Teil 15 unseres Roadtrips durch Mexiko
7. – 12. Juli 2024
Valle de Bravo
Endlich mal wieder im Grünen!
Nach all den mehr oder weniger schönen Altstädten hatten wir endlich mal wieder einen Platz in der Natur entdeckt. Es verschlug uns ins „Valle de Bravo“, am gleichnamigen Stausee. Dafür nahmen wir gerne einen kleinen Umweg in Kauf.
Die Wettervorhersage blieb der Regenzeit entsprechend wechselhaft, aber inzwischen hatten wir gelernt, dass die Vormittage meistens trocken und freundlich waren und der Regen und Gewitter zumeist erst am Nachmittag aufzogen.
Unser Stellplatz war auf dem Gelände eines kleinen Yachtclubs, wo mehrere Dauercamper-Einrichtungen, sprich alte, amerikanische Wohnwägen standen. Begrüßt wurden wir an diesem Sonntagnachmittag von ein paar ganz schön betrunkenen „Platzwarten“, die zum Glück alle happy-drunk waren und Christian mit Willkommensgrüßen, Amigo-Rufen und Umarmungen geradezu überschütteten. Ich blieb da lieber auf Abstand. Das war mir eindeutig schon zu viel Gastfreundschaft. 😉
Wir nutzten den schönen Platz direkt mal wieder zum draußen sporteln und grillen und hatten dabei wie so oft tierische Gesellschaft von neugierigen Hunden.
Am nächsten Morgen packten wir in aller Frühe die Räder aus, um die Gegend etwas zu erkunden. In der Ferne sahen wir den „Pena“ genannten Monolithen und beschlossen: da geht’s jetzt hin.
Entlang des Sees und durch ein paar kleine Ortschaften, ging es steil hinauf zum Fuß des Felsen. Dort stellten wir die Räder ab und erklommen die letzten Höhenmeter zu Fuß, hinauf auf den 110 Millionen Jahre alten Lavaklotz, was stellenweise mal wieder etwas klettern erforderte. Oben angekommen, wurden wir dann mit dieser Aussicht auf den See und das gesamte Tal belohnt.
Auch in die im Fels befindliche „Cueva del Diablo“, also die Höhle des Teufels, stiegen wir noch hinab. Er war aber nicht zu Hause.
Trotz aufziehender Wolken wagten wir uns noch ein Stück weiter am See entlang und fanden noch einen kleinen Wasserfall.
Davon hätte es rund um den See noch ein paar mehr gegeben, inklusive kleinerer Wanderungen. Aber das Wetter saß uns schon wieder im Nacken. Also ging es retour und durch das kleine touristische Zentrum von Valle de Bravo, wo wir uns mit einem Eis belohnten – so viel Zeit muss immer sein!
Kaum waren wir zurück am Van und die Bikes verstaut, setzte auch schon der Regen ein. Timing ist alles!
Wir blieben dennoch eine weitere Nacht im Yachtclub und genossen noch ein bisschen den grünen Ausblick und die Ruhe. Am nächsten Morgen wollten wir eigentlich früh aufbrechen, doch als wir von unseren Auffahrkeilen fuhren, machten wir leider eine unschöne Entdeckung. In den nur zwei Tagen, die wir dort geparkt hatten, hatten sich tausende von Ameisen in den Lücken der Keile eingenistet und dort gefühlt Millionen von Eiern abgelegt. Es wimmelte nur so von den kleinen Viechern. Igitt!!
So konnten wir die Dinger natürlich nicht ins Auto laden. Zum Glück gab es einen Wasseranschluss mit ordentlich Druck. Also verbrachten wir die nächste Dreiviertelstunde damit, die kleinen Biester mit jeder Menge Wasser aus unseren Hötzen-Klötzen zu spülen. Ich rückte den Biestern zusätzlich mit Essigwasser auf die Pelle, und sprühte auch die Erde rund um unseren Van ein, damit sie nicht auf die Idee kamen, bei uns einzuziehen. Dabei entdeckte ich auch gleich unser nächstes Projekt. In unserem rechten Vorderreifen steckte offensichtlich ein dicker, fetter Nagel.
Zum Glück saß das Ding aber bombenfest und wir verloren keine Luft. Also kein akutes Problem. Ach ja, so wird es nie langweilig mit diesem Vanlife. 😉
Silberstadt Taxco
Nachdem unsere Auffahrkeile von den Ameisen und deren Eiern befreit waren, konnte es dann endlich weiter gehen. Uns stand mal wieder ein langer Fahrtag bevor. Unser nächstes Ziel war die ehemalige Silberstadt Taxco, mitten in den Bergen des Bundesstaates Guerrero.
Taxco ist als Silberstadt bekannt, da sie eine lange Geschichte des Silberabbaus und Silberverarbeitung hat. Schon bei der Anfahrt in die Stadt, konnten wir von weitem erkennen, dass es in diesem Ort mal wieder steil und eng zugehen würde. Daher waren wir froh, direkt am Ortseingang ein Hotel zu finden, auf dessen Parkplatz wir übernachten durften. Nicht ganz billig und auch nicht besonders idyllisch, aber immerhin sicher, einigermaßen ruhig und nahe zur Altstadt.
Wir machten uns auch sogleich auf diese zu erkunden. Anders als in den vielen Altstädten, die wir zuletzt besucht hatten, waren hier nahezu alle Kolonialbauten und Häuser weiß gestrichen und mit roten Akzenten verziert.
Sofort fielen uns auch die vielen alten VW-Busse und VW Käfer auf – diese werden hier noch ganz traditionell als Collectivos (also Mini-Busse) und Taxis genutzt. Da es hoch über der Stadt noch einen Aussichtspunkt gab, und wir bei den vielen steilen Gassen zu faul zum Laufen waren, ließen wir es uns nicht nehmen mal in einem Käfer-Taxi mitzufahren.
Bekanntlich hat so ein Käfer ja nur zwei Türen, daher wurden bei den Taxen die Beifahrersitze entfernt, um den Gästen ein einfacheres Ein- und Aussteigen zu ermöglichen. Beweglich musste man trotzdem sein.
Und dann ging die wilde Fahrt los, hinauf durch super enge und extrem steile Gassen, in denen unser Van vermutlich nicht weit gekommen wäre. Für einen VW Käfer natürlich kein Problem. Der läuft, und läuft, und läuft…
Ein großer Spaß! Und oben angekommen, entdeckten wir dann nicht nur die lokale Version des „Cristo Redentor“, sondern hatten auch eine tolle Aussicht auf die weiße Stadt Taxco, inmitten der grünen Hügel und Berge.
Retour ging es dann auch wieder mit dem Käfer und wir mussten abwechselnd lachen und die Luft anhalten, weil die Gassen wirklich so steil und eng waren, was aber keineswegs bedeutet, dass es Einbahnstraßen waren. Unser Taxifahrer fand uns anscheinend genauso lustig wie wir die wilde Fahrt und er erklärte uns noch, dass diese Straßen bei starkem Regen geradezu zu Wasserfällen werden. Dann wäre das Fahren etwas schwieriger, aber so, ist das ja alles kein Problem – mit einem Käfer. 😊
Wir verbrachten noch ein paar Stündchen in der Stadt, schlenderten über den lokalen Markt und gönnten uns ein Bierchen in der Sonne (das muss man ja ausnutzen in der Regenzeit).
Später am Abend setzte dann aber doch der Regen ein und bleib auch die ganze Nacht über. Am nächsten Morgen, als wir bei immer noch anhaltendem Dauerregen weiterzogen, konnten wir auch sehen, was unser Taxifahrer gemeint hat. Die Wassermassen rauschten geradezu durch die steilen Gassen und verwandelten alle Straßen in Flüsse und Wasserfälle. Irre! Aber die Käfer und Bullis zogen fleißig ihre Bahnen in dem nassen Chaos.
Schnell mal Reifenflicken
Wir nahmen nun endgültig Kurs auf die Pazifikküste, denn wir hatten ja einen wichtigen Termin dort.
Vorher galt es aber noch, sich um unser Reifenpiercing zu kümmern. Der Nagel saß immer noch fest im Reifen, aber wir wollten natürlich nicht riskieren, dass sich dieser Zustand irgendwo unterwegs spontan änderte. Also steuerten wir eine große Reifenwerkstatt irgendwo entlang der Strecke an, wo wir, wie eigentlich immer, auch sofort spontan drankommen konnten.
Moby wurde aufgebockt, der Nagel entfernt und mit einem lauten Zischen, war unser Reifen innerhalb von wenigen Sekunden komplett platt. Gut, dass das nicht unterwegs passiert war.
Die beiden Jungs in der Werkstatt waren flink bei der Sache, der Reifen wurde abgezogen und geflickt (fast wie beim Fahrrad) und schon konnte es wieder weiter gehen.
Acapulco
Spät am Nachmittag erreichten wir die schwül-heiße Küste und einen Ort, an den ich aus unerfindlichen Gründen schon immer mal wollte: Acapulco. Ich vermute, dass der 80er Jahre Hit „Loco in Acapulco“ schuld ist. Der muss in meiner Kindheit einfach zu oft im Radio gelaufen sein. Oder ich habe zu viele alte Elvis-Filme mit meiner Oma geschaut.😉
Dabei hatte Acapulco im letzten Jahr aus einem ganz anderen Grund Schlagzeilen gemacht, zumindest in diesem Teil der Welt. Im Oktober 2023 wurde die Stadt vom Hurrican Otis schwer getroffen. Viele Menschen verloren ihr Leben, noch mehr all ihr Hab und Gut.
Wir konnten direkt an der Strandpromenade, gut bewacht von der Guardia Civil und einem eifrigen „Parkplatzwächter“ parken. Wobei unser Parkplatz bis vor einem Jahr vermutlich noch eine Fußgängerpromenade war. Aber da viele andere Flächen vom Hurrican zerstört wurden, hat man hier ganz pragmatisch andere Flächen in Parkplätze umgewandelt. So standen wir nun also direkt an einem der Stadtstrände, am Rande der Altstadt.
Wir machten uns gleich auf den Weg in die Altstadt, die aber auch ohne den Hurrican schon ziemlich heruntergekommen war. Historisch und schön war hier eigentlich nichts, bedingt durch das Klima und die Meeresluft sahen viele der zweckmäßigen Gebäude einfach nur vernachlässigt aus und versprühten keinerlei Charme.
Wir bahnten uns unseren Weg hinauf zum sogenannten „Quebrada de Acapulco“ – ein Felsvorsprung, von dem allabendlich die berühmten „Claviatas“ herunterspringen – Klippenspringer.
Sieben Männer und eine Frau klettern zunächst an der senkrechten Wand des Felsen hinauf und springen dann aus verschiedenen Höhen zwischen 15 bis 35 Meter hinab in die Tiefe. Allein der Anblick wie die Truppe dort hochkletterte, nass, nur in Badekleidung und Barfuß, ließ es uns schon ganz mulmig zumute werden.
Man konnte den Claviatas aber ansehen, dass sie hochkonzentriert waren. Die Wassertiefe ist an dieser Stelle ist nämlich mit nur 4 Metern sehr gering für einen Sprung aus dieser Höhe. Daher müssen sie genau die Wellen beobachten und zählen, um einen Moment abzupassen, wenn die Welle heranrollt und dann das Wasser für einige Sekunden tief genug ist, um zu springen. Crazy!!
Inzwischen war es stockdunkel draußen und die ganze Aktion wurde mit starken Flutscheinwerfern ausgeleuchtet. Die junge Frau sprang schließlich zuerst aus ca. 15m, gefolgt vom Senior und ein paar Jungs aus der Gruppe, die nacheinander aus ca. 20m sprangen.
Zwei Männer vollführten einen Syncronsprung aus ca. 25 Metern.
Schließlich folgte der höchste Sprung, aus unglaublichen 35 Metern.
Getoppt wurde dies noch vom letzten Claviata. Er entzündete zwei Fackeln, das Flutlicht wurde ausgeschaltet und in völliger Dunkelheit, mit zwei Fackeln in den Händen, sprang der Kerl aus ca. 30 Metern hinunter ins schwarze Nichts.
Absolut verrückt!! Und das machen die hier jeden Abend, mehrmals. Verrückt! Oder hatte ich das schon gesagt?
Nach so viel Zuschauer-Adrenalin, bahnten wir uns unseren Weg zurück zum Van und suchten in der Altstadt nach einem einfachen Restaurant, da wir bei der schwülen Hitze, die hier auch nachts herrscht, nicht noch im Auto kochen wollten. Aber das war gar nicht so einfach. Denn scheinbar gehört in Acapulco zum Abendessen entweder ohrenbetäubende Reaggaton Musik aus riesigen Lautsprechern, oder, fast noch schlimmer, eine Reaggaton Liveband, die einem die Trommelfelle wegsprengt, beim Essen. Da war uns irgendwie nicht so nach.
Also landeten wir schließlich in einer mexikanischen Pizzeria, wo es zumindest klimatisiert und ruhig war, die Pizza dafür nicht so lecker. Naja, man kann nicht immer alles haben.
Nach einer anstrengenden, heißen und lauten Nacht, begannen wir den Tag natürlich mit einem Sprung ins Meer (wobei wir nur vom Sandstrand ins Wasser sprangen). Natürlich erregten wir mit unserem Van direkt an der Promenade etwas Aufsehen und ich wurde im Wasser von zwei älteren Herren angesprochen, die wissen wollten, wo wir herkämen, ob wir im Auto wohnen, etc. etc. Sie freuten sich sichtlich über internationalen Besuch und wie immer wurden wir freundlich willkommen geheißen und mit jeder Menge Daumen hoch bedacht.
Nach dem Frühstück machten wir uns auf in den neuen Teil der Stadt. Immer an der Strandpromenade entlang. Und da zeigten sich erstmal so richtig die Spuren des Hurricans. Teilweise lagen noch vom Sturm angeschwemmte Boote auf der Promenade. Inzwischen hatten sich dort Obdachlose häuslich drin eingerichtet. Unzählige Gebäude waren noch gezeichnet vom Sturm, fehlende Scheiben, fehlende Stockwerke, herunterhängende Kabel, Schutt und Müll an diversen Stellen in der Stadt. Einfach krass das zu sehen. Und noch erschreckender: In diesen Gebäuden wird trotz der Schäden teilweise gelebt und gearbeitet. An manchen Stellen waren schon Schäden behoben und Scheiben ersetzt worden, während daneben noch alles aussah, wie vermutlich am Tag nach dem Sturm.
Unvorstellbar was für Kräfte hier gewirkt haben müssen. Solange man am Strand war, merkte man von all dem kaum etwas. Hier ging natürlich längst der Alltag weiter, man konnte Strandliegen mieten, die Fischer bei der Arbeit beobachten, in Beachbars abhängen, die Strandverkäufer zogen ihre Runden, es gab Bootstouren, etc. etc.
Doch selbst die eigentlich neuen und modernen Shoppingmalls sahen vielleicht von außen schon wieder hergerichtet aus, im Inneren gab es jedoch meist nur eine Handvoll Läden, der Rest war noch komplette Baustelle. Wir konnten es kaum fassen.
Auf der Suche nach etwas Kultur trafen wir auf das Maskenmuseum, wo viele spannende Masken aus dem ganzen Land ausgestellt wurden. Auch hier freute man sich über internationale Gäste, daher wurde unser Besuch fotografisch festgehalten und auf der lokalen Facebook Seite des Museums bekanntgegeben.
Da wir nach dem langen Spaziergang in der Sonne nicht nur nassgeschwitzt, sondern auch schon ordentlich sonnenverbrannt waren, wollten wir uns für den Weg zurück zur Altstadt ein Taxi gönnen. Es hielt auch prompt eins für uns an, wir waren allerdings etwas überrascht, dass hinten schon drei Passagiere drinsaßen. Kein Problem, wir sollten doch bitte beide auf dem Beifahrersitz Platz nehmen. So hockte ich schließlich auf Christians Schoß, dafür war die Fahrt auch entsprechend günstig und lustig, für alle Beteiligten.
Wie an so vielen Orten in Mexiko, gab es auch in Acapulco noch ein Haus von Diego Rivera (der mit den berühmten Murals und Mann von Frida Kahlo) zu sehen. In Acapulco hatte er seine letzten Lebensjahre verbracht und sein Haus natürlich auch entsprechend gestaltet. Leider war das Haus selbst noch im Umbau bzw. in der Renovierung, daher konnten wir nur sein Mosaik an der Außenwand bestaunen, welches er im hohen Alter erstellt haben muss. Definitiv ein kreativer Mann.
Melchor Ocampo
Wir verbrachten noch eine zweite, schwüle Nacht in Acapulco und machten uns dann auf den Weg zu unserem eigentlichen Ziel and er Küste, zurück nach Puerto Escondido, wo wir im Januar schon mal waren. Denn dort würden wir die nächsten drei Monate verbringen, da wir die einmalige Chance erhalten hatten, dort auf Zeit ein kleines Hotel zu übernehmen.
Darauf freuten wir uns nun schon seit einigen Monaten und konnten noch gar nicht glauben, dass es jetzt wirklich, endlich so weit war.
Bis Puerto Escondido waren es aber immer noch über sieben Stunden Fahrtzeit. Also legten wir unterwegs noch einen Zwischenstopp ein, irgendwo in einem kleinen Fischerdorf, wo wir nach etwas suchen einen Platz am langen Strand fanden.
Hier war es zwar immer noch schwül und heiß, aber zumindest ruhig und einsam, was nach zwei Tagen in der wuseligen Großstadt sehr angenehm war. Wir verbrauchten unsere letzten frischen Vorräte und bereiteten schon mal alles für unseren Auszug aus dem Van vor. Am nächsten Morgen, nach einem Sprung ins Meer und dem Frühstück in der Sonne, ging es dann endgültig weiter, zurück nach Puerto Escondido und damit in ein Abenteuer der besonderen Art.
Aber dazu dann demnächst mehr. 😊
Übrigens: Wenn du uns auf unserer Reise unterstützen möchtest, freuen wir über einen Beitrag in unsere Diesel-Kasse. Das geht ganz einfach mit diesem PayPal Link.