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Feiertage in Patagonien

Teil 8 unseres Argentinien Roadtrips

Mal wieder zurück in Argentinien, mal wieder ein Grenzübertritt, mal wieder Kühlschrank leerräumen und Vorräte verstecken. Aber auch diesmal verlief der Grenzübergang am Dorotea Pass reibungslos und ohne aufwendige Kontrollen, sodass wir nach einem (endlich wieder günstigen) Tankstopp in Rio Turbio, direkt Kurs auf unser Ziel nehmen konnten: El Calafate.

Feiern mit den Weltmeistern

Nach 4 Stunden Fahrt kamen wir in El Calafate an, füllten im Supermarkt unsere Vorräte auf, reservierten einen Platz in einer Bar, um am nächsten Tag das WM-Endspiel schauen zu können und bezogen dann direkt wieder unseren „Stammplatz“ am Lago Argentino.

Home Sweet Home in El Calafate

Am Morgen des 18. Dezember zeigte sich, dass es eine gute Idee gewesen war, eine Reservierung für das WM-Spiel zu machen. Das Spiel begann um 12 Uhr mittags. Gegen halb elf machten wir uns mit den Rädern auf in die Stadt und konnten kaum glauben, dass einige Bars und Restaurants entweder schon gerappelt voll saßen oder die Leute draußen Schlange standen, um noch einen Platz zu ergattern. Nahezu jeder Argentinier war in hellblau-weiß gekleidet und nahezu alle trugen das Trikot mit der Nummer 10, sprich die Nummer von Lionel Messi.

Auch wir bezogen unseren Platz in der Bar und fieberten dem Spiel entgegen, wenn auch vermutlich nicht ganz so angespannt wie die meisten Argentinier um uns herum. Ich habe noch nie so viele Männer weinen sehen, wie an diesem Tag! Direkt neben mir saßen zwei Jungs, die vom ersten Ton der Nationalhymne bis zum letzten, entscheidenden 11-Meter, ihren Tränen freien Lauf ließen und sich immer wieder in den Armen lagen.

Wahre Liebe gibt es eben doch nur unter Männern!

Das spannende, hochemotionale Spiel forderte den Argentiniern alles ab und nachdem klar war das die argentinische Mannschaft den Titel geholt hatte, gab es kein Halten mehr. Während des Spiels waren die eigentlich so trubeligen Straßen von El Calafate wie leergefegt. Nach dem Abpfiff änderte sich das abrupt. Eine blau-weiße Menschenmasse versammelte sich in der Ortsmitte, Flaggen wurden geschwenkt, Lieder gesungen, es flog Konfetti und die ein oder andere Bierdose. Kurz gesagt, es herrschte euphorische Partystimmung.

Partystimmung in El Calafate

Auch die Polizei feierte mit – der Streifenwagen, der die Straße absperrte, ließ die Sirene laufen, die Beamten schwenkten Flaggen, jubelten und posierten bereitwillig mit begeisterten Kindern.

Wir drehten eine Runde durch die feierwütige Meute, bevor es uns dann aber irgendwann zu viel wurde und wir zurückradelten, zu unserem ruhigen Platz am See.

Der folgende Montag wurde zum nationalen Feiertag ausgerufen. Wenn man die Bilder aus Buenos Aires gesehen hat, war sowieso klar, dass kein Argentinier in der Lage gewesen wäre, nach dem Sieg zur Arbeit zu gehen. 😉

MTB Tour zu den „Balcones de Calafate“

Wir nutzten den Tag für eine ausgedehnte Mountainbike Runde. Wir hatten uns die Tour zu den „Balkonen von El Calafate“ rausgesucht, ein Aussichtspunkt über der Stadt. Eigentlich ist diese Tour eine Allrad-Adventure-Tour, aber wir dachten uns, wo man mit dem Jeep hinkommt, muss man doch auch mit dem Mountainbike hinkommen können. So war es dann auch.

Unterwegs zu den Balcones

Allerdings ging es nahezu von Anfang an, ordentlich bergauf. Auf knapp 20km hatten wir 800hm zu überwinden, dass hatten wir lange nicht mehr auf den Bikes. Oben angekommen, entschädigte der Ausblick über den Ort, den türkisblauen Lago Argentino bis rüber zu den schneebedeckten Bergen von Chile, quasi die Rückseite des Torres del Paine Nationalpark. 

Ausblick von einem der „Balkone“

Ganz in der Ferne konnten wir sogar die Spitze des Mt. Fitz Roy, in El Chaltén, ausmachen.

Wer ganz genau hinschaut, sieht die Spitze des Mt. Fitz Roy

Ursprünglich hatten wir geplant, retour die gleiche Strecke zu nehmen. Von oben sahen wir jedoch einen anderen Trail, der sich zurück zum Ort schlängelte. Dieser sah noch spannender aus, also machten wir uns auf zu diesem Weg. Anders als der Hinweg, war dieser leider deutlich sandiger und ebenso steil, sodass die Rückfahrt stellenweise zu einer ganz schönen Rutschpartie wurde.

Sandiger Rückweg nach El Calafate

Unten angekommen, standen wir dann vor einem verschlossenen Tor, offensichtlich hatten wir uns auf Privatgelände verirrt. Somit mussten wir noch ein bisschen klettern, bevor es endgültig zurück nach El Calafate und dort direkt in die Heladeria ging. Nach über 50km radeln muss Belohnung sein! 😉

Im Ort angekommen, konnte man den Eindruck bekommen, dass die argentinische Nationalmannschaft noch mal antreten würde. Uns begegneten wieder zahllose Messis (und auch ein paar Maradonas), sowie einige Leute, die sich in die Argentinien Flagge gehüllt hatten. Fußball ist eben fast schon eine Religion in Argentinien!

Am See entlang, ging es zurück an den Van. Auch am Seeufer war deutlich mehr los als sonst. Viele Argentinier nutzten den gewonnenen Feiertag für einen Familienausflug an den Lago Argentino. Kein Wunder, es war auch ein fast schon sommerlicher und windstiller Tag und der Ausblick auf die umliegenden Berge grandios.

Am Ufer des Lago Argentino

Weihnachten in El Chaltén

Wir blieben eine weitere Nacht in El Calafate und machten uns dann am 20.12. wieder auf zu unserem absoluten Lieblingsort in Patagonien, nach El Chaltén, wo wir die Weihnachtsfeiertage verbringen wollten.

Wieder freuten wir uns, die für uns legendäre Straße nach El Chaltén selbst zu fahren, mit Blick auf den Mt. Fitz Roy, Cerro Torre & Co.

Unterwegs nach El Chaltén

Nach unserer Ankunft, bezogen wir auch dort wieder unseren alten Stammplatz am Ortsrand, genossen den Ausblick und verbrachten erstmal zwei entspannte Tage rund um den Van. Das Wetter war nicht ganz so gut wie bei unserem Besuch Anfang November. Es war deutlich kühler und windiger, dennoch zeigten sich die Berge mehrmals am Tag wolkenfrei.

Mt. Fitz Roy & Co.

Einen Tag vor Weihnachten, wagten wir dann die erste große Wanderung. Eigentlich wollten wir nur zum Aussichtspunkt auf den Piedras Blancas Gletscher laufen, welcher rechts unterhalb des Fitz Roys liegt. Von dort gibt es einen Verbindungsweg zur Laguna de los Tres, am Fuße des Fitz Roy. Diesen steilen und anstrengenden Hike hatten wir aber schon zweimal gemacht, zum letzten Mal ja erst im November, daher wollten wir uns die Strapazen diesmal ersparen. Im Besucherzentrum erfuhren wir dann aber, dass die Lagune inzwischen freigetaut war, wir hatten sie bisher immer nur schneebedeckt gesehen. Also gab es keine Ausrede mehr, und wir nahmen uns den steilen Anstieg ein drittes Mal vor.

Zunächst ging es aber mit einem Shuttlebus zum Startpunkt der Tour, am Rio Electrico, quasi auf halbem Weg zum Lago del Desierto.

Start der Wanderung, am Rio Electrico

Von dort aus hieß es erstmal Pfadfinder spielen. Der ursprüngliche Weg zum Gletscher, verlief nämlich über Privatgelände und die Besitzer hatten sich im Oktober entschieden, den Weg nicht mehr für Wanderer freizugeben. Lt. der Parkranger sollte es einen Wegweiser geben, welcher einen auf den neuen Weg führt, aber das besagte Schild fanden weder wir noch die anderen Leute, welche die gleiche Wanderung machen wollten. Also irrten wir erstmal ein Stück durchs patagonische Unterholz, bis wir schließlich irgendwann doch auf den richtigen Weg trafen und nach nur 5km am Aussichtspunkt für den Piedras Blancas Gletscher und die darunterliegende Lagune standen.

Gletscher Piedras Blancas mit dem Mt. Fitz Roy im Hintergrund

Schade, dass man da nicht noch näher rankommt.

Vom Aussichtspunkt aus ging es weiter durch den Wald, bis wir schließlich zur Weggabelung zur Laguna de los Tres gelangten. Ab da wurde es dann wieder steil und steiler…

Oben angekommen, präsentierte sich der Mt. Fitz Roy wieder in seiner ganzen Pracht und statt einem weißen „Vorleger“, hatte er diesmal den blau-leuchtenden Lagunen-Teppich ausgelegt.

Laguna de los Tres am Fuße des Mt. Fitz Roy

Zum Vergleich, so sah es hier noch im November aus:

Schneefeld statt Lagune

Da hatte sich der Aufstieg für uns doch schon wieder gelohnt. Retour ging es dann über den klassischen Weg zurück bis nach El Chaltén. So hatten wir am Nachmittag dann doch schon wieder über 24km auf der Wanderuhr stehen.

An Heiligabend war das Wetter wieder etwas durchwachsener, sodass wir nur eine kleine Spazierwanderung machten und sonst den Tag rund um den Van verbrachten, bevor es abends noch mal in den Ort ging, auf einen Weihnachtscocktail.

Das höchste der Weihnachtsgefühle in El Chaltén 😉

Der erste Weihnachtsfeiertag, welcher auch in Argentinien der eigentliche Weihnachtstag ist, zeigte sich wieder sommerlich warm und wolkenfrei. Also beschenkten wir uns selbst mit der Wanderung zu unserem Lieblingsaussichtspunkt in El Chaltén: dem Loma del Pliegue Tumbado.

Dort angekommen, zeigten sich die Berge und die Laguna Torre diesmal wirklich von ihrer allerschönsten Seite. Der Himmel war strahlendblau und keine einzige Wolke weit und breit zu sehen. Besser geht’s nicht!

Perfekter Tag am Loma Mirador!
🙂

Den Weihnachtsabend verbrachten wir grillend vor dem Van.

Frohe Weihnachten! 😉

So wirklich weihnachtlich war uns nicht zumute und wir hatten schon den ganzen Tag darüber gescherzt, dass in El Chaltén dann wohl auch nicht der Weihnachtsmann oder das Christkind kommt, sondern eher das Weihnachtsgürteltier. Das wird den meisten Leuten nichts sagen, es sei denn, sie haben die TV-Serie FRIENDS geschaut und kennen die Weihnachtsfolge, in der sich Ross, aus Mangel eines Weihnachtsmannkostüms, als Gürteltier verkleidet.

Als wir da also in unserem kleinen Vorgarten mit Bergblick saßen, raschelte es plötzlich neben uns im Gras und wir konnten kaum unseren Augen trauen, als uns dieses süße, kleine Gürteltier entgegen blickte:

Das patagonische Weihnachtsgürteltier 🙂

Wir hatten tatsächlich Besuch vom Weihnachtsgürteltier höchstpersönlich.

Wir verbrachten drei weitere entspannte Tag in und um El Chaltén, gönnten uns eine Massage und einen Restaurantbesuch, bevor wir am 28.12. erneut (und wieder mal wehmütig) Abschied von unseren Lieblingsbergen nahmen. Diesmal auf unbestimmte Zeit. Aber es wurde höchste Zeit, noch mehr von Patagonien zu entdecken.

Jahreswechsel im Nationalpark Patagonia

Wir nahmen Kurs auf den Nationalpark Patagonia, etwas weiter nördlich im Land. Aber wie es in Argentinien so ist, die Wege sind weit und oft geschottert, daher erreichten wir nach 6 Stunden Fahrt auf der berühmten Ruta 40 erstmal nur einen Zwischenstopp, am Rio Chico. Dort mussten wir erstmal das Auto entstauben und uns ein bisschen bewegen. Irgendwie sind so lange Fahrtage oft anstrengender als 24km wandern.

Wir wissen nicht genau, was an dem eigentlich so ruhigen Plätzchen am Fluß los war, aber unsere Nacht endete gegen 5:45 Uhr sehr abrupt, als wir von lauter Musik und Stimmengewirr geweckt wurden. Neben uns hatte sich eine Gruppe junger Leute mit Autos versammelt, es wurde getrunken, Musik gehört und gesungen. Nach ca. einer Stunde, waren dann alle wieder verschwunden, aber gegen 8 Uhr kam das nächste Auto, wieder spielte laut Musik und eine Gruppe von Leuten stand drum herum, sang und trank Alkohol so früh am Tag. Interessant. Vielleicht eine argentinische Version des Grenzgangs, der bei uns in Deutschland ja auch zwischen den Jahren stattfindet. 😉

Für uns ging es nach dem Frühstück weiter und wieder ab auf die Ruta 40, bis wir schließlich, nach weiteren 400km und im Nationalpark Patagonia, am Lago Buenos Aires ankamen.

Im Nationalpark gab es einen kostenlosen Campingplatz, wo wir unser Lager für die nächsten vier Tage aufschlugen. Das Wetter war eigentlich schön, warm und sonnig, aber hier fegte permanent ein ordentlicher Wind, eben typisch Patagonien.

Dennoch wagten wir ein paar Spaziergänge und Wanderungen. Rund um das Seeufer, gab es einige Wege, die schöne Ausblicke boten.

Am Lago Buenos Aires

Für die längeren Hikes hofften wir auf etwas besseres Wetter, sprich weniger Wind. Am Silvestertag war es tatsächlich etwas ruhiger, sodass wir das Jahr mit einer weiteren langen Wanderung verabschiedeten.

Es ging zum knapp 11km entfernten Mirador Condor. Der Weg dorthin, führte durch pampaartiges Gelände, was leider nicht sehr viel Abwechslung bot, aber immerhin schöne Ausblicke auf die umliegenden Berge und den See.

Ausblick vom Mirador Condor
Wandern in der patagonischen Pampa

Der Jahreswechsel selbst verlief dann recht ruhig, wir sahen keine Raketen oder sonst was. Wir verbrachten den Abend also zu zweit im Van mit unserem persönlichen Jahresrückblick, der aufgrund der zahlreichen unglaublichen Erlebnisse und Abenteuer, besonderen Begegnungen und bereisten Länder in 2022 doch einige Zeit in Anspruch nahm und die ein oder andere Erinnerung zurückbrachte. 🙂

Am nächsten Morgen, dauerte es aber nicht lange, bis die ersten argentinischen Familien über den Campingplatz „herfielen“. Schon gegen 8 Uhr morgens wurden die ersten Grillstellen angefeuert, Bierflaschen geöffnet, Zelte aufgebaut und Fußball gespielt. Das ging den ganzen Tag so, bis zum Sonnenuntergang. Die Argentinier nutzen auf jeden Fall gerne den ganzen Tag, wenn es was zu feiern gibt. 😉

Wir blieben noch bis zum 2. Januar im Nationalpark, bevor wir uns – mal wieder – auf den Weg nach Chile machten.
Als nächstes hatten wir uns die Carretera Austral vorgenommen, welche Teil der Panamericana ist und als eine der „Traumstraßen der Welt“ gilt. Wir können jetzt schon sagen: Zu Recht!

Aber dazu dann demnächst mehr. 🙂

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