Teil 28 (und der vorerst letzte Teil) unseres Roadtrips durch Mexiko
5. – 26. märz 2025
Nachdem wir den südlichsten Punkt der Baja Halbinsel erreicht hatten und erstmal genug von Stränden hatten, starteten wir unsere Reise zurück in den Norden und bogen zur Abwechslung mal wieder ins Landesinnere ab.
Cascada Sol de Mayo
Ich war zufällig auf einen kleinen Wasserfall, den sogenannten „Sol de Mayo“, im sonst so kargen, wüstenhaften Hinterland gestoßen. Die Zufahrt über eine sandige Schotterpiste zu dem kleinen Naturpark, in dem sich der Wasserfall befindet, war mal wieder ein bisschen abenteuerlich. Schließlich kamen wir kurz nach Sonnenuntergang dort an und durften glücklicherweise auch direkt auf dem Parkplatz des Parks übernachten.
Als sich am nächsten Morgen die Sonne zeigte, machten wir uns sogleich auf den Weg zum Sol de Mayo und konnten erst gar nicht glauben, dass sich zwischen all den trockenen Büschen und Kakteen ein Fluss befinden soll. Aber schon nach wenigen Minuten sahen wir ihn.

Wir stiegen zum Becken hinab und standen wenig später vor dem etwa 20 Meter hohen Wasserfall, der sich in das kleine Becken inmitten riesiger Felsen ergoss. Natürlich mussten wir da sofort hineinspringen – auch wenn das Wasser doch recht frisch war.



Wenig später bemerkten wir jedoch, dass am Rand des natürlichen Beckens ein Greifvogel halb im Wasser hing und immer wieder versuchte, an den glatten Felsen hinaufzuklettern. Aus eigener Kraft schaffte er es jedoch nicht. Das arme Tier schien schon total entkräftet. Gemeinsam versuchten wir mit einem Ast dem Tier aus dem Wasser zu helfen, aber es gelang uns nicht, da es auch uns schwerfiel, im tiefen Wasser strampelnd das Gleichgewicht zu halten. Christian wagte aber noch einen Versuch mit einem zweiten Stock, womit es ihm schließlich gelang, den Vogel vor sich her balancierend, aus seiner misslichen Lage zu befreien. Dieser war inzwischen so schwach, dass er auch kaum noch zur Gegenwehr fähig war. Wir setzten ihn auf einen Stein in die Sonne, wo er erstmal erschöpft liegen blieb.



Mehr konnten wir erstmal nicht tun.
Wir liefen noch ein bisschen weiter den Flusslauf hinauf, wo sich oberhalb des Wasserfalls weitere natürliche Becken gebildet hatten, eingerahmt von Palmen. Eine richtige kleine Oase! Wir konnten sogar bis zur Kante des Wasserfalls klettern.




Nachdem wir uns dort auch noch mal erfrischt hatten, traten wir schließlich den Rückweg zum Van an, wo uns schon ein Mitarbeiter des Parks entgegenkam. Andere Gäste hatten ihm von dem Greifvogel berichtet, und wenig später kam er mit dem immer noch schwachen Tier zurück und erklärte uns, dass er vermutlich einen Flügel gebrochen hatte und er ihn jetzt zum Tierarzt bringen würde. Wir hoffen, der Kerl hat’s geschafft.
Playa El Tecolote
Wir verließen den Naturpark wieder und machten uns auf den Weg nach La Ventana – ein kleiner Ort an der Küste des Golfs von Kalifornien, von dem wir schon viel Gutes gehört hatten. Doch als wir dort ankamen, gefiel es uns so gar nicht.
Also zogen wir gleich weiter und nahmen mal wieder Kurs auf La Paz und den nahegelegenen Strand El Tecolote, der unter Overlandern zu den wohl bekanntesten Stränden auf der Baja gehört. So war es dann auch wenig überraschend, dass dort schon dutzende Vans, Trucks, Busse und RVs standen, als wir ankamen. Der Strand ist allerdings gut fünf Kilometer lang, daher war es nicht schwierig, noch ein geräumiges Plätzchen für uns zu finden.

Wir blieben zwei Tage dort und genossen die türkisblaue Aussicht und schöne Sonnenuntergänge, packten mal wieder den Grill aus und nutzten den langen Strand für ein bisschen sportliche Betätigung.






Dann holte uns wieder der Wind ein, der uns den Sand um die Ohren blies. Also wurde es wieder Zeit zu gehen.
Playa Balandra
Weit kamen wir aber nicht, denn gleich neben El Tecolote liegt der Playa Balandra, der als der schönste Strand Mexikos gehandelt wird. Daher ist die Besucherzahl hier auch auf 450 Personen pro Tag beschränkt und man muss Eintritt zahlen. Auf sowas hatten wir natürlich gar keine Lust. Außerdem hätte auch dieser Strand bei dem starken Wind keinen Spaß gemacht. Also entschieden wir uns für die kostenlose und sportliche Variante um den Strand zu sehen – eine kleine Wanderung entlang der Klippen.
Oben angekommen, wehte uns der Wind zwar fast aus den Schuhen, aber die Aussicht auf die Bucht war wirklich einmalig schön.


Da kann man schon verstehen, dass der Zugang zum Strand limitiert werden musste. Wir können uns lebhaft vorstellen, wie es dort sonst zugehen würde.

La Paz – ein letztes Mal
Nach der kleinen Wanderung legten wir noch ein letztes Mal einen Stopp in La Paz ein – die Stadt gefällt uns einfach.
Wir verbrachten dort noch mal drei entspannte Tage, gönnten uns guten Kaffee, die besten Baja Fish Tacos, leckere Pizza, die ein oder andere Happy Hour und spazierten bzw. joggten zum hundertsten Mal den Malecón entlang.








Zum Abschluss gab es für Moby Dick noch mal eine gründliche Reinigung und dann verabschiedeten wir uns erstmal endgültig von La Paz und hoffen, im nächsten Winter noch mal herzukommen. 🤞
Tabor Canyon
Erneut bogen wir ins Landesinnere ab, denn wir wollten auch endlich mal ein paar der Berge aus der Nähe sehen. Wir hatten uns den Tabor Canyon herausgesucht, eine Schlucht, durch die in der Regenzeit die Wassermassen durchrauschen müssen. Doch aktuell im März, war der gesamte Canyon furztrocken, sodass wir uns problemlos, über Steine hüpfend und kletternd, unseren Weg hineinbahnen konnten.


An der ein oder anderen Stelle konnte man anhand der ausgewaschenen Felsen sehen, dass dort normalerweise kleine Wasserfälle oder natürliche Pools vorhanden wären, doch wie schon gesagt – aktuell war alles ausgetrocknet.

Einige Passagen im Canyon waren mit Seilen und Ketten gesichert, an denen man sich langhangeln musste, was stellenweise gar nicht so ohne war. Auch mussten wir immer wieder mal durch Felslöcher hindurchkriechen, und morschen Holzstämmen unser Gewicht anvertrauen, um weiter hinaufzukommen.





Schließlich erreichten wir einen großen Felsen, wo das mit dem Klettern nicht mehr so einfach war. Zudem wurden die Hilfskonstruktionen immer fragwürdiger, die Seile dünner und die Hölzer morscher. Da ungesichert bergab klettern, über Vorsprünge hinweg, ohnehin nicht so meins ist, wagte sich Christian noch ein Stück alleine vor und tauchte irgendwann auf dem Felsen über mir auf.

Von dort aus ging es dann gemeinsam wieder retour zum Van. Da es am Rande des Canyons absolut einsam und ruhig war, beschlossen wir den Nachmittag und die Nacht dort zu verbringen und hatten die mit Abstand ruhigste Nacht seit langem.

Playa El Requeson – nochmal
Am nächsten Tag nahmen wir dann Kurs auf unseren persönlichen Lieblingsstrand auf der Baja, den Playa el Requeson, wo wir ja schon mal ein paar Tage verbracht hatten.




Wir trafen auch diesmal wieder auf viele nette Reisende, unter anderem auch zwei (unabhängig voneinander) Alleinreisende Frauen aus Kanada und den USA. Beide lebten mal für einige Jahre in Deutschland und daher sprachen sie noch sehr gut Deutsch.
Unsere kanadische Nachbarin Gianette gab später noch ein kleines Konzert für uns – sie hat nämlich den Ausbau ihres Vans rund um ihre riesige Harfe gestalten lassen. Mit diesem Van ist sie während der Pandemie, als alle kulturellen Veranstaltungen ausfielen, durch Kanada gereist. Mit ihrem Projekt „Harp 2 Heart“ hat sie ihre Musik unter die Menschen gebracht, zum Beispiel vor Krankenhäusern oder Pflegeheimen. Was es nicht alles gibt!
Wir blieben wieder zwei Tage in El Requeson, bis uns auch hier wieder der Wind einholte und uns weitertrieb.
Mulegé
Unseren nächsten Stopp legten wir in Mulegé ein, der Ort, vor dem wir auf dem Weg in den Süden unseren Unfall hatten. Aufgrund dessen hatten wir uns den kleinen Ort damals gar nicht angeschaut, was wir jetzt nachholten.
Allzu viel gab es aber nicht zu sehen, dafür mal wieder ein paar Fish Tacos – das musste ausgenutzt werden.



Wir bezogen wieder ein Plätzchen in der Nähe des Leuchtturms, wo wir am Strand viele Überreste der Fischer fanden – jede Menge skelettierte Rochenarten. Interessant und gruselig zugleich.





Als ich morgens noch mal kurz ins Wasser springen wollte, schwammen die Tiere auch alle um mich herum, was mir ehrlich gesagt nicht so ganz geheuer war.
Guerrero Negro & Bahia de los Angeles
Ein halber Fahrtag brachte uns anschließend hinauf nach Guerrero Negro, wo wir bei unserem ersten Besuch die Grauwaltour gemacht hatten. Wir überlegten lange hin und her, ob wir noch eine Tour machen sollten. Aber die Wettervorhersage brachte nach wie vor viel Wind mit sich und bei diesen Windstärken in einer Nussschale zu sitzen, war dann doch nicht so verlockend. Somit ließen wir es bleiben und sparten uns das Geld, bzw. investierten es (schon wieder) in Fish Tacos und frische Austern. 😋
Nach einer nicht ganz so erholsamen Nacht im Ort beschlossen wir am nächsten Morgen noch einen letzten Abstecher zum Golf von Kalifornien zu machen. Auf dem Weg in den Süden hatten wir die Bahia de los Angeles wegen starker Stürme ausgelassen. Diesmal war die Wettervorhersage für die Ecke besser und wir fuhren mal wieder durch endlose Kakteenlandschaften, bis wir wieder das Meer vor der Nase hatten.


Angekommen in der Bucht La Gringa, fuhren wir uns erstmal kurz im weichen Kies fest, standen dann aber in dieser wunderschönen Kulisse.



Hier oben im Norden der Baja war es noch merklich kühler als im Süden, und der Sprung ins Meer kostete schon ein bisschen Überwindung.

In der Ferne beobachteten wir Pelikane bei der Jagd und morgens kamen auch mal wieder ein paar Delfine vorbei. Nur die Wale, von denen uns Mitcamper berichtet hatten, zeigten sich uns diesmal nicht.
In der zweiten Nacht wurden wir gegen 4 Uhr vom Schaukeln unseres Vans geweckt, der Wind hatte, mal wieder, angezogen und schien auch bleiben zu wollen. Also verließen wir auch dieses schöne Fleckchen Erde schon wieder und machten uns auf in die Kakteen.
Kaktus Wonderland
Der Highway 1 führte uns durch die schier endlose Wüstenlandschaft, für die die Baja so bekannt ist. Wir wollten jetzt auch endlich mal mittenrein und fanden tatsächlich auch einen schönen Stellplatz, inmitten der riesigen Saguaro Kakteenbäume.

Diese Kaktusart kann bis zu 20 Meter hoch und bis zu 200 Jahre alt werden. In den ersten 10 Jahren wachsen sie aber nur 2-3 Zentimeter pro Jahr. Die ersten Verzweigungen bekommen sie nach ca. 50-70 Jahren. Man kann sich also vorstellen, wie lange einige dieser Exemplare schon hier rumstehen müssen.






Wir waren völlig fasziniert von den verschiedenen Kaktusarten und den Cirio Bäumen.






Auch hier verbrachten wir wieder eine vollkommen einsame und ruhige Nacht unter sternenklarem Himmel, bevor wir uns dann am nächsten Morgen weiter in den Norden vorwagten und ab in die Berge – diesmal aber richtig.
Nationalpark San Pedro Martir
Wer hätte gedacht, dass es auf der Baja einen über 3.000 Meter hohen Berg gibt – wir jedenfalls nicht, bevor wir uns damit beschäftigt hatten. Der 3.096 Meter hohe Picacho del Diablo liegt im San Pedro Martir Nationalpark und kann leider nur in einer Mehrtagestour erklettert werden. Also leider nichts für uns. Aber rundherum gibt es einige spannende Wanderungen, die wir uns natürlich nicht entgehen lassen wollten.
Über eine 100 km lange schmale Straße schlängelten wir uns hinauf auf 2.500 m und trauten unseren Augen kaum. Nicht nur, weil plötzlich alles um uns herum grün war und wir endlich mal wieder richtige Bäume sahen, sondern vor allem, weil da plötzlich Schnee links und rechts der Straße lag.



Schnee auf der Baja!!! Damit hatten wir nun wirklich nicht gerechnet. Als wir am Visitor Center ankamen, war dies nahezu noch eingeschneit und alle Mitarbeiter dick eingepackt, während wir in kurzen Sachen aus dem Auto sprangen (und das schnell bereuten). Unglaublich!
Wir bekamen dennoch alle nötigen Infos und zahlten schon mal unseren Eintritt in den Park. Dann fuhren wir aber doch wieder ein paar Kilometer hinab, um einen geschützten Stellplatz zu finden – hier oben sollte es nämlich in der Nacht Minusgrade haben – worauf wir keine Lust hatten.
Sobald sich am nächsten Tag die Sonne zeigte, machten wir uns auf den Weg zum Trailhead, um zum Mirador auf den Picacho zu laufen. Bei -1 Grad marschierten wir dick eingepackt los. Es wurde aber schnell warm, da es steil hinauf ging.

Es dauerte nicht lange, bis wir auf noch mehr Schnee trafen, was wir immer noch unglaublich fanden.



Ansonsten war es einfach schön, mal wieder frische, „grüne“ Luft zu atmen, statt staubiger Wüstenluft bzw. salziger Meeresluft. Es roch intensiv nach Nadelbäumen und uns fiel beiden auf, wie sehr wir doch solche Landschaften vermisst haben. Schon verrückt.


Schließlich erreichten wir den ersten Mirador, der den Blick hinunter auf den Golf von Kalifornien freigab.


Nur ein paar hundert Meter weiter standen wir schließlich auf 2.765 m und schauten auf den nochmal 300 Meter höheren Picacho.

Was für eine schöne Abwechslung nach all den Traumstränden und Kakteen.



Zurück am Van brachten wir uns und ihn wieder auf Vordermann und dann ging es auch schon wieder weiter. So langsam wollten wir in die USA, aber es gab noch ein kleines Highlight, das da auf der Baja auf uns wartete: die Weinregion.
Valle de Guadalupe
Abends erreichten wir die Stadt Ensenada, an der Pazifikküste. Statt schön in der Natur, standen wir hier mal wieder auf einem Parkplatz einer Mall, von wo aus wir am nächsten Morgen in die Weinberge aufbrachen, das Valle de Guadalupe.
Unseren ersten Stopp legten wir beim Weingut Magoni ein, wo wir unter einem riesigen Baum 6 sehr gute Weine verköstigen durften, begleitet mit einer lokalen Käseplatte. Na, das war doch mal wieder genau unser Ding!


Wir fühlten uns fast ein bisschen wie in Italien, da hier auch viele italienische Rebsorten angebaut werden.
Nach einer kurzen Ausnüchterungspause auf dem Parkplatz besuchten wir noch am selben Nachmittag das Weingut L.A. Cetto, welches das größte Weingut des Landes ist. Aufgrund dessen hatten wir uns schon auf Massenabfertigung eingestellt, aber ganz im Gegenteil: Wir bekamen eine private Verkostung und lernten schließlich noch Ricardo kennen, einen Mitarbeiter des Unternehmens der sich selbst Deutsch beigebracht hat (neben 6 weiteren Sprachen) und daher gerne ein Schwätzchen halten wollte.
Kurzerhand lud er uns für den nächsten Morgen zu einer privaten Tour durch das Weingut ein, damit er sein Deutsch üben könne. Da sagten wir natürlich gerne zu. Wir durften auch direkt auf dem Weingut übernachten, was umso praktischer war.
Um 10 Uhr morgens bekamen wir also eine Tour durch den Weinkeller und die Produktion und zum Abschluss durften wir noch den Hauseigenen Grappa und „Champagner“ probieren. Na, da fing der Tag ja schon gut an!





Gegen Mittag zogen wir dann weiter und besuchten noch ein letztes, ganz kleines Weingut, Solar Fortun. Dieses lag etwas versteckt in den Bergen, und wir hatten uns vorab erkundigt, ob wir denn mit dem Van dorthin kommen würden, da nur eine Erdpiste dorthin führte. Man versicherte uns, das sei kein Problem – aber das war es am Ende doch. Die Piste wurde immer ausgewaschener und steiler und uns irgendwann zu wild. Wir riefen kurz im Weingut an, um Bescheid zu sagen, dass wir nicht kommen würden. Das wurde aber nicht akzeptiert – wir sollten unseren Van stehen lassen und kurz warten, sie würden uns abholen. Keine 5 Minuten später stand einer der Köche mit seinem Privatwagen (ein Allrad) neben uns, lud uns ein und brachte uns direkt zum Weingut. Das ist mal Service. Wir probierten also ein paar weitere Weine und bekamen noch ein hervorragendes Mittagessen dazu serviert, inmitten der (leider noch kahlen) Weinreben.


Wir wurden natürlich auch wieder zurück chauffiert und bezogen dann ein Plätzchen, irgendwo im Valle.


Tijuana
Von dort ging es am nächsten Morgen auf zu unserem letzten Ziel in Mexiko: der Grenzstadt Tijuana.
Tijuana gilt als die gefährlichste Stadt des Landes. Hier ist der größte Grenzübergang zu den USA und tagtäglich wechseln hunderttausende Menschen das Land, bzw. daran scheitern und bleiben zurück. Dies bringt eine extrem hohe Obdachlosenquote und damit verbunden auch eine hohe Kriminalitäts- und Mordrate mit sich. Zudem sind Drogen hier ein großes Problem – sowohl der Umschlag von Drogen als auch deren Konsum.
Also kein Ort, an dem man länger verweilen möchte.
Was wir uns aber anschauen wollten, war der Grenzzaun, der hier bis in den Pazifik hineinverläuft, um Menschen daran zu hindern, über die Grenze zu schwimmen, o.ä. Vor diesem Zaun zu stehen, war schon ein mulmiges Gefühl.

Für die lokalen Mexikaner war dies natürlich alles total normal. Auf mexikanischer Seite herrschte das übliche Sonntagstreiben: in den Restaurants und Strandbuden spielte laute Musik, überall wurde was gebruzzelt und verkauft, Kinder liefen laut schreiend und spielend umher und mittendrin jede Menge streunende Hunde. Also der ganz normale Wahnsinn.

Schaute man durch den Zaun auf die US-amerikanische Seite, sah man nichts, außer einem Fahrzeug der Borderpatrol. Drehte man sich herum und schaute Richtung Landesinnere, sah man, wie der Grenzzaun noch kilometerweit ins Land hineinverlief. Schon verrückt.



Auf dem Weg in die Innenstadt zeigte Tijuana dann seine andere Seite. Wir kamen an schier endlosen „Baracken-Siedlungen“ vorbei, wo sich Menschen aus einfachsten Mitteln wie Planen, Kartons oder Latten „Häuser“ gebaut hatten, einfach am Straßenrand. Drumherum Dreck und Müll, wo man nur hinsah.
Als wir langsam in die Stadt vordrangen, erwarteten uns wilde Müllberge, in denen völlig verwahrloste Hunde, zusammen mit gleichermaßen verwahrlosten Menschen nach essbarem oder anderweitig brauchbarem wühlten. Es war wirklich erschreckend. Manche Menschen standen eindeutig unter dem Einfluss irgendwelcher Substanzen, einige liefen nackt durch die Straßen. Sowas hatten wir bis dato noch nicht gesehen (außer vielleicht in Manila).
Daran, hier irgendwo zu parken und zu übernachten, wollte ich nicht mal denken. Die bewachten Parkplätze, die wir vorab herausgesucht hatten, waren auch allesamt nicht schön und kamen uns auch nicht sicher vor. So suchten wir recht lange, bis wir schließlich an einem kleinen Park doch noch fündig wurden und uns dort trauten zu übernachten – was letztendlich auch kein Problem war.
Am nächsten Morgen fuhren wir in den neuen Teil der Innenstadt, der hauptsächlich aus (relativ) neuen Shoppingmalls und amerikanischen Fast-Food-Ketten bestand. Hier ging es deutlich ordentlicher zu als im anderen Teil der Stadt, aber trotzdem nichts, wo man bleiben möchte.
Wir hatten ein paar Dinge zu erledigen, z. B. endlich den Scheck von der Versicherung abholen, für unseren Unfall zwei Monate zuvor. Diesen mussten wir dann noch bei der Bank einlösen, was auch einiges an Zeit in Anspruch nahm.
Dann machten wir uns auf den Weg in eine Werkstatt – bevor es in die USA ging, wollten wir den Van noch mal durchchecken lassen, da in den USA alles etwas schwieriger und vor allem viel teurer wird. Zum Glück fand der Mechaniker nichts, außer einem defekten Ölsensor, der aber nicht dringend zu machen war.
Tecate
Statt dann noch länger in der hässlichen Stadt zu bleiben, fuhren wir ins 45 Minuten entfernte Tecate, eine weitere Grenzstadt, wo es aber wesentlich beschaulicher zugeht als in Tijuana. Hier fühlten wir uns deutlich besser aufgehoben und wir hatten uns ohnehin diesen kleinen Grenzübergang für unseren Weg in die USA ausgesucht.
Hier bekam Moby noch mal eine gründliche Reinigung, wir verkochten unsere restlichen frischen Lebensmittel, die man nicht in die USA einführen darf. Zu guter Letzt erkundeten wir noch einen kleinen Park, von dem aus wir schon mal rüber über den Zaun in die USA schauen konnten und auf lustige, kleine Steinhäuser trafen.




Am 26. März machten wir uns dann auf den Weg in die USA. Mexiko verabschiedete uns mit Regen – der erste Regen seit Monaten. Dadurch fiel uns der Abschied vielleicht etwas leichter. Wir cancelten unseren TIP für den Van, holten uns unseren Ausreisestempel und reihten uns dann in die Autoschlange entlang des Grenzzauns.


Nach wenigen Minuten standen wir vor dem ersten Grenzbeamten, der erstmal nur unser ESTA und die Pässe kontrollierte und uns dann zum Secondary schickte – da werden Fingerabdrücke genommen und ggf. das Fahrzeug überprüft. Alles Standardvorgehen.
Wir wurden von zwei netten Beamtinnen begrüßt, die unsere Fingerabdrücke nahmen und dabei Smalltalk hielten: wo wir hin wollen, was wir vorhaben, wie uns Mexiko gefallen hat, wie lange wir bleiben wollen, etc. Wir bekamen die gewünschten 90 Tage Aufenthalt (das Maximum wenn man mit ESTA reist) und schließlich warf eine der Beamtinnen noch einen flüchtigen Blick in den Van – fertig.
All die Geschichten, die wir vorher gehört hatten, mit strengen Kontrollen, Untersuchungen des Fahrzeugs, kritische Fragen, etc. Nichts davon war eingetroffen.
Wir passierten die letzte Schranke und standen dann, mit allen 4 Reifen, auf US-amerikanischem Boden. Crazy!

So endete nach insgesamt 431 Tagen und Nächten unsere Zeit in Mexiko. Irgendwann habe ich mal gesagt, dass ich gerne ein ganzes Jahr hätte, um Mexiko zu bereisen. Dass dies wirklich klappen würde, hätte ich zu dem Zeitpunkt niemals gedacht.
Von den 31 existierenden Bundesstaaten haben wir tatsächlich 27 bereist. Und was wir dort alles erlebt und gesehen haben, auch das hätte ich bzw. wir uns niemals vorstellen können. Was für ein Wahnsinns-Land, mit tollen Menschen und noch beeindruckender Natur.
Jetzt waren wir aber auch bereit für Neues und schon gespannt, was die USA alles für uns bereithalten werden. Ich kann schon mal vorwegnehmen, dass wir beide einen kleinen Kulturschock erlitten.
Aber dazu dann demnächst mehr. 😊
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