Teil 9 unseres Argentinien Roadtrips
Am Morgen des 15. Januar rissen wir uns aus Chile los, verließen unseren schönen Platz am Fluß und überquerten in Futaleufu mal wieder die Grenze nach Argentinien.
Laguna La Zeta & Esquel
Argentinien begrüßte uns mit strahlendem Sommerwetter und so taten wir, was alle Argentinier am Sonntag machen: wir besorgten uns Grillgut, suchten uns einen schönen Platz an einem See, schlugen dort unser Lager auf und genossen den Tag.
Bei dem See handelte es sich um die „Laguna La Zeta“, in der Nähe des Örtchens Esquel. Die Lagune lud nicht nur zum Verweilen und Schwimmen ein, sondern bot auch Wander- und Fahrradrouten. Am nächsten Morgen schwangen wir uns daher auf die Räder, jedoch fiel die Tour kürzer aus als erhofft, früher oder später endeten alle Wege und Pfade, die wir fanden auf eingezäuntem Privatgelände. Somit ging es zurück zum Van und stattdessen ab an den Badestrand, wo man auch Kajaks und SUP-Boards leihen konnte. Wir liehen uns zwei Boards und dann ging es ab aufs Wasser.
Mit den steigenden Sommertemperaturen geriet unser Kühlschrank immer mehr an seine Leistungsgrenze und kühlte nicht mehr so zuverlässig wie er sollte. Um dem Abhilfe zu schaffen, hatten wir uns schon vor längerem ein elektronisches Thermostat besorgt, welches Christian nun endlich mal einbauen wollte. Da dies etwas aufwändiger war und wir natürlich eine Zwischenlagerungsmöglichkeit für unseren Kühlschrank-Inhalt benötigten, steuerten wir nach der zweiten Nacht an der Lagune einen kleinen, familiengeführten Campingplatz in Esquel an. Der freundliche Besitzer konnte uns sogar einiges an Werkzeug leihen was uns noch fehlte und dann konnte der große Aus- und Umbau starten.
Nachdem auch dieses Projekt erfolgreich abgeschlossen war und der Kühlschrank endlich wieder die gewünschte Temperatur hielt, zog es uns wieder zurück an die Laguna. Dort blieben wir weitere drei Nächte und nahmen uns einen Kurzurlaub vom Rumreisen. Unter der Woche war an der Lagune angenehm wenig los und wir nutzten die Zeit zum sporteln, baden, Kajak fahren, lesen und nichts tun.
Außerdem bot die Sonne jeden Abend eine unglaubliche Licht-Show am Himmel.
Kaum mal zwei Tage nichts getan, wurde Christian aber unruhig. Beim Joggen traf er auf den Gaucho Miguel, der auf der Suche nach seinen Rindern war. Die beiden kamen ins Gespräch und kurzerhand lud Christian sich auf einen „Praktikumstag“ auf seiner Estancia ein, wo er am nächsten Morgen hin marschierte und dabei sein durfte, als die Pferde der Estancia verladen wurden, um zu einer anderen Weide gebracht zu werden (nicht zum Metzger, keine Angst 😉).
Nachdem das erledigt war, Christian als Lohn eine Torta Galesa (eine Art Nuss- und Früchtebrot, vergleichbar mit einem Christstollen) erhalten hatte und Miguel sich anderen Aufgaben in der Stadt zuwendete, erkundete Christian noch eine weitere Estancia in der Nähe. Dort traf er auf den Gaucho Javier, der ihm stolz die Geschichte der Estancia erklärte. Die Estancia nennt sich „Dos Banderas“, was so viel wie „zwei Flaggen“ bedeutet. Bei den beiden Flaggen handelte es sich um die von Argentinien (natürlich) und die Flagge von Wales. Gegründet wurde sie im 18. Jahrhundert von walisischen Auswanderern, welche in dieser Gegend von Argentinien scheinbar keine Seltenheit waren.
Nach der dritten Nacht zogen wir dann weiter und landeten als nächstes im selbsternannten Hippie-Ort El Bolson. Hier sind scheinbar einige Aussteiger gelandet, was der Stadt einen alternativen Flair gibt. El Bolson ist vor allem für seinen Kunsthandwerk-Markt bekannt, wo es allerhand selbstgemachtes zu erstehen gibt. Von Holzschnitzereien, natürlichen Seifen und Kosmetik, Schmuckstücken, Strick- und Häkelarbeiten, Kinderspielzeug und bunter Bekleidung gab es alles, was das Sammlerherz begehrt. Wir hielten uns eher an die kulinarischen Köstlichkeiten, probierten leckere argentinisch-armenische Empanadas, lokales Craft-Bier und deckten uns mit frischem Ziegenkäse ein.
Nach dem ganzen Getümmel im Ort, steuerten wir dann wieder einen etwas ruhigeren Stellplatz für den Rest des Tages an und wurden mal wieder an einem Flussufer fündig, wo wir uns neben all den Argentiniern, die mal wieder ihr Wochenende im Grünen verbrachten, einreihten.
Bariloche – im Herzen des Lake Districts
Nach nur einer Nacht ging es auch schon weiter und nun endgültig rein in den sogenannten Lake District (Seengebiet) von Argentinien. Unser nächstes Ziel war die Stadt Bariloche, Herz der Region und traumhaft schön gelegen am riesigen Lago Nahuel Huapi und dem gleichnamigen Nationalpark, der sich durch unzählige Seen und Berge auszeichnet. 2015 verbrachten wir drei Tage in der Stadt, die uns seitdem nicht mehr aus dem Kopf ging. Entsprechend groß war die Freude endlich wieder dort zu sein.
Bariloche wird auch die Schweiz von Argentinien genannt, was nicht nur an der alpinen Landschaft liegt und daran, dass es hier überall Schokolade gibt, sondern vor allem an der Architektur, die nach Schweizer Vorbild errichtet wurde.
Da ganz Argentinien (und Chile) von Mitte Dezember bis einschließlich Ende Februar Sommerferien hat, war in Bariloche und Umgebung natürlich entsprechend viel los. Die Gegend ist ganzjährig eine der beliebtesten Urlaubsregionen der Argentinier und Chilenen, sei es zum Skifahren im Winter, oder zum Wandern, Radeln, Baden oder Wassersport betreiben im Sommer.
Wir mischten uns also unters Volk und genossen es vor allem, mal wieder in einer etwas größeren Stadt zu sein, mit entsprechender Infrastruktur. Auch konnten wir hier endlich mal einige unserer inzwischen schon recht mitgenommenen und verschlissenen Klamotten ersetzen. Auch das kulinarische Angebot war endlich mal wieder etwas breitgefächerter, es gab sehr gute Cafés, tolle Restaurants und unzählige Eisdielen zum ausprobieren. 😉
Der Nachteil der „Großstadt“ – parken und campen war hier gar nicht so einfach, leider ist Bariloche auch für Wohnmobilaufbrüche bekannt und berüchtigt. Wir hatten zwar einen sicheren und bewachten Parkplatz gefunden, sogar mit Seeblick, aber es war eben ein trubeliger Parkplatz. Die verfügbaren Campingplätze in der Umgebung waren teuer und vor allem voll. Somit ließen wir die Stadt erstmal wieder hinter uns und suchten uns einen ruhigeren Platz am Seeufer, im ca. 30 Minuten entfernten Örtchen Dina Huapi. Hier ging es wesentlich ruhiger zu und wir verbrachten dort zwei windige Tage, kümmerten uns um Admin Kram und bewunderten die Berglandschaft rund um Bariloche aus der Ferne.
Wanderungen auf den Cerro Campanario & Cerro Lopez
Nachdem der Wind etwas abgenommen und das Wetter wieder stabiler war, ging es zurück nach Bariloche, wo wir uns die ein oder andere Wanderung und Aktivität vorgenommen hatten. Als erstes ging es wieder zu Fuß auf den Cerro Campanario, eine 1.049m hohe Erhebung am Rande von Bariloche, welche unglaubliche Ausblicke auf die Seen- und Berglandschaft offenbart. Dort waren wir auch 2015 schon mal. Auch über sieben Jahre später, war die Aussicht noch bombastisch und wir freuten uns unheimlich wieder hier zu sein!
Nach wie vor war die Stellplatzsuche in der Gegend eine echte Herausforderung, aber wir fanden ein Plätzchen am Wasser, vor einer abgebrannten Hotelruine – ein echter Lost Place. Dort hinzukommen war gar nicht so einfach, ich frage mich immer noch, wie Christian unseren 6m-Van dort hin manövriert und ausgerichtet hat. Aber nachdem wir erstmal standen, war es ein echt cooler Platz.
Von dort aus hatten wir auch schon einen Ausblick auf unser Ziel für die Wanderung am nächsten Tag: dem Cerro Lopez mit dem gleichnamigen Refugio und der dahinterliegenden Bergspitze, dem Pico Turista.
Der Weg hinauf war von Anfang an vor allem: steil und staubig! Aber wie so oft bedeutet das ja auch: Aussicht!
Schließlich ging es weiter hinauf durch einen Wald, bis wir nach nur ca. 4,5km schließlich am Refugio Lopez ankamen. Dort musste man sich registrieren, wenn man weiter hinauf wollte, bis auf den 2.060m hohen Pico Turista. Auf knapp 1.3km muss man dann noch mal 400hm überwinden und das bedeutete nach wenigen Metern auf allen Vieren klettern, über teilweise lose Steinbrocken und rutschiges Geröll. Nach ca. einem Drittel der Strecke wurde es mir zu steil und gefährlich, besonders im Hinblick auf den Abstieg. Somit genoss ich die Aussicht und mein Käsebrot von meinem Standort aus, während Christian sich allein auf zum Gipfel machte.
Oben angekommen, wurde Christian mit 360 Grad Ausblicken, bis rüber nach Chile belohnt.
Nach dem nicht weniger steilen Abstieg trafen wir uns schließlich wieder in einer der urigsten und schönsten Berghütten, die wir bisher in Südamerika gesehen haben, dem Refugio Roca Negra, wo wir uns noch ein Getränk gönnten, bevor es zurück zum Van und wieder zu unserem Platz am abgebrannten Hotel ging.
Radrunde über den Circuito Chico
Am nächsten Tag nahmen wir uns den „Circuito Chico“ vor, also den „kleinen Rundkurs“. Dahinter verbirgt sich eine ca. 28km lange Strecke durch den Nationalpark, entlang der Seen, welche neben vielen schönen Strandabschnitten, auch an kleinen Spazierwegen, Wäldern und Aussichtspunkten vorbeiführt. Anstatt den Rundweg mit dem Auto abzufahren, oder eine Tour zu buchen, schwangen wir uns, wie auch 2015 schon, auf die Mountainbikes. Diesmal aber auf unsere eigenen! 😊
Neben der Hauptstraße fanden wir auch einige schöne Waldtrails im Nationalpark, welche uns an Arrayan Bäumen, mit ihrer zimtfarbenen Rinde, einer römischen Brücke und diversen kleinen Seen vorbeiführten und die Tour noch etwas spannender und abwechslungsreicher machten.
Für die Mittagspause kehrten wir in der Patagonia Brauerei ein, die ebenfalls am Circuito Chico liegt. Das Patagonia Bier ist in ganz Argentinien allgegenwärtig und neben Quilmes, wahrscheinlich das bekannteste Bier des Landes. Die Brauerei war nicht nur unglaublich schön gelegen und bot wiederum auch tolle Ausblicke auf die Umgebung, sondern war auch im Inneren toll gemacht, liebevoll dekoriert und vor allem: lecker! 😉
Zum Abschluß brachte uns unsere Fahrradtour noch in die „Colonia Suiza“, also die Schweizer Kolonie, welche für unseren Geschmack aber viel zu künstlich und touristisch daherkam. Man fühlte sich eher wie in einem Themenpark, voller Souveniergeschäfte. Dafür trafen wir dort auf einen Argentinier mit einem futsch-neuen Fully-MTB (was hier eine echte Seltenheit ist), mit dem wir natürlich sofort ins Gespräch kamen und einige Tipps und Empfehlungen für die Umgebung bekamen. Zum Abschluss gab es noch ein leckeres Eis, bevor es zurück zu unserem Van ging.
Wanderung Refugio Frey & Laguna Toncek
Statt eine weitere Nacht am abgebrannten Hotel zu verbringen, ging es diesmal gleich zum Startpunkt für unsere nächste geplante Wanderung, dem einfachen Gondelparkplatz des Skigebiets „Cerro Catedral“. Dort standen wir wirklich nicht schön, aber eben praktisch, um am nächsten Morgen gleich früh zum Refugio Frey, auf 1.700m aufzubrechen.
Vor uns lagen mal wieder 10,5km und 800hm bis zum Ziel. Der Weg begann diesmal nicht ganz so steil, führte zunächst um den Berg herum und dann schließlich wieder durch einen Wald, vorbei an ziemlich urigen Schutzhütten, querte ein paar Mal den Fluss, bis es schließlich doch wieder steil hinauf ging, auf den letzten Höhenmetern zum Refugio.
Bevor das Refugio in Sichtweite geriet, sahen wir schon die ersten Felsspitzen der umliegenden Berge, welche ein absolutes Kletter-Mekka zu sein scheinen. An nahezu allen Steilwänden konnte man kleine bunte Punkte erkennen: Kletterer.
Am Refugio Frey angekommen, zeigten sich dann alle Berge in voller Größe und die davorliegende Laguna Toncek.
Wir genossen die Aussicht und gönnten uns im Refugio ein Bier und eine Torta, bevor es wieder retour zum Van ging.
Auf Solotour
Zurück am Parkplatz, waren wir uns dann einig das das jetzt erstmal genug Wanderungen und Ausflüge waren. Wo wir uns aber nicht einig waren, war was wir als Nächstes machen. Während Christian gerne mehr Zeit in der Stadt verbringen wollte, zog es mich eher wieder raus ans ruhige Seeufer in Dina Huapi. Warum nicht einfach beides machen? Nach 1.5 Jahren gemeinsam auf engstem Raum, kann man ja ruhig auch mal wieder was getrennt machen.
Somit buchte Christian sich für drei Nächte ein Hostelbett in Bariloche, ich setzte ihn in der Stadt ab und fuhr alleine wieder raus nach Dina Huapi, wo ich zwei herrlich entspannte Sommertage am Seeufer verbrachte, baden ging, Bücher las und den Kitesurfern zusah.
Nach der zweiten Nacht juckte es mich dann aber doch schon wieder in den Füßen und ich nahm mir die kleine Wanderung zum „Mirador Lago Guiterrez“ und den Wasserfall „Cascada Duenes“ vor, bevor es wieder zurück an den Strand ging.
Währenddessen nutzte Christian die Zeit im Ort, um sich den aktuellen argentinischen Faconschnitt verpassen zu lassen, schaute den Skateboardern im Skatepark zu, ging ins Fitnessstudio und zog abends durchs Kneipenviertel.
Skater Boi is back! 😉
Nach der dritten Nacht trafen wir uns dann mittags wieder in Bariloche und verbrachten noch einen gemeinsamen Tag in der Stadt. Und es kam natürlich, wie es kommen musste: nachdem Christian mit leuchtenden Augen vom Skatepark geschwärmt hatte, kehrten wir im nächstbesten Skateshop ein und erstanden ein neues Board.
Damit ging es am nächsten Morgen direkt in den Skatepark, wo der alte Mann bewies: er kanns noch! Trotz 25 Jahren Skate-Abstinenz klappten einige Tricks noch auf Anhieb und keine Miniramp war und ist mehr sicher vor dem Kerl. 😉
Nach der anschließenden Abkühlung im See, erledigten wir noch einige Besorgungen, bevor wir eigentlich weiterfahren wollten, aber so ganz ließ uns Bariloche noch nicht los.
Es war schon so spät am Nachmittag, dass wir doch noch eine weitere Nacht am Seeufer in Dina Huapi einlegten, bevor es dann am nächsten Morgen, nach über 1.5 Wochen rund um das schöne Bariloche, doch endlich mal weiter ging und ab auf die „Ruta de los 7 Lagos“, die Straße der 7 Seen, und weiter hindurch durch den schönen Lake District.
Dazu dann bald mehr im zweiten Teil. 😊
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