Teil 10 unseres Roadtrips durch die USA
16. – 21. Juni 2025
Washington (State)
Mt. Rainier Nationalpark
Es ging weiter durch Washington State. Am späten Nachmittag des 16. Juni erreichten wir die Grenze des Mt. Rainier Nationalparks. Auch der Mt. Rainier ist ein (schlafender, aber aktiver) Vulkan und mit knapp 4.400 Metern einer der höchsten Berge der Lower 48 (das bezeichnet die 48 Bundesstaaten der USA, die unterhalb von Kanada liegen).
Auch hier lag noch überall sehr viel überfrorener Schnee, sodass wir uns am nächsten Morgen in einem Outdoor-Shop erstmal mit Microspikes (also quasi Schneeketten für Schuhe) ausstatteten.
Der Mt. Rainier Nationalpark ist mit circa 957 km² riesig und hat verschiedene Abschnitte und Zugänge. Zum Zeitpunkt unseres Besuchs im Juni, war eine Hälfte des Parks noch geschlossen – genau, wegen Schnee. Das hier um diese Jahreszeit noch so viel von der weißen Pracht liegt, hatten wir nicht erwartet. Schließlich waren wir am Fuße des Berges nicht in besonders großen Höhen unterwegs. Aber Washington liegt eben schon recht weit im Norden.
Wir betraten den Park am südlichen Eingang, der sogenannten Paradise Section. Die Aussicht vom Mirror Lake auf den imposanten Mt. Rainier war allemal paradiesisch.


Wie immer bekamen wir im Visitor Center alle Infos, die wir brauchten, und so machten wir uns auf in den nordöstlichen Teil des Parks, der zwar teilweise noch wegen der Schneemassen gesperrt war, aber ein kleiner Teil war schon begehbar.
So erreichten wir die Sunrise Section, wo wir die Wanderschuhe schnürten und uns auf zum Glacier Basin machten. Der Mt. Rainier ist nämlich von 26 Gletschern umgeben.
Der Himmel hatte sich leider etwas zugezogen, dennoch waren die Aussichten auf die Berge, die umgebenden Wälder und Seen ziemlich beeindruckend. Und auch die Flussquerungen waren abenteuerlich.



Wir bahnten uns weiter unseren Weg nach oben, bis der Weg schließlich schneebedeckt und eisig war. Hier kamen dann gleich die neuen Microspikes zum Einsatz. Im Nachhinein frage ich mich, wie ich bisher ohne die Dinger leben konnte. Die helfen nämlich nicht nur bei Schnee und Eis dabei, dass man nicht wegrutscht, sondern auch auf allen anderen steilen und rutschigen Untergründen.




So meisterten wir die letzten 1,5 Kilometer bis zum Gletscher Becken ohne Probleme. Unterwegs trafen wir immer wieder auf Leute, die ihre Ski auf den Rücken geschnallt hatten. Mit Zweien kamen wir kurz ins Gespräch. Sie hatten eine dreitägige Backcountry Tour hinter sich, bei der man zu Fuß auf die Gletscher steigt, irgendwo zeltet, um dann mit den Skiern herunterzufahren. Ich bin ja (leider) kein Wintersportler, aber das klang ziemlich genial.

Am Gletscher Basin angekommen, sahen wir dann auch die Spuren der Skifahrer auf den Hängen.


Auch sonst war die Aussicht da oben, trotz Wolkendecke ziemlich genial, und ein dickes Murmeltier erwartete uns auch schon.

Schließlich lüfteten sich die Wolken für einen Moment, und wir konnten sogar die Spitze des Mt. Rainier erahnen.

Für die Nacht bezogen wir ausnahmsweise mal wieder einen Platz auf einem Campingplatz direkt im Nationalpark. Dieser war mit 20 USD überraschend günstig und schön im Wald gelegen.
Skyline Trail
Von dort hatten wir es am nächsten Morgen nicht weit zu unserer geplanten Wanderung. Doch zuerst bogen wir noch mal am Mirror Lake ab, der am frühen Morgen, bei totaler Windstille, seinem Namen alle Ehre machte.

Dann ging es weiter zum 9km langen Skyline Trail. Auch hier kamen unsere Schuh-Schneeketten wieder zum Einsatz, denn der Weg war vom ersten Moment an unter Schnee und Eis begraben. Aber wir hatten blauen Himmel und Sonnenschein, besser hätten die Bedingungen also nicht sein können. So gefällt sogar mir der „Winter“. Und kaum losgelaufen, saß da auch schon ein Murmelbär am Wegesrand und bestaunte mit uns den Mt. Rainier.

Unterwegs trafen wir noch auf Dutzende seiner Artgenossen, und ich kann mir nicht vorstellen, dass es ein noch süßeres Tier gibt (außer Seeotter vielleicht).




Wir bahnten uns stapfend und rutschend unseren Weg hinauf zum Panorama Point. Von dort aus war nicht nur der Rainier zum Greifen nahe, sondern wir hatten auch einen 360° Rundumblick auf die umliegenden Berge und Vulkane (inkl. des Mt. St. Helen in der Ferne).





Der Wahnsinn!
Die Rangerin hatte uns empfohlen, aufgrund der Schneemassen den gleichen Weg zurückzugehen, statt den eigentlichen Rundweg, den es hier im „Sommer“ gibt. Denn unter Schnee begraben, war der Trail schwierig zu finden. Wir verließen uns aber aufs GPS und Christians gut trainierten Hippocampus und bahnten uns den Weg weiter durch die Winterlandschaft.


Bergab kürzten wir an einigen Stellen etwas ab – die Schneepiste lud zum Rutschen ein. Ein großer Spaß!
Außerdem trafen wir auf weitere süße Gebirgsbewohner, die fleißig am futtern waren.



Irgendwann war der Spaß dann aber doch vorbei. Wir erreichten einen sehr steilen Hang. Der eigentliche Wanderweg, der den Hang hier gequert hätte, war nicht zu erkennen und der Hang viel zu steil und lang zum Rutschen (zumindest für meine Nerven). Man konnte ja nicht sehen, wo unter dem Schnee evtl. Felsen oder Furchen waren. Wir mussten uns also auf unsere Microspikes und Wanderstöcke verlassen, als wir uns nach und nach einen Weg quer zum Hang „freistapften“, was vermutlich gefährlicher war, als wir ahnten…
So kamen wir langsam, aber stetig voran, bis es dann sicher genug war, um den Rest abzurutschen.


Nach dem kurzen Adrenalinschub ging es dann noch ein Stück weiter, bis wir den Myrtle Wasserfall erreichten, der noch mal einen besonderen Blick auf den Rainier bot. Ein echtes Postkartenmotiv.

Was für eine geniale Wanderung! 🤍
Die Mittagspause mit Aussicht verbrachten wir wieder am Mirror Lake und dann verließen wir den Park schon wieder, denn wir wollten noch eine Wanderung außerhalb der Parkgrenzen machen.
High Rock Trail
Eine 9 Meilen lange, rumpelige und von Schlaglöchern übersäte Schotterpiste brachte uns zum Ausgangspunkt der Wanderung auf den High Rock. 2,5 Kilometer ging es steil bergauf durch den Wald, bis wir schließlich zum High Rock gelangten, der genau das ist: ein hoher Fels mitten im Wald. Von dem aus, bekamen wir noch mal einen besonderen Ausblick auf den Rainier und die umliegenden Wälder und Berge. Der Wahnsinn!





Der Stopp rund um den Mt. Rainier stellte sich für uns als ein unerwartetes und überraschendes Highlight auf diesem Trip heraus.
Seattle
Nun ging es aber aus der Natur raus und mal wieder rein in eine Großstadt: Seattle.
Als großer Greys Anatomy Fan (zumindest früher) kenne ich gefühlt jede Luftaufnahme aus der Stadt. Und so ließen wir es uns hier nicht nehmen, auf die Space Needle hochzufahren – einen 184 Meter hohen Aussichtsturm, der im Rahmen der 1962 stattfindenden Weltausstellung gebaut wurde und bis heute das Wahrzeichen der Stadt ist.


Oben angekommen, hatte man natürlich einen fantastischen Ausblick auf die Stadt, den Puget Sound (das Gewässer vor der Stadt), die Berge des naheliegenden Olympia Nationalparks und sogar den Mt. Rainier – wenn denn das Wetter mitspielt. In unserem Fall reichte es leider nicht, aber auch so konnte sich die Aussicht sehen lassen.




Ein Stockwerk tiefer lief man über einen sich drehenden Glasboden.

Zurück auf dem Boden ließen wir uns noch etwas durch die Stadt treiben und sahen von schicken Einkaufsmeilen bis hin zu Ecken voller Drogenjunkies mal wieder alles, was so eine amerikanische Großstadt eben zu bieten hat.
Eigentlich hatten wir geplant, abends noch ins Kino zu gehen – aber zwei Tickets, Getränke und eine Tüte Popcorn hätten hier umgerechnet stolze 75 € gekostet. Haha, crazy! Dann doch lieber Netflix im Bett.
Nach einer ruhigen Nacht mitten in der Stadt schlossen wir uns am nächsten Morgen einer Walking Tour durch die Stadt an. Zuerst ging es auf den berühmten Pike Place Market – einen täglich geöffneten, öffentlichen Markt, der seit 1907 besteht. Hier gibt es alles, von Obst und Gemüse über Blumen, Souvenirs, Kunst, Bücher, Restaurants und vor allem Fischhändler. Vor den Ständen der Fish-Mongers sammelten sich die Touristen und warteten auf „die Show“. Denn wenn jemand einen Fisch bestellt, wird er von der Warenauslage hinter die Theke geworfen. Aus irgendeinem Grund ist das ein großes Highlight für alle. Na, kommt ihr mal auf den Hamburger Fischmarkt… 😉







Ein besonders ekliges „Highlight“ im Markt ist die Gumwall – eine Hauswand voller Kaugummis. Richtig schön eklig, aber wenigstens bunt.


Schließlich ging die Tour weiter durch Downtown Seattle und bis hin zur Waterfront. Wie immer erfuhren wir dabei allerhand spannendes und kurioses über die Geschichte der Stadt.







Nachmittags machten wir uns mit dem Bus auf ins Freemont Viertel, was als alternativ und künstlerisch beschrieben wurde. Die Häuser waren hier in der Tat etwas bunter, die Läden kurioser, die Dichte an Brauereien auffällig und der berühmte Freemont Troll sehr kurios.

Der Freemont Troll ist eine sehr eigenartige Betonstatue, mit einem VW Käfer in der Hand, die unter einer Brücke haust und angeblich Wünsche erfüllt, wenn man sich vor ihm im Kreis dreht. Naja. Wie gesagt, alternativ und skurril.
Nach der zweiten Nacht in der Stadt, wurde es nun Zeit unseren Grenzübertritt nach Kanada vorzubereiten. Wir hatten noch eine lange To Do Liste, von einkaufen über Wäsche und Van waschen, aber vor allem wollten wir noch schnell unsere Reifen rotieren lassen.
Mal wieder in der Werkstatt
Dafür steuerten wir morgens zuerst eine Filiale von Tire Discount an, bei der wir in San Diego unsere zwei neuen hinteren Reifen gekauft hatten. Was eigentlich eine Sache von wenigen Minuten ist, wurde leider wieder zum Problem.
Es stellte sich heraus, dass die Kollegen in San Diego eine Radschraube mit Gewalt schief reingedreht hatten und dadurch Schraube und Gewinde beschädigt worden waren. Wir brauchten also eine neue Schraube und das Gewinde musste neu geschnitten werden. Das konnte bei Tire Discount nicht gemacht werden, man verwies uns an eine andere Werkstatt. Die wartete an einem Freitagmittag natürlich nicht auf uns. Keine Chance noch ein Termin zu bekommen – und wir mussten spätestens am Sonntag das Land verlassen. Shit! 🤯
Wir telefonierten weiter herum und fanden schließlich eine Werkstatt, die uns reinquetschen wollte. Rick, der Eigentümer, schien ein Herz für Reisende zu haben. Seine Kollegen machten sich also an die Arbeit, einer besorgte die passende Schraube, zwei andere kümmerten sich ums Gewinde. Die Kosten dafür übernahm immerhin Tire Discount. Bei der Demontage viel allerdings auf, dass unsere Handbremse, die schon länger etwas schwächelte, wirklich schon am Ende war.


Die Bremsschuhe zerbröselten schon, die Scheiben hatten Gebrauchsspuren und durch die Arbeiten am Gewinde und die dadurch entstehenden Vibrationen fehlte nun einiges an Material – die Handbremse hielt nun also gar nicht mehr. Na toll! Nun mussten wir erstmal recherchieren, ob wir die passenden Teile in den USA bekommen würden – angeblich waren Autoteile in Kanada nämlich noch teurer, daher wollten wir das Problem nicht erst dort in Angriff nehmen, geschweige denn schon wieder eine teure Bestellung in Europa machen.
Nach einiger Recherche und vielen Anrufen konnten wir die passenden Teile zum Glück auftreiben, mussten aber dafür noch einige Male hin- und herfahren und viele Umwege in Kauf nehmen. Zu all unseren anderen To Dos kamen wir gar nicht mehr. Aber so hatten wir nun wenigstens schon mal die Teile, um die Reparatur irgendwann in Kanada vornehmen zu können. Die Werkstatt-Odyssee geht also weiter. 😩
Auf nach Kanada!
Samstags erledigten wir noch ein paar letzte Besorgungen und machten uns dann noch am Nachmittag auf den Weg zur Grenze. Dort war die Verwirrung erstmal groß, man hatte uns gesagt, dass wir unsere Ausreise aus den Staaten unbedingt erfassen lassen mussten, aber da war weit und breit kein Grenzposten der USA und wir standen plötzlich schon vor dem kanadischen Grenzbeamten.
Wie das schließlich ausging, berichten wir dann beim nächsten Mal. 😊
Übrigens: Wenn du uns auf unserer Reise unterstützen möchtest, freuen wir über einen Beitrag in unsere Diesel-Kasse. Das geht ganz einfach mit diesem PayPal Link.