Am 1. September ging es von Kroatien weiter nach Montenegro. Endlich hat geklappt, was die letzten zwei Jahre nicht hatte sein sollen.
Die Einreise verlief gewohnt problemlos, Ausweise, Fahrzeugpapiere und Impfzertifikate wurden kurz gecheckt und schon waren wir im sechsten Land auf dieser Reise angelangt.
Die Bucht von Kotor
Unser erster Stopp war Herceg Novi, ein kleiner Küstenort unweit der Grenze und „Eingang“ zur berühmten Bucht von Kotor. Wie überall an der Küste, muss man auch hier gut zu Fuß sein. Über hunderte von Stufen gelangt man durch enge Gassen, in die Altstadt und an die Uferpromenade des kleinen Orts.
Vorher gestaltete sich schon die Parkplatzsuche mit unserem rollenden Zuhause als abenteuerlich. Den vermeintlich großen Parkplatz den wir auf Google Maps ausfindig gemacht hatten, konnte man nur über eine sehr schmale und dafür sehr steile Straße erreichen. In Deutschland wäre das sicher eine Einbahnstraße, im Balkan natürlich nicht. Hier ist es eine Hauptverkehrsstraße, an der auch gerne mal links und rechts geparkt wird oder auch, wie in unserem Fall, einfach mal der Baustellentransporter der uns entgegen kam, anhielt, die Arbeiter sprangen von der Ladefläche und fingen an irgendwas auf der Straße zu bearbeiten. Und wir standen da, hinter uns inzwischen drei weitere PKWs. Wir versuchten zurückzusetzen, aber die PKWs hinter uns machten keine Anstalten auch nur einen Meter zurückzufahren. Stattdessen hupten alle mal. Vorbeifahren war aber auch nicht möglich.
Einige Sekunden vergingen, in denen wir erfolglos versuchten, nonverbal mit den Bauarbeitern Kontakt aufzunehmen, bis ein Mann vorbeilief und uns zu verstehen gab, dass wir einfach weiter fahren sollen. Wenn es zu eng wird, würde der Fahrer des anderen Transporters schon reagieren. Also wagten wir uns vorsichtig vorwärts, mit angelegten Außenspiegeln und ich behielt die Mauer zu meiner rechten Seite im Blick, die immer und immer näher kam. Irgendwann erbarmte sich einer der Arbeiter und half uns beim Manövrieren. Tatsächlich reagierte dann auch der Fahrer des Transporters und bewegte sein Gefährt auch ein wenig vom Fleck, sodass wir es tatsächlich, mit wenigen Millimeter Luft links und rechts, durch die Engstelle schafften. Willkommen in Montenegro, das fing ja gut an. Wir lernten hier schnell das Rücksicht im Straßenverkehr eher unbekannt ist. Es grenzt fast an ein Wunder, dass wir es unfall- und kratzerfrei durch das Land geschafft haben.
Nachdem wir es dann doch zum Parkplatz geschafft hatten, schauten wir uns die Altstadt und Strände von Herceg Novi an, versorgten uns mit lokalem Internet (unschlagbare 500GB für 15€!) und versuchten an der Touri-Info schon mal ein paar Informationen für die kommenden Tage zu erhalten. Gar nicht so einfach, die Damen sprachen kaum Englisch und waren jetzt auch nicht übermäßig motiviert unsere Fragen zu beantworten. Leider war das ein Umstand, welcher uns in den drei Wochen in Montenegro noch öfters begegnen sollte…
Nach der Sightseeing-Tour durch den Ort, machten wir uns auf die Suche nach einem geeigneten Stellplatz für die Nacht. Da es an der Küste nichts gab, zog es uns hoch in die Berge, mit der Hoffnung auf einen schönen, ruhigen Platz mit Aussicht. Die Straße war auch wieder mal abenteuerlich und wurde schnell wieder einspurig, steil, holprig und kurvig. Und: vielbefahren. Bei Gegenverkehr musste meist einer zurücksetzen und eine Ausweichbucht finden, da an den meisten Stellen wirklich keine zwei PKWs aneinander vorbeifahren konnten. Aber wie so oft lohnt es sich dafür umso mehr. Oben angekommen fanden wir einen Stellplatz nahe einer Ruine, von wo aus ein kleiner Wanderpfad zu einer Kirche los ging. Kurzentschlossen folgten wir dem Pfad und wurden mit einer wirklich spektakulären Aussicht auf die Bucht von Kotor belohnt:
Damit hatten wir gleich am ersten Tag in Montenegro nicht gerechnet. Allein dafür hat sich die anstrengende Fahrt definitiv gelohnt. Als wir später beim Abendessen vorm Van saßen, stellten wir dann aber überrascht fest, dass über diese enge Straße sogar Mülllaster fuhren, da anscheinend die lokale Müllkippe irgendwo hier oben in den Bergen war. Ein Glück war uns keiner der LKWs auf der Straße entgegengekommen, dann hätten wir wirklich komplett zurücksetzen müssen.
Am nächsten Morgen gingen wir strategisch vor und warteten ab, bis einer der leeren LKWs zurückfuhr und hängten uns kurzerhand an ihn dran. So kamen wir ohne große Manöver zurück an die Küste und schauten uns zunächst das Dorf Perast an.
Dieser charmante kleine Ort hat nur eine Hauptstraße, die gleichzeitig die Promenade ist. Aus irgendeinem Grund gibt es hier gleich 16 Kirchen. Die Hauptattraktion sind zwei kleine, vorgelagerte Inseln, zu denen man sich mit einem Taxiboot bringen lassen kann. Auf einer der Inseln steht ein kleines Kloster, dieses darf man aber nicht betreten. Wir begnügten uns mit einem Blick vom Land aus und fuhren nach einem kurzen Spaziergang weiter nach Kotor, der wohl bekanntesten Stadt an der Küste, quasi das Dubrovnik von Montenegro.
Auch in Kotor gibt es wieder eine wunderschöne Altstadt in der viele Restaurants, Cafés und Geschäfte die zahlreichen Besucher anlocken. Das Highlight ist die Festung und Stadtmauer, welche über der Altstadt thronen. Diese zu besichtigen ist zum Glück nicht annähernd so teuer wie in Dubrovnik, daher investierten wir die 8€ pro Person. Dann kam der anstrengende Teil. Wie überall ist es auch in Kotor sehr steil, um zur Festung zu gelangen, muss man 1.340 Stufen überwinden. In der prallen Sonne ging es also immer steil bergauf. Belohnt wurden wir mit dieser großartigen Aussicht über die Bucht von Kotor:
Zurück auf Meeresspiegelhöhe erledigten wir noch ein paar Besorgungen und steuerten dann die vorgelagerte Halbinsel Lustica an. Hier fanden wir einen abgelegenen Stellplatz auf einem Hügel mit einer kleinen Kapelle und schöner Aussicht auf den Lovcen Nationalpark auf der einen Seite, und zum Meer auf der anderen Seite. Uns gefiel es so gut, dass wir für drei Tage und Nächte blieben. Wir nutzten die Zeit mal wieder für den Blog, machten einen Radausflug zum nahegelegenen Strand von Miriste und genossen ansonsten einfach die Ruhe und Aussicht.
Weiter entlang der Küste
Am Sonntag den 5. September wollten wir dann eigentlich weiter und uns als nächstes die ehemalige Hauptstadt Cetinje anschauen, welche auch der Zugangspunkt zum Lovcen Nationalpark ist, der ebenfalls auf unserer Reiseliste stand. Allerdings kamen uns hier die Ausschreitungen aufgrund der Inthronisierung des neuen serbisch-orthodoxen Kirchenoberhaupts dazwischen, welche bereits am 4. September begannen und dazu führten, dass alle Zufahrten rund um Cetinje abgesperrt wurden. Daher änderten wir unsere Routenpläne mal wieder und fuhren zunächst die gesamte Küste von Montenegro ab.
Einen ersten kurzen Fotostopp legten wir bei Sveti Stefan (Heiliger Stefan) ein. Hierbei handelt es sich um eine wirklich sehr kleine, vorgelagerte Insel, welche über eine schmale Brücke mit dem Festland verbunden ist. Die aus dem 15. Jahrhundert stammenden Steinhäuser auf der Insel, gehören allerdings inzwischen zu einem Luxusresort und man kommt nur als Gast ebendieses auf die Insel.
Wir begnügten uns daher wieder mit dem Blick aus der Ferne und fuhren weiter in den Ort Bar, wo wir uns nach dem Mittagessen wieder mal die Altstadt anschauten. Auch die war wieder sehr nett und schön anzusehen, aber so langsam haben wir wirklich viele Altstädte gesehen und sind daher vermutlich schon etwas abgestumpft.
Letzter Stopp des Tages war die Stadt Ulcinj. Von dort aus ist es schon gar nicht mehr weit bis Albanien. Man merkt auch schon den albanischen Einfluss, es gibt viel mehr Moscheen und muslimische Mitbürger als in den anderen Küstenorten in Montenegro. Zu unserer Überraschung scheint die Stadt aber auch das Partymekka zu sein, entlang der Strandpromenade reihte sich eine große und hippe Outdoor-Bar an die nächste. Überall standen riesige Lautsprecher bereit, um den gesamten Ort mit Musik zu beschallen.
Es gibt aber auch ruhigere Strände rund um Ulcinj, einen von diesen steuerten wir an. Der Besitzer einer kleinen Strandbar erlaubt uns direkt an „seinem“ Strand über Nacht zu stehen und wir hatten daher mal wieder einen schönen Abend und ruhige Nacht direkt am Meer. Wie es sich gehört, begann der nächste Morgen mit einem Sprung ins Wasser.
Weiter in die Nationalparks
Danach nahmen wir Kurs auf den Lake Skadar Nationalpark. Zweidrittel des Skadarsee liegen in Montenegro, das andere Drittel bereits in Albanien. Wir hofften rund um den Park ein bisschen wandern oder Mountainbike fahren zu können, aber als wir in einer der Touri-Infos am Rande des Parks nachfragten, konnte man uns dort nur die Bootstour zur Vogelbeobachtung empfehlen. Wandern und Radfahren könnten wir natürlich auch gerne, aber nur auf der normalen Autostraße. Äh ja… dann halt nicht. Zum Glück hatte mir meine ehemalige Arbeitskollegin und gebürtige Montenegrinerin Milena einen Aussichtspunkt im Nationalpark empfohlen, der sonst komischerweise nirgends erwähnt wurde. Über eine enge Serpentinenstraße (mal wieder) gelangten wir zu diesem schönen Ausblick:
Da es sonst für uns rund um den Skadarsee nicht mehr viel zu sehen und erleben gab, zog es uns wieder zurück Richtung Lovcen Nationalpark. Die Straßen rund um den Park und Cetinje waren nach den Ausschreitungen wieder freigegeben, so suchten wir uns einen schönen Stellplatz im Park, um am nächsten Tag endlich eine Wanderung machen zu können.
Auch das gestaltete sich wieder etwas schwieriger als gedacht. Auf der Website des Parks hatten wir drei Wanderungen gefunden, von denen wir uns eine ausgesucht hatten. Trotzdem steuerten wir am nächsten Morgen erst noch mal die Besucherinfo im Park an, um vielleicht eine Wanderkarte o. ä. zu erhalten. Die junge Dame dort kannte nur eine einzige Wanderung im Park und schaute uns mit großen Augen an, als wir ihr die anderen Touren von ihrer Website zeigten. Auch ein zu Rate gerufener Parkranger konnte nicht helfen. Den Aussichtspunkt den wir erwandern wollten, liegt nahe der Hauptstraße und wir sollten doch lieber mit dem Auto hinfahren, das wäre doch auch viel angenehmer als zu wandern. Naja gut, anscheinend sind die Montenegriner keine großen Wanderfreunde. 😉
Nachdem alle vorhandenen Landkarten keine brauchbaren Routen für uns offenbarten, beschlossen wir eben doch die eine bekannte Wanderung im Park zu machen, den sogenannten „Wolf Trail“. Zumindest gab es noch die Option von der Tour aus einen kleinen Abstecher auf den Gipfel des Babina Glava zu machen.
Der Wolf Trail selbst ging hauptsächlich durch den Wald, zwischendurch hatte man mal kurz Aussicht auf den Mt. Lovcen, dem Montenegro (übersetzt: Schwarzer Berg) angeblich seinen Namen verdankt, obwohl der Lovcen alles andere als schwarz ist:
Der kurze, steile Abstecher zum Babina Glava hat sich da schon eher gelohnt. Von dort hatte man mal wieder eine tolle Aussicht auf die Bucht von Kotor und auf der anderen Seite konnte man sogar Sveti Stefan in der Ferne erahnen.
Nach einer Stärkung ging es dann wieder zurück auf den Wolf Trail und durch ein kleines Dörfchen zurück zum Ausgangspunkt unserer Wanderung.
Mit dem Van steuerten wir dann noch den Kuk Viewpoint an, für weitere Aussichten auf Kotor und nahmen uns dann noch die sogenannte „Road of Kotor“ vor. Diese 17km lange Verbindungsstraße vom Nationalpark zur Küste ist bekannt für ihre spektakuläre Aussicht und vor allem die 25 Haarnadelkurven, durch die man sich schlängeln muss. Die Straße ist natürlich wie immer sehr schmal und steil und bei Gegenverkehr muss man die Luft anhalten oder auch mal zurücksetzen. Und mal wieder stellten wir überrascht fest, dass hier dennoch auch LKWs und Reisebusse durchknattern…
Überhaupt scheinen die Locals die Straße auch gerne als Rennstrecke zu nutzen. Als wir später wieder hochfuhren, um zu unserem Stellplatz im Nationalpark zu gelangen, kam uns ein alter Clio „entgegengeflogen“. Dank einer Vollbremsung, kam er schlitternd und mit blockierenden Reifen nur knapp vor uns zum stehen. Der Fahrer des Clios schien aber völlig unbeeindruckt. Er knallte den Rückwärtsgang rein und fuhr fast genauso schnell wie er uns vorwärts entgegen kam, wieder mehrere hundert Meter zurück zur nächsten Ausweichbucht, um uns passieren zu lassen. In Montenegro wird einem definitiv nie langweilig im Straßenverkehr.
Nach einer weiteren Nacht im Nationalpark, verbrachten wir am 8. September einen entspannten Hochzeitstag in Cetinje, wo wir uns u.a. das History Museum von Montenegro anschauten. Hauptsächlich interessierte uns hier wieder der Teil zur jüngeren Geschichte und dem Jugoslawienkrieg. Leider hat das Museum die beste Zeit wohl hinter sich, aber immerhin erhielten wir ein paar neue Informationen zur Landesgeschichte. Anschließend warfen wir noch einen Blick in das Kloster von Cetinje, wo von den Ausschreitungen ein paar Tage vorher glücklicherweise nichts mehr zu sehen war.
Für die Nacht hatten wir uns diesmal einen kleinen, einfachen Campingplatz im Hinterland ausgesucht, das Camp Oaza. Der Platz verfügte auch über ein einfaches Restaurant, mit einer schönen Aussichtsterrasse und Blick Richtung Skadar Nationalpark.
Von dort aus ging es für uns am nächsten Morgen weiter ins Landesinnere. Bevor wir die anderen Nationalparks ansteuerten, wollten wir uns noch das Kloster von Ostrog anschauen. Dieses ist nicht nur eines der wichtigsten Kloster für orthodoxe Christen, auch die Lage des Klosters ist sicher einzigartig: in über 900m Höhe wurde es ca. 1665 direkt in die Klippen des Zeta Valleys gebaut.
Die Anfahrt zum Kloster erfolgte, wie sollte es auch anders sein, mal wieder über eine schmale, steile und kurvenreiche Straße. Als wir dort ankamen, lief gerade eine Messe. Es herrschte eine ganz besondere Atmosphäre, die einen auch als nicht religiöser und gläubiger Mensch sofort einnimmt.
Im Gegensatz zu anderen Klöstern kann man sich hier sehr frei bewegen und fast alle Räumlichkeiten besichtigen. Im Inneren sind Wände und Decken farbenreich bemalt, die Felswände sind mit in die Räume integriert, was es noch mal faszinierender macht. In den halboffenen Bereichen schmücken bunte Steinmosaik-Bilder die Wände. Wirklich ein besonderer Ort.
Da es inzwischen schon nach 18 Uhr war, fuhren wir nicht mehr weit, sondern wählten mal wieder einen eher praktischen Parkplatz, etwas unterhalb des Klosters, von wo aus wir uns am nächsten Morgen auf Richtung Durmitor Nationalpark, im Norden von Montenegro, machten. Endlich ging es wieder richtig in die Berge!
Dazu dann demnächst mehr im zweiten Teil zu unserem dreiwöchigen Roadtrip durch Montenegro.