Teil 2 unserer Antarktis Expedition
Der Morgen des 27. Novembers toppte alles, was wir bis dato erlebt hatten! Uns erwartete absolute Windstille, blauer Himmel, strahlend weiße, schneebedeckte Berge, zerklüftete Gletscher, blauschimmernde Eisberge und vorbeischwimmende Pinguine und Buckelwale.
Schon vor dem Frühstück liefen alle Passagiere über die Außendecks und konnten gar nicht genug bekommen von dieser unglaublichen Aussicht. Die Ocean Endeavour ankerte vor Cuverville Island und wir konnten es alle kaum erwarten, endlich die Zodiacs zu besteigen und mehr zu sehen.
Kajaktour vor Cuverville Island
Auf Christian und mich wartete noch dazu ein ganz besonderes Highlight: wir hatten uns am Vortag mal wieder für die Kajaktour „beworben“, wofür es pro Tour immer nur 10 Plätze gab. Die Nachfrage war deutlich größer und bisher hatten wir nie das Glück ausgelost worden zu sein. Aufgrund der Wetterverhältnisse hatten die Touren bis dato aber auch nie stattfinden können.
Diesmal fand die Tour statt und wir waren dabei. Was für ein Glück!
Eingepackt in „figurschmeichelnde“ Drysuits, ging es zunächst wieder vom Schiff in die Zodiac Boote, und in die Bucht vor Cuverville Island. Dann hieß es vom Zodiac ins Kajak klettern, was so ziemlich der schwierigste Teil der Tour war. 😉 Danach mussten wir, aufgrund der idealen Bedingungen, eigentlich kaum noch was machen. Ich konnte vorne in aller Ruhe Bilder und Videos machen, während Christian uns, zusammen mit den anderen Kajaks, rund um die Insel paddelte.
Einfach unglaublich! Wir paddelten inmitten von kleinen und großen Eisbergen, vorbei an Gletschern und Bergen und natürlich auch wieder an Gentoo Pinguin Kolonien vorbei.
An Land tummelten sich tausende der süßen Tiere, aber auch im Wasser, waren einige unterwegs und schwammen munter um uns herum.
Einfach nur der Hammer!
Unser Kajak-Guide Emily Peach (ja, die Frau heißt wirklich Emily Pfirsich) war selbst auch überwältigt und mehr als glücklich. Solche Bedingungen sieht man nicht oft da unten! Fast zwei Stunden lang waren wir unterwegs und genossen dieses unglaubliche Panorama, bevor es zurück aufs Zodiac ging, mit den Kajaks im Schlepptau.
Statt direkt zurück zum Schiff, machten wir noch eine kleine Zodiac Tour durch die, mit Eisbergen überflutete Bucht und sahen dabei auch endlich ein paar Weddellrobben, eine Robbenart die es nur in der Antarktis gibt. Zum Abschluss der Tour ließen sich auch wieder Buckelwale blicken, begleitet von ein paar Pinguinen.
Die Wale kamen relativ nah an die Zodiacs heran. Immer wieder tauchten sie vor oder neben uns auf, stießen ihren Blas aus, um dann kurz darauf, wie es für diese Wale üblich ist, mit einem hohen Buckel abzutauchen und ihre Schwanzflossen zu zeigen. Die Muster auf der Unterseite der Schwanzflosse sind übrigens so einzigartig wie menschliche Fingerabdrücke. Daher kann man anhand der Muster auch einzelne Wale identifizieren und ihre Reise durch die Weltmeere verfolgen.
Ein absoluter Traum!! Schöner hätte man sich das alles nicht ausdenken können.
Und wir hatten perfektes Timing. Kaum am Schiff angekommen, setzte wieder der Wind ein und der Himmel zog sich zu. Aber das war nun allen fast egal. Auch die anderen Mitreisenden hatten einen perfekten Vormittag, auf Cuverville Island verbracht und waren seelig und vermutlich einfach nur überwältigt von der Schönheit der Natur.
Zodiac Cruise vor Orne Harbour
Dennoch stand für den Nachmittag natürlich noch ein Landgang auf dem Plan, diesmal am Orne Harbour. Doch die Wetterbedingungen verschlechterten sich weiter. Nachdem sowohl von den Gästen als auch vom Expeditionsteam alles für den Landgang vorbereitet war, musste wieder kurzfristig umgeplant werden. Vom Zodiac aufs Festland zu kommen, wäre aufgrund des Winds und der Wellen einfach zu herausfordernd für viele Gäste gewesen, daher hieß es mal wieder „Safety First“ und statt Landgang gab es „nur“ Zodiac Cruises, vor der Küste von Orne Harbour.
Aber auch das hat sich mehr als gelohnt. Wir sahen, neben denn natürlich allgegenwärtigen Eisbergen und Gletschern, auch insgesamt drei verschiedene Pinguin Arten: die schon gut bekannten Gentoo Pinguine, einige Chinstrap Pinguine und sogar zwei Adelie Pinguine, die hier in der Region eher selten sind.
Die Beiden waren vielleicht irgendwo falsch abgebogen und schienen sich auf ihrer Eisscholle erstmal zu beraten. 😉
Die Chinstraps hingegen vergnügten sich am Strand und den Hängen von Orne Harbor. Pinguine sind echte Bergsteiger!
Für den perfekten Abschluss unserer Zeit in der Antarktis, tauchten zum Schluss noch mal zwei Buckelwale, unweit von unserem Zodiac auf.
Was für ein magisches Erlebnis. Einfach unbeschreiblich. Unsere Erzählungen und Bilder können dem Erlebten eigentlich kaum gerecht werden.
Rückreise inkl. Drake-Shake
Kaum das alle Passagiere und Zodiacs wieder zurück an Bord waren, zeigte unser Kapitän, dass es ihm Ernst war und wir keine Zeit zu verlieren hatten: der Anker wurde sofort gelichtet und das Schiff nahm mit Vollgas Kurs auf die Drake Passage. Noch am gleichen Abend gerieten wir wieder ordentlich ins Schwanken und Schaukeln.
Die kommenden zwei Tage waren für mich (und viele andere Passagiere) eher ereignisarm. Da uns der „Drake Shake“ diesmal nicht gleichmäßig von links nach rechts schaukeln ließ, sondern wir nun frontal auf die Wellen trafen, schwankte das Schiff gefühlt in alle Richtungen gleichzeitig. Dank jeder Menge Tabletten behielt ich zwar alles bei mir, aber ich konnte das alles nur im Liegen ertragen. Nicht mal aus dem Fenster schauen war möglich, ohne dass sich mir alles drehte. Sowie ich mich aufsetzte oder versuchte zu stehen oder gar zu laufen, hatte ich das Gefühl, von unsichtbaren Kräften, von allen Seiten runter gedrückt zu werden. Ungefähr so, als würde man gleichzeitig in der Achterbahn und im Freefall-Tower im Phantasialand sitzen. Ich kann die Kombi nicht empfehlen. 😉
Mitreisende von uns nahmen folgende Bilder auf:
Und mein Mann: dem machte das alles wieder gar nichts aus! Christian musste nicht mal eine Tablette oder irgendwas nehmen. Der Glückliche konnte an allem weiterhin teilnehmen, zum essen gehen und natürlich auch wieder zum Yoga, wie auch immer das ausgesehen hat, bei dem Geschaukel. 😉
Laut dem Expeditionsteam hatten wir ca. 6-7m hohe Wellen und viele haben auch schon Schlimmeres erlebt. Mir reichte das allemal, ich will mir nicht mal vorstellen was uns erwartet hätte, wenn wir nicht früher abgereist wären.
Am späten Nachmittag des zweiten Seetages, wurde es langsam etwas ruhiger. Wir umfuhren das Kap Hoorn und waren schon fast am Eingang des Beagle Kanals angekommen, wo die vielen kleinen Inseln von Feuerland uns Windschutz boten. Dort ankerte die Ocean Endeavour, sodass ich und viele andere Drake-geplagte Passagiere, sich wieder aus den Kabinen trauen und am normalen Schiffsleben teilnehmen konnten.
Durch die verfrühte Rückreise hatten wir nun noch einen Tag übrig. Eigentlich hatte die Crew geplant, den Tag mit einer Cruise durch den Beagle Kanal zu verbringen, das war aber leider nicht möglich, da durch den Sturm in der Drake Passage bereits zu viele Schiffe im Kanal unterwegs waren. Unser Schiff war ja nicht das Einzige das früher zurück kam. Andere konnten gar nicht erst rausfahren, bei den Wetterverhältnissen.
Leider hatten aber nicht alle Expeditionen so einen erfahrenen und besonnenen Kapitän wie wir. Ein Schiff hatte sich tatsächlich in den Sturm gewagt und musste nach einem Tag wieder umdrehen, da es durch die hohen Wellen einen Schaden an einigen Fenstern gegeben hatte.
Ein anderes Schiff, war durch einen Notfall, der sich in der Antarktis ereignet hatte, gezwungen umzukehren. Einige deutsche Medien hatten das Ereignis ebenfalls aufgegriffen: Ein Passagier hatte sich bei einem Zodiac Unfall ein Bein gebrochen, was natürlich an Board nicht entsprechend behandelt werden konnte. Somit musste die ganze Reise nach nur einem Tag in der Antarktis abgebrochen werden. In der Drake Passage wurde das noch ganz neue Luxusschiff von einer sogenannten Überschlagswelle (die Bild Zeitung würde sagen: Monsterwelle) erfasst, wodurch mehrere Scheiben zerbarsten und ein Passagier ums Leben kam. Vier weitere wurden verletzt. Absolut tragisch! Das zeigt aber, dass es sich bei einer Antarktis Expedition eben nicht um die gemütliche Mittelmeerkreuzfahrt handelt. Die Natur hat hier das Sagen!
Der letzte volle Tag an Board der Ocean Endeavour verlief also recht entspannt. Das Expeditionsteam hielt ein paar spannende Vorträge, es wurden Workshops und Spiele organisiert, es gab Glühwein und Kuchen auf dem Außendeck und sogar der Pool wurde befüllt.
Zurück in der Zivilisation
In der Nacht bekamen wir die Einfuhrerlaubnis aus Ushuaia und so endete die Reise am nächsten Morgen dort, wo sie 10 Tage vorher angefangen hatte.
Während ich einfach nur glücklich war, wieder festen Boden unter den Füßen zu haben, hatte diesmal Christian mehr Anpassungsschwierigkeiten. Der hatte nämlich noch Seebeine und schwankte und taumelte für den Rest des Tages. 😊
Nella, die Dame bei der wir unseren Moby sicher unter gestellt hatten, holte uns am Hafen ab und wir bezogen wieder unser rollendes Zuhause. Wir trafen uns noch auf ein letztes gemeinsames Mittagessen mit Liz und den anderen Mitreisenden und dann verzogen wir uns wieder an unseren Platz, am Ende des Playa Larga, direkt am Beagle Kanal, wo wir auch schon in der Woche vor der Antarktis Reise gewohnt hatten.
Hier mussten wir erstmal klarkommen und alles sacken lassen.
Was für eine Reise und was für ein Privileg, dies alles erlebt haben zu dürfen.
Die Antarktis hat uns ein ums andere Mal sprachlos gemacht und überwältigt. So viel unberührte Natur, so viel Schönheit, so viel Naturgewalt. Die ganzen Tiere, die einem so nahekommen, weil der Mensch hier nie eine Bedrohung war. Einfach nur der absolute Wahnsinn! Und was das Ganze noch besonderer gemacht hat, ist auf jeden Fall das leidenschaftliche und passionierte Expeditionsteam, das uns so viel beigebracht und gezeigt hat. Und natürlich auch Liz und die kleine, bunte Gruppe von Menschen, die ihretwegen zusammen mit uns an Bord war.
Diese Reise war eine lebensverändernde Erfahrung, von der wir sicherlich noch den Enkeln anderer Leute erzählen werden. 😉