Teil 4 unseres Roadtrips durch Chile
Am 24. Februar ließen wir mit Valdivia die Pazifikküste vorerst hinter uns und nahmen Kurs auf den chilenischen Teil des Lake Districts, rund um den 176km² großen Lago Villarrica. Am frühen Nachmittag kamen wir im gleichnamigen Ort an und fanden auch direkt einen schönen Platz mit Blick auf den, ebenfalls gleichnamigen, Vulkan Villarrica.
Was Christian fast noch mehr freute – direkt an unserem Parkplatz war auch ein kleiner Skatepark, sodass das Board mal wieder zum Einsatz kam.
Villarrica selbst ist einer der beliebtesten Ferienorte der Region, wir verbrachten aber nur eine Nacht hier und fuhren am nächsten Tag weiter in das benachbarte Pucon, dem Ausgangspunkt für die meisten Aktivitäten in der Region. In Pucon waren wir Ende 2015 schon mal für drei Tage, diesmal wollten wir uns auf jeden Fall mehr Zeit nehmen und so viel wie möglich entdecken und erleben.
Schon 2015 hatten wir mit der Besteigung des 2.847m hohen Vulkan Villarrica geliebäugelt, damals lag aber so viel Schnee auf den Bergflanken, dass die Besteigung nur unter erschwerten Bedingungen möglich gewesen wäre (was auch damals schon sehr teuer war). Diesmal, zum Ende des Hochsommers, war der Vulkan weitestgehend frei und Schnee und Eis erst ab einer Höhe von 2.300m, am Gletscherrand, zu erwarten. Allerdings war der Vulkan zum Zeitpunkt unserer Reise schon seit mehreren Monaten sehr aktiv, es herrschte Vulkan-Alarmstufe Gelb, was bedeutet, dass es im Inneren permanent brodelt. Das konnte man auch schon aus der Ferne sehen: den ganzen Tag stieg Rauch aus dem Krater auf. Nachts konnte man es sogar rot glühen sehen.
Kurz gesagt, auch diesmal war der Aufstieg somit nicht möglich. Was jedoch möglich gewesen wäre, war eine geführte Tour auf den Vulkan, bis auf 2.300m, zum Rand des Gletschers. Dafür wollten die Agenturen pro Person allerdings 105€ haben. Für den Preis hätten wir schon erwartet das wir hoch getragen werden, somit lehnten wir dankend ab und fassten Plan B.
Wanderung rund um den Vulkan
Wir deckten uns mit Vorräten ein und machten uns auf den Weg zur Skiliftstation am Fuße des Vulkans. Dort, auf ca. 1.200m Höhe, fanden wir einen traumhaften Stellplatz, mit freiem Blick auf den rauchenden Vulkan und bis runter ins Tal, auf den See.
Am nächsten Morgen machten wir uns bei strahlend blauem Himmel auf zur 25km langen Wanderung, welche ein Teil der mehrtägigen „Villarrica Traverse“ ist und vorbei am Vulkan quer durch den Nationalpark Villarrica verläuft. Statt auf den Vulkan hinaufzusteigen, bewegten wir uns bei der Tour „nur“ auf einer Höhe zwischen 1.400m – 1.600m ü. M., hatten dabei aber eine perfekte Aussicht auf den rauchenden Vulkan sowie die gesamte umgebende Berg- und Seenlandschaft. Und zahlen mussten wir dafür auch nichts!
Unterwegs wechselten sich immer Abschnitte aus Lavagestein und Wäldern ab. Man konnte also gut erkennen, wo die Lavaströme der letzten großen Ausbrüche langgeflossen waren.
Als Zielpunkt hatten wir uns den „Mirador Glaciar Volpir“ ausgeguckt, also den Aussichtspunkt auf den Volpir Gletscher an den Hängen des Villarrica. Diesen erreichten wir nach einem kurzen, steilen Hike durch einen Wald voller Araukarien.
Ein Gletscher auf einem aktiven, brodelnden Vulkan. Schon verrückt! Offensichtlich sind die Vulkanwände gut gedämmt. 😉
Zurück am Van bekamen wir nach Einbruch der Dunkelheit noch eine exklusive „Feuershow“ vom Villarrica geboten.
Da kann man dann auch nachvollziehen, warum ein Aufstieg zum Kraterrand aktuell nicht möglich ist. Einfach der Wahnsinn, am Fuße eines aktiven Vulkans zu campen!
Obwohl uns die lange Wanderung ordentlich in den Knochen steckte, machten wir uns am nächsten Tag gleich auf zum nächsten Hike. Diesmal sollte es aber eine kürzere Tour werden, zum „Mirador Los Crateres“, einem Aussichtspunkt auf die diversen Vulkane in der Gegend. Da die Zufahrt zum Start der Wanderung sich aber leider als ausgewaschene Schotterpiste erwies, fiel die Wanderung dann etwas länger aus als ursprünglich geplant. Ab einem gewissen Punkt ging es ohne Allrad und Bodenfreiheit nicht mehr weiter. Selbst einige Standard-SUVs kapitulierten auf halber Strecke. Somit kamen wir am Schluss doch wieder auf über 12km, aber es lohnte sich.
Die Wanderung eröffnete noch mal neue Ausblicke auf den Villarrica, in der Ferne war der (ebenfalls noch aktive) Vulkan Llaima zu sehen und rund herum viele kleine und große, erloschene oder schlafende Vulkane.
Wir verbrachten eine weitere Nacht am Fuße des Villarrica, bevor es am nächsten Tag zurück nach Pucon ging. Dort gönnten wir unseren Beinen einen Tag Pause und schauten uns ein bisschen im Ort um. Komischerweise erkannten wir beide so gut wie nichts wieder. Scheinbar hat sich in dem Örtchen einiges getan seit 2015.
Mountainbike Tour zu den Ojos del Caburgua
Am nächsten Tag schwangen wir uns mal wieder auf die Mountainbikes und nahmen uns die Tour zu den „Ojos del Caburgua“ vor. Dahinter verbirgt sich eine Ansammlung natürlicher Pools, die von mehreren kleinen Wasserfällen gespeist werden. Diese Tour hatten wir 2015 auch schon gemacht, aber auch beim zweiten Mal lohnte sich der Besuch.
Wirklich unglaublich schön.
Zurück in Pucon erledigten wir einige praktische Dinge, bevor wir wieder nach Villarrica fuhren – in Pucon gab es nämlich keine freien Stellplätze und auf Bezahlparkplatz oder Campingplatz hatten wir keine Lust. In Villarrica standen wir direkt am See, konnten in Ruhe grillen und fanden dadurch zwei fellige Freunde, die uns Gesellschaft leisteten. 😊
Wanderung im Santuario El Cani
Nach einem Pausentag in Villarrica, ging es am 3. März schließlich ein Stückchen weiter, wieder vorbei an Pucon, zum „Santuario El Cani“. Das Santuario ist eine Art privater Naturpark, welches sich für den Natur- und Artenschutz in der Region einsetzt. Auf dem Gelände von „El Cani“ verläuft ein 10km langer Wanderweg, hinauf zu diversen Lagunen und dem Aussichtspunkt Melidekin, von wo aus man einen Blick auf die umliegenden Vulkane und Seen haben sollte.
Wir verbrachten eine Nacht auf dem Gelände des Santuarios und starteten von dort am nächsten Morgen, kurz nach Sonnenaufgang die Wanderung zum Aussichtspunkt auf 1.450m Höhe.
Die sehr engagierten Mitarbeiter des Santuarios hatten uns vorgewarnt: der Weg war sehr steil und sehr staubig. Das kannten wir ja schon, dennoch hatten es die ersten 4,5km mit ca. 650hm ganz schön in sich. Entgegen der Wettervorhersage war der Himmel bewölkt, aber nachdem die ersten Höhenmeter bewältigt waren, sahen wir endlich die Sonne.
Wir merkten, dass wir hier auf Privatgrund unterwegs waren, der gesamte Weg war sehr aufwändig und liebevoll gepflegt und mit selbstgebastelten Wegweisern ausgeschildert. Vor der Tour hatten wir eine ebenfalls selbst gestaltete Karte erhalten, die einem zu jedem Schild zusätzliche Informationen bot und zum Innehalten und bewussten Wahrnehmen der Umgebung einlud.
Es blieb steil, bis wir auf 1.300m an der Laguna Negra ankamen. Leider hatte sich der Himmel inzwischen wieder zugezogen, dennoch war der Anblick der dunklen Lagune und den umgebenden Araukarien schon sehr besonders.
Die umgestürzten und längst verwitterten Baumstämme, erinnerten uns stellenweise an Dinosaurierknochen.
Auf der Höhe gab es einen zusätzlichen kleinen Rundweg, der einen an sechs Lagunen vorbeiführte. In der Hoffnung das der Himmel später noch aufreißen würde, nahmen wir uns zunächst den Rundweg vor und legten eine Snackpause ein, bevor wir den letzten, steilen Kilometer zum Mirador hinaufstiegen.
Oben angekommen, hing leider immer noch eine dichte Wolkendecke auf ca. 2.000m über uns, aber zumindest der Blick nach unten war einigermaßen frei und wirklich umwerfend!
Nur die Vulkane blieben uns leider verborgen. Wir genossen den Ausblick und unsere obligatorischen Käsebrote, bevor es wieder retour zum Santuario ging.
Wanderung zum Cerro San Sebastian
Von dort aus suchten wir uns ein ruhiges Plätzchen an einem Fluß, wo wir den folgenden Samstag eher ruhig angehen ließen, und unsere Beine schonten. Denn eine weitere große Wanderung hatten wir noch auf dem Wunschzettel und der kommende Sonntag sollte der vorerst letzte, sonnige Tag sein.
Am Samstagabend machten wir uns also auf den Weg zum Nationalpark Huerquehue, von wo aus wir am nächsten Morgen früh zur Tageswanderung auf den Cerro San Sebastian starten wollten. Die Anfahrt war mal wieder abenteuerlich: eine steile und kurvenreiche Schotterpiste, die unseren Moby hier und da ins Rutschen brachte und uns den ein oder anderen Nerv kostete. Aber schließlich standen wir vor dem Eingang des Nationalparks. Dieser war eigentlich schon geschlossen, davor gab es aber keine Möglichkeit für uns zu parken, also schlichen wir uns (so gut wie man mit einem 3.5t Van eben schleichen kann) hinein und parkten in der hintersten Ecke des Wanderparkplatzes. Zum Glück war scheinbar kein Ranger mehr vor Ort, somit verbrachten wir noch einen ruhigen Abend am Ufer des Lago Tinquilco und eine noch ruhigere Nacht im Park.
Am nächsten Morgen ging es dann wieder kurz nach Sonnenaufgang los, denn vor uns lagen zwar nur 6,5km bis zum Gipfel, aber eben auch 1.200hm. Es war also abzusehen das es recht anstrengend, steil und heiß werden würde.
Der Weg führte wieder mal durch einen Wald voller Araukarien (nicht umsonst ist der Baum auch Namensgeber der Region) und bot schon im Aufstieg tolle Ausblicke.
Es stellte sich dann aber auch bald heraus, dass die Tour zurecht als schwierig eingestuft wurde. Es war nicht nur steil und mal wieder extrem trocken, dadurch staubig-sandig und rutschig, sondern wurde schließlich auch sehr technisch, als wir auf dem letzten Kilometer zum Ziel, über einen Felsgrat mit einigen wackeligen Steinen klettern mussten.
Aber all die Anstrengung war vergessen, als wir beide, als Erste an diesem Tag, auf dem Gipfel des San Sebastian ankamen und eine wolkenfreie Rundumsicht auf 8 Vulkangipfel und 14 Seen hatten.
Natur pur, soweit das Auge reicht. Traumhaft! Sogar der argentinische Vulkan Lanin, den wir vier Wochen vorher im gleichnamigen Park erwandert hatten, war von dort zu sehen.
Für uns definitiv die Highlight-Tour in der Region.
Nach dem nicht weniger anstrengenden Rückweg sprangen wir direkt so wie wir waren, in Unterwäsche und Wanderklamotten in den See! Herrlich erfrischend und so war auch schon mal der gröbste Dreck ab und landete nicht im Abwassertank des Vans. 😉
Zurück am Van schaute dann ein Ranger vorbei und ließ uns wissen, dass wir dort keinesfalls über Nacht stehen bleiben dürfen. Hatten wir natürlich auch nie vor… *räusper* Stattdessen ging es wieder zurück nach Pucon, wo aus dem eigentlich geplanten Restaurantbesuch nichts wurde und wir stattdessen mal wieder den Grill auspackten.
Die Wettervorhersage behielt recht, ab dem nächsten Tag zog sich der Himmel zu und es regnete mehr oder weniger durchgängig. Wir verzogen uns daher noch mal für zwei Tage an den Platz am See in Villarrica, bevor wir die Gegend, nach fast zwei Wochen, dann endgültig hinter uns ließen und Richtung Temuco weiterfuhren.
Regenpause in Temuco
Im ca. 2h entfernten Temuco gelang es uns, einen Gashändler zu finden, der unsere Gasflasche wieder auffüllen konnte, das war in Chile nämlich gar nicht so einfach, da hier in der Regel Gasflaschen immer getauscht werden und nicht aufgefüllt. Die Befüllung erfolgte dann auch unter fragwürdigen und vermutlich nicht besonders sicheren Umständen, aber es ging alles gut und Hauptsache wir haben wieder Gas.
Das Wetter war weiter unbeständig und regnerisch, somit suchten wir uns wieder einen abgelegenen Platz an einem Fluss, wo wir zwei weitere Tage aussaßen, Reiseberichte schrieben, Bilder sortierten, uns mit der deutschen Bürokratie beschäftigten und Streuner mit Leckerlies versorgten.
Wanderung zum Krater des Vulkan Sollipulli
Zum Wochenende sollte das Wetter aber besser werden, daher nahmen wir am Freitag unser nächstes Ziel in Angriff: das kleine Örtchen Melipeuco, am Rande des Naturreservats Villarrica (nicht zu verwechseln mit dem Nationalpark Villarrica). Im Naturreservat war frei stehen mal wieder schwierig, daher verschlug es uns ausnahmsweise auf einen kleinen Campingplatz. Dort waren wir die einzigen Gäste, daher fühlte es sich eher an, als würden wir bei Bekannten im Garten parken. Auch hier war wieder für tierische Gesellschaft gesorgt, die beiden Hunde der Besitzer ließen uns kaum aus den Augen und besonders einer von Beiden schien sich sehr über unsere Gesellschaft zu freuen.
Aber wir waren natürlich nicht nur zum Hunde streicheln hier, sondern wollten nach all den Wanderungen rund um Vulkane nun auch endlich mal auf einen Vulkan steigen und in einen Krater schauen. Der Krater des Sollipulli bot sich dafür an. Um zum Start der Wanderung zu kommen, benötigte man allerdings lt. Beschreibung ein Auto mit Allrad Antrieb und Bodenfreiheit. Glücklicherweise hatte der Besitzer des Campingplatzes sowas im Angebot und brachte uns die steilen und holprigen 6km hinauf zum Start des Trails.
Früh morgens starteten wir also die wieder nur 6.5km lange, aber selbstverständlich steile Tour zum Krater des Sollipulli. Zunächst ging es wieder durch einen Araukarien Wald, von dem aus aber schon bald die ersten Vulkankegel zu sehen waren.
Schließlich wurde die Landschaft immer karger und vulkanischer und wir liefen stetig hinauf, über knirschenden Vulkansand.
Als wir nach 2,5 Stunden den Kraterrand auf 2.200m Höhe erreichten, blieb uns mal wieder der Mund offenstehen. Vor uns lag ein Krater mit 4km Durchmesser, gefüllt mit einem bis zu 600m (!) dicken Gletscher.
So richtig konnte man das gar nicht erfassen und vermutlich werden auch die Bilder dem Anblick nicht gerecht. Es war der Wahnsinn! Und wieder mal waren wir die einzigen dort oben. Trotz eisigem Wind und viel zu dünner Bekleidung, hielten wir es fast eine Stunde dort aus, machten unzählige Fotos und genossen den Ausblick über den Krater und rüber zum Vulkan Llaima.
Der steile Abstieg war mal wieder eine rutschige Angelegenheit, sodass die Wanderstöcke zum Einsatz kamen. Der starke, kalte Wind tat sein Übriges, um uns aus dem Gleichgewicht zu bringen und wir wünschten uns beide, wir hätten diesmal lange Hosen angezogen. 😉
Zurück am Trailstart wurden wir wieder abgeholt und unser netter „Chauffeur“ ließ es sich nicht nehmen, uns noch den ein oder anderen versteckten Wasserfall entlang der Strecke zu zeigen.
Was die landschaftliche Vielfalt angeht, ist Chile wirklich schwer zu toppen!
Wir blieben eine weitere Nacht auf dem kleinen Campingplatz, bevor es am nächsten Tag wieder zurück Richtung Temuco ging.
Gerne hätten wir noch mindestens zwei weitere Wanderungen, rund um die Vulkane unternommen, allerdings war das Wetter mal wieder recht unbeständig und leider lässt sich Chile auch jede Wanderung und Eintritt in Nationalparks teuer bezahlen (auch ohne Guides). Und außerdem gab es weiter nördlich ja auch noch einiges zu entdecken.
Daher verabschiedeten wir uns nach zwei weiteren Tagen am Fluss bei Temuco endgültig vom wunderschönen Araukarien und den Vulkanen und begaben uns auf die Panamericana, gen Norden und ab ins Weingebiet von Chile.
Dazu dann demnächst mehr. 😊
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