica auf 1.876m gelangten.

Dieser Ausblick ist kaum zu übertreffen!

Danach folgte der leidige Abstieg (ich hasse bergab laufen!) und nach insgesamt 6 Stunden, 11km und gut 1.000hm waren wir wieder zurück zu Hause und total happy diese Tour entdeckt und gemacht zu haben. Rückblickend war es nicht nur die schönste Tour in den Alpen des Balkans, sondern generell eine der schönsten und spektakulärsten Wanderungen, die wir je gemacht haben. Noch dazu hatten wir wieder mal echtes Glück mit dem Wetter.

Am nächsten Tag hingen nämlich die Wolken im Tal. Trotzdem wagten wir uns nach dem Frühstück raus und beschlossen, zumindest mal bis zum Talschluß zu laufen. Unterwegs fing es dann aber an zu regnen und Wegmarkierungen gab es plötzlich auch keine mehr. Irgendwann standen wir in dichtem Gestrüpp, links und rechts kein Weg mehr erkennbar. Also drehten wir um, versuchten noch einen anderen Weg, der aber ebenfalls irgendwann einfach endete. Wandern in Montenegro ist eben nicht das Gleiche wie z. B. im gut organisierten und ausgeschilderten Österreich. Dafür kam dann aber doch noch die Sonne kurz raus, sodass wir zumindest noch unser Käsebrot genießen konnten.

Im Grebaje Tal

Im Anschluß daran, ging es dann weiter und auf ins nächste Tal des Prokletije Nationalparks. Wir steuerten den Ort Vusanje an, von dem aus man an den Ropajansko See gelangt. Statt zu laufen, war es an der Zeit, mal wieder die Räder auszupacken. Der nur 6,5km lange Weg zum See wurde als gut zu fahrender Schotterweg beschrieben und auch für Mountainbike Anfänger geeignet. Naja… Schotterweg stimmte, der Rest eher nicht. Stellenweise kam man kaum vorwärts, der Weg war total ausgewaschen, manche Passagen waren so steil und felsig, dass man nur schiebend vorankam. Am See angekommen, fing es dann auch direkt an zu regnen, also ging es postwendend wieder zurück zum Van. Trotzdem mal wieder schön auf dem Fahrrad gesessen zu haben.

Da wir in Vusanje nichts Passendes für die Nacht fanden, fuhren wir noch weiter in den Ort Plav, welcher am gleichnamigen See liegt. Dort fanden wir einen schönen Stellplatz direkt an einem Steg. An einer Touri Info hatten wir vorab einige Infos zu Wanderungen und Radtouren in der Gegend rausgefunden und hofften, dass uns das Wetter am nächsten Tag wieder wohlgesonnener sein würde. Die Vorhersage blieb leider durchwachsen, aber der nächste Vormittag war zumindest trocken, sodass wir uns doch noch mal auf die Räder wagten und eine kleine Tour entlang des Plav Sees, bis in den Ort Gusinje machten.

Plav See
Unterwegs nach Gusinje

Am Nachmittag setzte der Regen ein, aber wir gaben die Hoffnung noch nicht auf und blieben eine weitere Nacht am See, in Plav, um doch noch eine Wanderung machen zu können. Aber auch der nächste Tag war nicht wandertauglich, stattdessen verbrachten wir die Zeit mit Erledigungen und arbeiteten am Blog.

Am 19.9. sah die Wettervorhersage dann endlich besser aus und wir machten uns auf den Weg zum Ausgangspunkt für die Wanderung zum Hridsko See. Diesmal scheiterte es aber an den Straßenverhältnissen. Die Straße war in so schlechtem Zustand, dass wir mit dem Van nur sehr langsam voran kamen und als die Straße dann immer schmaler, steiler und schlechter wurde, beschlossen wir es sein zu lassen. Sooo wichtig war uns die Tour dann doch nicht.

Stattdessen ging es weiter zum letzten Stopp in Montenegro, von wo aus wir dann in den Kosovo einreisen wollten: nach Rozaje, ganz im Nordosten von Montenegro. Nach einem kurzen Stadtbummel und Mittagessen, steuerten wir das Skigebiet von Rozaje an, am Fuße des Mount Hajla. Hier staunten wir nicht schlecht: statt der üblichen schlechten, schmalen Straße, ging hier eine brandneue und breit ausgebaute 2-spurige Straße hinauf, bis auf knapp 1.500m. Auch der Lift für das Skigebiet wird gerade erneuert. Wie wir später von einem Baustellen-Nachtwächter erfuhren, soll bis 2022 alles fertig sein, inkl. Hotels, Restaurants, etc. (nur als Tipp, falls schon jemand seinen Winterurlaub im nächsten Jahr plant ;)).

Nachdem es mit der Wanderung rund um Plav nicht geklappt hatte, wollten wir uns dann aber doch noch ein bisschen die Beine vertreten. Auf einer Wandertafel an unserem Parkplatz entdeckten wir einen Wander- und Radweg zu einem nahegelegenen Aussichtspunkt. Wir machten uns auf den Weg und standen nach ca. 1,5km mitten auf einer steilen Wiese. Vor uns ein Berg, auf dem der Aussichtspunkt sein soll. Ein Pfad oder Weg war nicht erkennbar, aber laut GPS waren wir genau auf dem Wanderweg. Also liefen wir einfach strack die Wiese hoch.

Auch weiter oben tat sich kein erkennbarer Weg auf und nur noch mal zur Erinnerung: dies ist auch ein offiziell ausgeschriebener Fahrradweg in Montenegro! 😀

Christian auf dem Wander- und Radweg! 🙂

Irgendwann kamen wir dann aber doch oben an und hatten einen tollen Ausblick auf den Mt. Hajla und die Umgebung.

Panorama vom Viewpoint aus

Wir ahnten da noch nicht, dass diese Tour die perfekte Übung und Einstimmung für unsere große Wanderung im Kosovo sein würde, bei der wir den Mt. Hajla dann doch noch (von der anderen Seite) bestiegen haben.

Nach einer letzten Nacht in den Bergen von Montenegro, ging es am nächsten Tag weiter ins nächste Reiseland, den Kosovo. Wieder so ein Land, bei dem man erstmal nur an Krieg und Armut denkt. Was wir jetzt schon mal sagen können: nie lagen Erwartungen und Realität so weit auseinander wie dort. Aber dazu erzählen wir dann im nächsten Blogpost mehr…

Nach den drei Wochen in Montenegro und besonders unserer Zeit in den Nationalparks und Bergen ist für uns klar: Montenegro ist eins der landschaftlich schönsten Länder das wir bis jetzt gemeinsam bereisen durften. Dieses kleine Land ist so vielfältig und abwechslungsreich – einfach Wahnsinn!
 
Das einzige große Manko: der Müll. Nirgendwo sonst in Europa haben wir bisher so viel Müll am Straßenrand gesehen. Es ist noch extremer als zum Beispiel in Bosnien Herzegowina, wo es auch schon recht viel war. Teilweise erschien es uns sogar noch schlimmer als in Mittelamerika oder Südostasien. Überall entdeckt man (illegale?) Müllkippen, die Leute werfen ihren Hausrat, ausgediente Möbel, Elektrogeräte, Autoreifen, etc. einfach irgendwo in den Graben. Es ist wirklich tragisch und überschattet das ganze Reiseerlebnis dann doch irgendwie. Bleibt nur zu hoffen, dass auch hier das Bewusstsein der Menschen dafür irgendwann einsetzen wird und sich die Situation verbessert. 

Aber wenn man es schafft das auszublenden, bleibt Montenegro für uns ein absolutes Highlight-Land in Europa, wie man an den zahlreichen Bildern in der Galerie sicher erkennen kann (Vorwarnung: wer keine Landschafts- und Bergbilder mag, kann die Bildergalerie auslassen. 😉)

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Auf dem Weg in den Durmitor Nationalpark
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Black Lake
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Black Lake mit dem Crvena Greda im Hintergrund
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Black Lake mit dem Crvena Greda im Hintergrund
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Schlangensee
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Barno See
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See-Selfie
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Watch for Wildlife
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Durmitor Nationalpark
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Unser Vorgarten mit Sessellift
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Unser Vorgarten mit Sessellift
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Morgenstimmung
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Unser Häuschen im Nationalpark
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Wanderung auf den Crvena Greda
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🙂
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Wanderung auf den Crvena Greda
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Wanderung auf den Crvena Greda
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Wanderung auf den Crvena Greda
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Wanderung auf den Crvena Greda. Die Farbe des Sees ändert sich je nach Lichteinstrahlung.
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So schön!
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Ausblick über den Durmitor Nationalpark
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Wanderung auf den Crvena Greda
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Wanderung auf den Crvena Greda
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Wanderung auf den Crvena Greda - Ausblick vom Gipfel
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Wanderung auf den Crvena Greda - Ausblick vom Gipfel

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Happy!
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Wanderung auf den Crvena Greda - Ausblick vom Gipfel

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Wanderung auf den Crvena Greda - Ausblick vom Gipfel

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Abstieg vom Crvena Greda. Wieder leuchtet der See in einer anderen Farbe.
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Abstieg vom Crvena Greda. Wieder leuchtet der See in einer anderen Farbe.
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Montenegro I: Entlang der Küste, bis ins Kloster

Am 1. September ging es von Kroatien weiter nach Montenegro. Endlich hat geklappt, was die letzten zwei Jahre nicht hatte sein sollen.
Die Einreise verlief gewohnt problemlos, Ausweise, Fahrzeugpapiere und Impfzertifikate wurden kurz gecheckt und schon waren wir im sechsten Land auf dieser Reise angelangt.

Die Bucht von Kotor

Unser erster Stopp war Herceg Novi, ein kleiner Küstenort unweit der Grenze und „Eingang“ zur berühmten Bucht von Kotor. Wie überall an der Küste, muss man auch hier gut zu Fuß sein. Über hunderte von Stufen gelangt man durch enge Gassen, in die Altstadt und an die Uferpromenade des kleinen Orts.
Vorher gestaltete sich schon die Parkplatzsuche mit unserem rollenden Zuhause als abenteuerlich. Den vermeintlich großen Parkplatz den wir auf Google Maps ausfindig gemacht hatten, konnte man nur über eine sehr schmale und dafür sehr steile Straße erreichen. In Deutschland wäre das sicher eine Einbahnstraße, im Balkan natürlich nicht. Hier ist es eine Hauptverkehrsstraße, an der auch gerne mal links und rechts geparkt wird oder auch, wie in unserem Fall, einfach mal der Baustellentransporter der uns entgegen kam, anhielt, die Arbeiter sprangen von der Ladefläche und fingen an irgendwas auf der Straße zu bearbeiten. Und wir standen da, hinter uns inzwischen drei weitere PKWs. Wir versuchten zurückzusetzen, aber die PKWs hinter uns machten keine Anstalten auch nur einen Meter zurückzufahren. Stattdessen hupten alle mal. Vorbeifahren war aber auch nicht möglich.
Einige Sekunden vergingen, in denen wir erfolglos versuchten, nonverbal mit den Bauarbeitern Kontakt aufzunehmen, bis ein Mann vorbeilief und uns zu verstehen gab, dass wir einfach weiter fahren sollen. Wenn es zu eng wird, würde der Fahrer des anderen Transporters schon reagieren. Also wagten wir uns vorsichtig vorwärts, mit angelegten Außenspiegeln und ich behielt die Mauer zu meiner rechten Seite im Blick, die immer und immer näher kam. Irgendwann erbarmte sich einer der Arbeiter und half uns beim Manövrieren. Tatsächlich reagierte dann auch der Fahrer des Transporters und bewegte sein Gefährt auch ein wenig vom Fleck, sodass wir es tatsächlich, mit wenigen Millimeter Luft links und rechts, durch die Engstelle schafften. Willkommen in Montenegro, das fing ja gut an. Wir lernten hier schnell das Rücksicht im Straßenverkehr eher unbekannt ist. Es grenzt fast an ein Wunder, dass wir es unfall- und kratzerfrei durch das Land geschafft haben.

Nachdem wir es dann doch zum Parkplatz geschafft hatten, schauten wir uns die Altstadt und Strände von Herceg Novi an, versorgten uns mit lokalem Internet (unschlagbare 500GB für 15€!) und versuchten an der Touri-Info schon mal ein paar Informationen für die kommenden Tage zu erhalten. Gar nicht so einfach, die Damen sprachen kaum Englisch und waren jetzt auch nicht übermäßig motiviert unsere Fragen zu beantworten. Leider war das ein Umstand, welcher uns in den drei Wochen in Montenegro noch öfters begegnen sollte…

Nach der Sightseeing-Tour durch den Ort, machten wir uns auf die Suche nach einem geeigneten Stellplatz für die Nacht. Da es an der Küste nichts gab, zog es uns hoch in die Berge, mit der Hoffnung auf einen schönen, ruhigen Platz mit Aussicht. Die Straße war auch wieder mal abenteuerlich und wurde schnell wieder einspurig, steil, holprig und kurvig. Und: vielbefahren. Bei Gegenverkehr musste meist einer zurücksetzen und eine Ausweichbucht finden, da an den meisten Stellen wirklich keine zwei PKWs aneinander vorbeifahren konnten. Aber wie so oft lohnt es sich dafür umso mehr. Oben angekommen fanden wir einen Stellplatz nahe einer Ruine, von wo aus ein kleiner Wanderpfad zu einer Kirche los ging. Kurzentschlossen folgten wir dem Pfad und wurden mit einer wirklich spektakulären Aussicht auf die Bucht von Kotor belohnt:

Blick auf die Bucht von Kotor

Damit hatten wir gleich am ersten Tag in Montenegro nicht gerechnet. Allein dafür hat sich die anstrengende Fahrt definitiv gelohnt. Als wir später beim Abendessen vorm Van saßen, stellten wir dann aber überrascht fest, dass über diese enge Straße sogar Mülllaster fuhren, da anscheinend die lokale Müllkippe irgendwo hier oben in den Bergen war. Ein Glück war uns keiner der LKWs auf der Straße entgegengekommen, dann hätten wir wirklich komplett zurücksetzen müssen.

Am nächsten Morgen gingen wir strategisch vor und warteten ab, bis einer der leeren LKWs zurückfuhr und hängten uns kurzerhand an ihn dran. So kamen wir ohne große Manöver zurück an die Küste und schauten uns zunächst das Dorf Perast an.

Dieser charmante kleine Ort hat nur eine Hauptstraße, die gleichzeitig die Promenade ist. Aus irgendeinem Grund gibt es hier gleich 16 Kirchen. Die Hauptattraktion sind zwei kleine, vorgelagerte Inseln, zu denen man sich mit einem Taxiboot bringen lassen kann. Auf einer der Inseln steht ein kleines Kloster, dieses darf man aber nicht betreten. Wir begnügten uns mit einem Blick vom Land aus und fuhren nach einem kurzen Spaziergang weiter nach Kotor, der wohl bekanntesten Stadt an der Küste, quasi das Dubrovnik von Montenegro.

Auch in Kotor gibt es wieder eine wunderschöne Altstadt in der viele Restaurants, Cafés und Geschäfte die zahlreichen Besucher anlocken. Das Highlight ist die Festung und Stadtmauer, welche über der Altstadt thronen. Diese zu besichtigen ist zum Glück nicht annähernd so teuer wie in Dubrovnik, daher investierten wir die 8€ pro Person. Dann kam der anstrengende Teil. Wie überall ist es auch in Kotor sehr steil, um zur Festung zu gelangen, muss man 1.340 Stufen überwinden. In der prallen Sonne ging es also immer steil bergauf. Belohnt wurden wir mit dieser großartigen Aussicht über die Bucht von Kotor:

Ausblick von der Festung über Kotor

Zurück auf Meeresspiegelhöhe erledigten wir noch ein paar Besorgungen und steuerten dann die vorgelagerte Halbinsel Lustica an. Hier fanden wir einen abgelegenen Stellplatz auf einem Hügel mit einer kleinen Kapelle und schöner Aussicht auf den Lovcen Nationalpark auf der einen Seite, und zum Meer auf der anderen Seite. Uns gefiel es so gut, dass wir für drei Tage und Nächte blieben. Wir nutzten die Zeit mal wieder für den Blog, machten einen Radausflug zum nahegelegenen Strand von Miriste und genossen ansonsten einfach die Ruhe und Aussicht.

Weiter entlang der Küste

Am Sonntag den 5. September wollten wir dann eigentlich weiter und uns als nächstes die ehemalige Hauptstadt Cetinje anschauen, welche auch der Zugangspunkt zum Lovcen Nationalpark ist, der ebenfalls auf unserer Reiseliste stand. Allerdings kamen uns hier die Ausschreitungen aufgrund der Inthronisierung des neuen serbisch-orthodoxen Kirchenoberhaupts dazwischen, welche bereits am 4. September begannen und dazu führten, dass alle Zufahrten rund um Cetinje abgesperrt wurden. Daher änderten wir unsere Routenpläne mal wieder und fuhren zunächst die gesamte Küste von Montenegro ab.

Einen ersten kurzen Fotostopp legten wir bei Sveti Stefan (Heiliger Stefan) ein. Hierbei handelt es sich um eine wirklich sehr kleine, vorgelagerte Insel, welche über eine schmale Brücke mit dem Festland verbunden ist. Die aus dem 15. Jahrhundert stammenden Steinhäuser auf der Insel, gehören allerdings inzwischen zu einem Luxusresort und man kommt nur als Gast ebendieses auf die Insel.

Sveti Stefan

Wir begnügten uns daher wieder mit dem Blick aus der Ferne und fuhren weiter in den Ort Bar, wo wir uns nach dem Mittagessen wieder mal die Altstadt anschauten. Auch die war wieder sehr nett und schön anzusehen, aber so langsam haben wir wirklich viele Altstädte gesehen und sind daher vermutlich schon etwas abgestumpft.

Letzter Stopp des Tages war die Stadt Ulcinj. Von dort aus ist es schon gar nicht mehr weit bis Albanien. Man merkt auch schon den albanischen Einfluss, es gibt viel mehr Moscheen und muslimische Mitbürger als in den anderen Küstenorten in Montenegro. Zu unserer Überraschung scheint die Stadt aber auch das Partymekka zu sein, entlang der Strandpromenade reihte sich eine große und hippe Outdoor-Bar an die nächste. Überall standen riesige Lautsprecher bereit, um den gesamten Ort mit Musik zu beschallen.

Es gibt aber auch ruhigere Strände rund um Ulcinj, einen von diesen steuerten wir an. Der Besitzer einer kleinen Strandbar erlaubt uns direkt an „seinem“ Strand über Nacht zu stehen und wir hatten daher mal wieder einen schönen Abend und ruhige Nacht direkt am Meer. Wie es sich gehört, begann der nächste Morgen mit einem Sprung ins Wasser.

Weiter in die Nationalparks

Danach nahmen wir Kurs auf den Lake Skadar Nationalpark. Zweidrittel des Skadarsee liegen in Montenegro, das andere Drittel bereits in Albanien. Wir hofften rund um den Park ein bisschen wandern oder Mountainbike fahren zu können, aber als wir in einer der Touri-Infos am Rande des Parks nachfragten, konnte man uns dort nur die Bootstour zur Vogelbeobachtung empfehlen. Wandern und Radfahren könnten wir natürlich auch gerne, aber nur auf der normalen Autostraße. Äh ja… dann halt nicht. Zum Glück hatte mir meine ehemalige Arbeitskollegin und gebürtige Montenegrinerin Milena einen Aussichtspunkt im Nationalpark empfohlen, der sonst komischerweise nirgends erwähnt wurde. Über eine enge Serpentinenstraße (mal wieder) gelangten wir zu diesem schönen Ausblick:

Lake Skadar Nationalpark – könnte auch die Moselschleife sein. 😉

Da es sonst für uns rund um den Skadarsee nicht mehr viel zu sehen und erleben gab, zog es uns wieder zurück Richtung Lovcen Nationalpark. Die Straßen rund um den Park und Cetinje waren nach den Ausschreitungen wieder freigegeben, so suchten wir uns einen schönen Stellplatz im Park, um am nächsten Tag endlich eine Wanderung machen zu können.

Auch das gestaltete sich wieder etwas schwieriger als gedacht. Auf der Website des Parks hatten wir drei Wanderungen gefunden, von denen wir uns eine ausgesucht hatten. Trotzdem steuerten wir am nächsten Morgen erst noch mal die Besucherinfo im Park an, um vielleicht eine Wanderkarte o. ä. zu erhalten. Die junge Dame dort kannte nur eine einzige Wanderung im Park und schaute uns mit großen Augen an, als wir ihr die anderen Touren von ihrer Website zeigten. Auch ein zu Rate gerufener Parkranger konnte nicht helfen. Den Aussichtspunkt den wir erwandern wollten, liegt nahe der Hauptstraße und wir sollten doch lieber mit dem Auto hinfahren, das wäre doch auch viel angenehmer als zu wandern. Naja gut, anscheinend sind die Montenegriner keine großen Wanderfreunde. 😉
Nachdem alle vorhandenen Landkarten keine brauchbaren Routen für uns offenbarten, beschlossen wir eben doch die eine bekannte Wanderung im Park zu machen, den sogenannten „Wolf Trail“. Zumindest gab es noch die Option von der Tour aus einen kleinen Abstecher auf den Gipfel des Babina Glava zu machen.

Der Wolf Trail selbst ging hauptsächlich durch den Wald, zwischendurch hatte man mal kurz Aussicht auf den Mt. Lovcen, dem Montenegro (übersetzt: Schwarzer Berg) angeblich seinen Namen verdankt, obwohl der Lovcen alles andere als schwarz ist:

Blick auf den Mt. Lovcen

Der kurze, steile Abstecher zum Babina Glava hat sich da schon eher gelohnt. Von dort hatte man mal wieder eine tolle Aussicht auf die Bucht von Kotor und auf der anderen Seite konnte man sogar Sveti Stefan in der Ferne erahnen.

Ausblick vom Babina Glava

Nach einer Stärkung ging es dann wieder zurück auf den Wolf Trail und durch ein kleines Dörfchen zurück zum Ausgangspunkt unserer Wanderung.
Mit dem Van steuerten wir dann noch den Kuk Viewpoint an, für weitere Aussichten auf Kotor und nahmen uns dann noch die sogenannte „Road of Kotor“ vor. Diese 17km lange Verbindungsstraße vom Nationalpark zur Küste ist bekannt für ihre spektakuläre Aussicht und vor allem die 25 Haarnadelkurven, durch die man sich schlängeln muss. Die Straße ist natürlich wie immer sehr schmal und steil und bei Gegenverkehr muss man die Luft anhalten oder auch mal zurücksetzen. Und mal wieder stellten wir überrascht fest, dass hier dennoch auch LKWs und Reisebusse durchknattern…

Überhaupt scheinen die Locals die Straße auch gerne als Rennstrecke zu nutzen. Als wir später wieder hochfuhren, um zu unserem Stellplatz im Nationalpark zu gelangen, kam uns ein alter Clio „entgegengeflogen“. Dank einer Vollbremsung, kam er schlitternd und mit blockierenden Reifen nur knapp vor uns zum stehen. Der Fahrer des Clios schien aber völlig unbeeindruckt. Er knallte den Rückwärtsgang rein und fuhr fast genauso schnell wie er uns vorwärts entgegen kam, wieder mehrere hundert Meter zurück zur nächsten Ausweichbucht, um uns passieren zu lassen. In Montenegro wird einem definitiv nie langweilig im Straßenverkehr.

Nach einer weiteren Nacht im Nationalpark, verbrachten wir am 8. September einen entspannten Hochzeitstag in Cetinje, wo wir uns u.a. das History Museum von Montenegro anschauten. Hauptsächlich interessierte uns hier wieder der Teil zur jüngeren Geschichte und dem Jugoslawienkrieg. Leider hat das Museum die beste Zeit wohl hinter sich, aber immerhin erhielten wir ein paar neue Informationen zur Landesgeschichte. Anschließend warfen wir noch einen Blick in das Kloster von Cetinje, wo von den Ausschreitungen ein paar Tage vorher glücklicherweise nichts mehr zu sehen war.

Für die Nacht hatten wir uns diesmal einen kleinen, einfachen Campingplatz im Hinterland ausgesucht, das Camp Oaza. Der Platz verfügte auch über ein einfaches Restaurant, mit einer schönen Aussichtsterrasse und Blick Richtung Skadar Nationalpark.

Camp Oaza

Von dort aus ging es für uns am nächsten Morgen weiter ins Landesinnere. Bevor wir die anderen Nationalparks ansteuerten, wollten wir uns noch das Kloster von Ostrog anschauen. Dieses ist nicht nur eines der wichtigsten Kloster für orthodoxe Christen, auch die Lage des Klosters ist sicher einzigartig: in über 900m Höhe wurde es ca. 1665 direkt in die Klippen des Zeta Valleys gebaut.

Die Anfahrt zum Kloster erfolgte, wie sollte es auch anders sein, mal wieder über eine schmale, steile und kurvenreiche Straße. Als wir dort ankamen, lief gerade eine Messe. Es herrschte eine ganz besondere Atmosphäre, die einen auch als nicht religiöser und gläubiger Mensch sofort einnimmt.

Ostrog Kloster

Im Gegensatz zu anderen Klöstern kann man sich hier sehr frei bewegen und fast alle Räumlichkeiten besichtigen. Im Inneren sind Wände und Decken farbenreich bemalt, die Felswände sind mit in die Räume integriert, was es noch mal faszinierender macht. In den halboffenen Bereichen schmücken bunte Steinmosaik-Bilder die Wände. Wirklich ein besonderer Ort.

Da es inzwischen schon nach 18 Uhr war, fuhren wir nicht mehr weit, sondern wählten mal wieder einen eher praktischen Parkplatz, etwas unterhalb des Klosters, von wo aus wir uns am nächsten Morgen auf Richtung Durmitor Nationalpark, im Norden von Montenegro, machten. Endlich ging es wieder richtig in die Berge!

Dazu dann demnächst mehr im zweiten Teil zu unserem dreiwöchigen Roadtrip durch Montenegro.

Montenegro_001
Eindrücke aus Herceg Novi
Montenegro_002
Eindrücke aus Herceg Novi
Montenegro_003
Eindrücke aus Herceg Novi
Montenegro_004
Eindrücke aus Herceg Novi
Montenegro_005
Spontane kleine Wanderung, oberhalb von Herceg Novi
Montenegro_006
Ausblick auf die Bucht von Kotor
Montenegro_007
Ausblick auf die Bucht von Kotor
Montenegro_008
Ausblick auf die Bucht von Kotor
Montenegro_009
Kapelle mit Ausblick auf die Bucht von Kotor
Montenegro_010
Happy!
Montenegro_011
Unser erster Stellplatz in Montenegro
Montenegro_012
Eindrücke aus Perast
Montenegro_013
Eindrücke aus Perast
Montenegro_014
Eindrücke aus Perast
Montenegro_015
Altstadt von Kotor
Montenegro_016
Ausblick auf Kotor
Montenegro_017
Ausblick auf Kotor
Montenegro_018
🙂
Montenegro_019
Ausblick auf Kotor
Montenegro_020
Ausblick auf Kotor
Montenegro_021
Haus mit Ausblick
Montenegro_022
Sonnenuntergang von Lustica aus
Montenegro_023
Fahrrad-Service 🙂
Montenegro_024
Sveti Stefan
Montenegro_025
Sveti Stefan
Montenegro_026
Rund um die Altstadt von Bar
Montenegro_027
Rund um die Altstadt von Bar
Montenegro_028
Ulcinj
Montenegro_029
Watch for Wildlife!
Montenegro_030
Unser Haus am Meer
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