Teil 2 unseres Roadtrips durch Chile
Kaum hatte das neue Jahr begonnen, ging es für uns am 2. Januar auch schon wieder über die Grenze rüber nach Chile. Wir trafen die üblichen Vorbereitungen, versteckten unsere noch übrigen Essensvorräte und kamen dann bei der Einreise nach Chile ganz schön ins Schwitzen. Während wir bei der Immigration anstanden, sahen wir, wie die Zöllner diesmal sehr genau in alle Autos und vor allem Wohnmobile reinschauten, inkl. Heck, Kofferraum, Dachboxen und sogar Motorhauben wurden geöffnet. Das hatten wir bisher nie erlebt. Viele Reisende mussten sogar ihre Taschen und Rucksäcke auspacken und durch einen Scanner laufen lassen. Besonders ein Zöllner nahm es dabei scheinbar ganz genau. Wenn wir den erwischt hätten, wäre uns diesmal eine Strafe sicher gewesen (und unser Essen weg 😉).
Aber wir hatten mal wieder Glück – durch einen Zufall gerieten wir schließlich an einen anderen Zöllner, der recht schüchtern in unserem Van stand und sich kaum traute selbst ein Fach zu öffnen und sich stattdessen von mir alles zeigen ließ. Somit gelang uns die Schmuggelei erneut und wir waren mal wieder in Chile angekommen.
Vom Lago General Carrera auf die Carretera Austral
Unser erstes Ziel war, auf die Carretera Austral zu gelangen. Die Carretera Austral ist Teil der offiziellen Panamericana und gilt als eine der Traumstraßen der Welt, da die Landschaft links und rechts der Strecke unglaublich schön und vielfältig sein soll. Auch führt sie an verschiedenen Nationalparks, Fjorden und Seen vorbei und wir hatten uns bereits vorab einige Stopps rausgesucht.
Erstmal mussten wir aber auf diese Straße kommen. Nach der Grenze endete die Teerstraße alsbald und wir fanden uns erneut auf einer Schotterpiste wieder. Bevor wir auf die Carretera Austral trafen, hieß es erstmal den riesigen Lago General Carrera zu umrunden – das war übrigens der gleiche See, an dem wir auf argentinischer Seite, noch im Nationalpark Patagonia standen. Da hieß der See aber noch Lago Buenos Aires. Mit dem Grenzübertritt änderte sich auch der Name.
Trotz rumpeligen Bodenbelags, war die 110km lange Strecke unglaublich schön und erlaubte immer wieder Ausblicke auf den See und die umliegenden Berge.
Für die Nacht fanden wir einen schönen Platz entlang der Strecke, die Aussicht konnten wir aber nur von drinnen bewundern, da es sehr windig war. Leider wurde der Wind während der Nacht immer stärker, sodass wir beide nicht viel Schlaf abbekamen und am nächsten Morgen zeitig aufbrachen, um die restlichen Kilometer bis zur Carretera Austral fix hinter uns zu bringen.
Auf der Carretera angekommen, änderte sich leider erstmal nicht viel – die Straße blieb weiter geschottert und wir kamen relativ langsam voran. Aber bei der Aussicht muss man sich da sicher nicht beschweren.
Immer wieder überquerten wir kleine Brücken, die wie eine Miniaturausgabe der Golden Gate Bridge aussahen. Bei ebenso einer Brücke, fanden wir auch den nächsten Stellplatz für die Nacht, da wir es nicht bis zu unserem eigentlichen Ziel, dem Ort Villa Cerro Castillo schafften. Aber wir hatten es auch nicht allzu eilig, da die Wettervorhersage ohnehin noch etwas wechselhaft war und wir in Cerro Castillo eine Wanderung geplant hatten, für die wir gerne einen schönen Tag erwischen wollten.
Villa Cerro Castillo
So kam es dann auch. Nachdem wir schon einen Tag im kleinen Örtchen Villa Cerro Castillo verbracht hatten und dort, aus Mangel an Alternativen, ausnahmsweise mal wieder auf einer Art kleinem privaten Campingplatz standen, war die Vorhersage für den 5. Januar geradezu perfekt. 26 Grad und keine Bewölkung, somit ging es auf zur Laguna Cerro Castillo, am Fuße des gleichnamigen Berges. Wir hatten vorab in Erfahrung gebracht, dass der Trail hinauf nur 6,5km lang ist und dass es relativ steil sein sollte. Wie steil, wurde uns dann erst unterwegs bewusst.
Mal wieder ging es von Anfang an hoch hinaus, erst noch durch ein schattiges Wäldchen, später dann über einen Hang, der mit kniehohen Sträuchern und Büschen bewachsen ist, bis man schließlich die Baumgrenze erreicht, von wo der Weg noch steiler und felsiger wird. Der Vorteil, wenn es steil bergauf geht: man hat ordentlich Aussicht!
Der Weg selbst war sehr feinsandig, jeder Schritt wirbelte Unmengen an Staub auf. Schon nach wenigen Metern waren wir beide schön dreckig-verkrustet, dank der Mischung aus Sonnencreme, Schweiß und eben Staub.
Was jedoch viel mehr nervte, waren die aggressiven Bremsen, die mit einem Mal auftauchten. Einer der Ranger hatte uns schon vorgewarnt, dass es aktuell viele von den Biestern gäbe. Was uns aber neu war, war die Aggressivität dieser Viecher. Unablässig attackierten sie uns und stachen auch direkt zu, sogar durch die Kleidung! Zwischendurch war ich so genervt, dass ich am liebsten umgedreht hätte, aber natürlich zogen wir es durch.
Der letzte Kilometer der Tour hatte es dann wirklich in sich, es wurde noch mal steiler und anstrengender.
Nachdem wir über 1.100hm überwunden hatten, war es dann aber geschafft. Wir standen am Fuße des Cerro Castillo mit seinem gleichnamigen Gletscher und der darunterliegenden blau leuchtenden Lagune.
Mal wieder unglaublich schön! Da konnte man sogar den anstrengenden Aufstieg und die Bremsen kurz vergessen.
Der Abstieg hatte es dann aber natürlich ebenso in sich und brachte die Knie und Oberschenkel zum brennen. Dank der Bodenbeschaffenheit war es nicht nur steil, sondern auch ganz schön rutschig und wir waren beide froh, als wir endlich wieder die Baumgrenze passiert hatten und es nicht mehr so extrem steil war. Dafür waren dann wieder die Bremsen da…
So schön es auch auf dem Gipfel war, die Wanderung wird sicher nicht als unsere Lieblingswanderung in Erinnerung bleiben. Der nächste Tag brachte dann den Muskelkater des Todes mit sich, somit beschlossen wir zur Erholung noch einen weiteren Tag auf unserem kleinen, privaten Wiesencampingplatz zu verbringen und uns möglichst wenig zu bewegen.
Ab in den Regenwald!
Nach der dritten Nacht in Villa Cerro Castillo ging es schließlich weiter über die Carretera Austral. Und nun änderte sich die Landschaft zunehmend. Es wurde immer grüner und grüner, auch die Luftfeuchtigkeit stieg merklich. Landschaftlich hatten wir fast den Eindruck, unterwegs nach Südtirol zu sein.
Wir gelangten schließlich in den Ort Coyhaique, von dem wir angenommen hatten, dass er ein bisschen größer sei. Letztendlich war es aber auch nur ein Dorf, mit ein paar kleinen Supermärkten, in denen wir zumindest das nötigste an Vorräten aufstocken konnten. Mehr hatte der Ort nicht zu bieten, also ging es gleich weiter, bis wir schließlich einen Platz an einem Fluß fanden. Hier war auch das Wetter deutlich freundlicher als unterwegs, somit richteten wir uns direkt für zwei Tage häuslich ein und genossen es mitten im Grünen zu sein.
Zurück auf der Carretera Austral, fühlten wir uns mit einem Mal wie in einer anderen Welt – die Vegetation wurde plötzlich tropisch. Wir hatten den Regenwald erreicht und entsprechend nass und neblig war es dort auch. Die Straßenränder waren gesäumt mit riesigen Farnen und anderen exotischen Pflanzen mit riesigen Blättern.
An unzähligen Stellen sahen wir kleine und große Wasserfälle aus den Bergen kommen.
Passenderweise wurden die Straßenverhältnisse auch immer abenteuerlicher. Zunächst war die Straße noch einigermaßen flach und gut geteert, bis wir in eine lange, enge Baustelle gerieten, wo an eben diesem Zustand weiter gearbeitet wurde. Danach hatten wir für den Rest der 30km wieder eine buckelige Schotterpiste unter den Reifen, mit jeder Menge Schlaglöchern, Serpentinen und knackigen Anstiegen.
Aber dennoch war es einfach wunderschön durch diese Landschaft zu fahren, die wieder mal eine völlig andere und neue Seite von Patagonien offenbarte.
Wir folgten der Straße, bis wir schließlich wieder auf Meereshöhe angelangt waren und Ausblick auf die Fjorde rund um Puyuhuapi hatten. In dem kleinen Ort fanden wir einen Platz für die Nacht direkt am Strand und konnten dort das Regenwetter am nächsten Morgen aussitzen.
Als es schließlich etwas aufklarte, wagten wir es, die Wanderung zum hängenden Gletscher Ventisquero in Angriff zu nehmen. Die eigentlich recht kurze Wanderung im Queulat Nationalpark war ein echtes Patagonien-Highlight für uns. Der Trail führte uns zunächst durch den üppigen Regenwald, wir waren umgeben von Farnen, blühenden Kletterpflanzen und moosbewachsenen Bäumen, was uns ein bisschen an Neuseeland, gleichzeitig aber auch an Costa Rica erinnerte.
Der matschige Weg führt immer leicht bergauf, bis man schließlich nach nur 4km zu einem Aussichtspunkt auf den Gletscher ankommt. Durch einen tropischen Regenwald zu einem Gletscher wandern, das gibt es wohl nur in Patagonien?!
Ein unglaublicher Anblick!
Nach der Wanderung verschlug es uns wieder zurück an den Strand von Puyuhuapi, wo es für den Rest des Tages und auch am nächsten Morgen noch kräftig regnete. Also höchste Zeit für uns weiterzufahren. 😉
Im Pumalin Nationalpark
Unser nächstes Ziel war Chaiten, das Tor zum Pumalin Nationalpark. In Chaiten füllten wir wieder unsere Vorräte auf, bevor es los in den Park ging. Der Park umfasst eine Fläche von über 4.000km² und wird durch die Carretera Austral durchtrennt. Bei einer Rangerstation versorgten wir uns mal wieder mit Informationen zu Touren und erlaubten Wildcampingplätzen und suchten uns dann wieder einen schönen Platz am Strand des Pazifiks, am Playa Santa Barbara. Zwar war auch hier leider kein klassisches Strandwetter, aber dennoch konnte sich die Aussicht sehen lassen. Mehrmals am Tag, sahen wir sogar Magellan Pinguine, Seelöwen oder auch Delfine vorbeischwimmen.
Nachdem der nächste Morgen wieder eher wechselhaft und regnerisch begann, wagten wir uns dann aber doch weiter rein in den Park, um die Wanderung zum Vulkan Chaiten zu machen. Der Chaiten war zuletzt 2008 unerwartet ausgebrochen, was zur Evakuierung der angrenzenden Orte und zur zweijährigen Schließung des Parks führte. Seit 2015 gilt der knapp 1.200m hohe Vulkan wieder als inaktiv, obwohl man ihn immer noch qualmen sehen kann. Das wollten wir uns natürlich auch anschauen und machten uns, trotz Nieselwetter, auf den Weg. So kamen wenigstens unsere extra für die Antarktis angeschafften Regenhosen auch noch mal zum Einsatz. 😉
Wieder führte der Trail durch den traumhaft schönen Regenwald. Da es auf den nur 2,6km aber knapp 500hm zu überwinden galt, ging es von Anfang an wieder steil hinauf. Zum Glück war der Weg gut mit Stufen präpariert, sonst wäre das mit dem ganzen Matsch eine ziemlich rutschige Angelegenheit geworden.
Solange wir durch den Wald liefen, gab es links und rechts des Weges noch genug zu sehen. Nachdem wir aber die Baumgrenze überschritten hatten sahen wir nichts mehr, außer graue Suppe.
Wie so oft hatten es die letzten Meter bis zum Gipfel noch mal in sich. Oben angekommen, bekamen wir dann zumindest eine Ahnung davon, dass da ein Vulkan vor uns lag. Durch den Nebel konnten wir den Kratersee erkennen. Der Vulkan selbst, blieb in den Wolken.
Nach ein paar Minuten lüftete sich der Nebel aber doch und zumindest der Kratersee lag nun klar vor uns. Am Rande der Vulkanwand konnten wir auch ein paar kleine Rauchwolken erkennen, aber leider blieb die Wolkendecke zu niedrig, so dass sich der Chaiten uns nicht in seiner ganzen Pracht zeigte.
Schließlich ging es wieder Retour und wir bekamen dann doch noch ein kleines bisschen Aussicht auf die umliegende Landschaft.
Nach der kurzen Wanderung hatten wir noch Zeit und Energie für mehr, daher ging es noch weiter nördlich in den Nationalpark, wo wir uns den kleinen Rundweg zu den Alerces Bäumen vornahmen. Alerces, oder auch patagonische Zypresse genannt, sind sehr alte Bäume, manche Exemplare im Park sind bis zu 3.000 Jahre alt. Die Größten sind über 50m hoch.
Schon verrückt wie diese Riesen mit ihrer knorzigen Rinde zwischen all den tropischen Pflanzen rausragen.
Der dritte Hike den wir machen wollten erwies sich leider als gesperrt, so kehrten wir am Nachmittag zurück an unseren Platz am Pazifikstrand, wo wir zumindest noch einen schönen Sonnenuntergang geboten bekamen.
Es geht zurück nach Argentinien
Nach einem weiteren Tag am Strand, ging es schließlich weiter. Wir nahmen wieder Kurs auf die Grenze nach Argentinien. Weiter nördlich wäre man in Chile nämlich nur mit Fähren weitergekommen und darauf hatten wir zum einen keine Lust, zum anderen wartete in Argentinien noch Bariloche und der sogenannte See-Distrikt auf uns, auf den wir uns jetzt auch schon lange freuten.
Wir steuerten also den Grenzübergang Futaleufu an. Vor dem Grenzübertritt wollten wir nur noch eine kurze Mittagspause am Flußufer des Rio Futaleufu einlegen, um unsere Essensvorräte aufzubrauchen und, wie üblich, die Reste zu verstecken. Als wir aber ankamen, standen da mal wieder Sebastian und Anja, ein deutsches Pärchen, dem wir seit der Peninsula Valdes, also auf den letzten 8.000km nun schon zum siebten Mal zufällig begegnet sind. Obwohl wir abweichende Routen durch Argentinien und Chile hatten, trafen wir immer wieder aufeinander und jedes Mal verabredeten wir, beim nächsten Mal was gemeinsam zu trinken, was bisher aber nie geklappt hatte. Da wir es aber nicht eilig hatten, der Platz am Fluß überraschend schön und idyllisch war, das Wetter endlich mal wieder sommerlich warm und auch das Flußwasser nicht zu kalt, beschlossen wir spontan noch eine Nacht in Chile zu bleiben.
So verbrachten wir einen sehr lustigen Abend mit Sebastian und Anja, zu dem sich später auch noch Rena mit ihrem Hund Bruno gesellte. Rena ist eine Hamburgerin, die aktuell mit ihrem Van alleine in Südamerika unterwegs ist. Sie war gerade von Argentinien nach Chile gekommen und hatte noch so gar keinen Plan, was sie auf der Carretera Austral erwarten würde. So tauschten wir stundenlang gegenseitig Erfahrungen und Tipps aus.
Nach zwei traumhaften und abwechslungsreichen Wochen inmitten von Bergen, Lagunen, Flüssen, üppigen Regenwäldern, Fjorden, Gletschern, Nationalparks und Stränden, ging es für uns am nächsten Morgen wieder los ging zur Grenze nach Argentinien, wo schon die nächsten Highlights auf uns warteten.
Dazu dann demnächst mehr. 😊
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