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Die Überquerung des Darian Gap – Ein Drama in 3 Akten

Wie wir bereits in unseren vorherigen Berichten aus Mexiko angedeutet haben, lief bei unserer zweiten Verschiffung auf dieser Reise vieles leider anders als geplant und wir haben eine ziemlich anstrengende Zeit hinter uns. Wir haben den ganzen Prozess hier sehr detailliert niedergeschrieben, für Viele ist das sicher nicht allzu spannend zu lesen, aber für uns war es wichtig es genauso festzuhalten.

Das Darian Gap

So schön es auch ist die Panamericana zu bereisen, der größte Nachteil ist eindeutig, dass es zwischen Süd- und Zentralamerika leider keine Möglichkeit gibt, die Kontinente auf dem Landweg zu wechseln. Denn dazwischen liegt das berühmt berüchtigte Darian-Gap.
Zwar besteht hier eine Landverbindung, allerdings haben hier nach wie vor die Drogenmafia und Rebellen das Sagen. Auch gibt es keine befahrbaren Straßen, sondern nur Pfade durch mehr oder weniger undurchdringlichen Dschungel. Jahr für Jahr machen sich hier tausende verzweifelte Flüchtlinge, die sich in Zentral- oder Nordamerika ein besseres Leben erhoffen, auf den Fußmarsch, den viele nicht überleben.

Das Darian Gap

Für Reisende und Overlander heißt es daher: Fahrzeuge müssen verschifft oder mit dem Flugzeug nach Panama oder ein anderes Land des Kontinents gebracht werden. Für Motorräder ist die Flugoption tatsächlich noch erschwinglich, für Van- oder Wohnmobilfahrer natürlich nicht. Daher stand auch für uns ab Kolumbien die nächste Verschiffung an. Da wir Panama, Nicaragua und Costa Rica bereits auf unserer ersten Weltreise bereist haben und die Grenzen rund um Nicaragua auch zu den kompliziertesten des Kontinents gehören, wollten wir uns diese drei Länder ersparen und entschieden uns für eine Verschiffung direkt nach Mexiko. Die übrigen zentralamerikanischen Länder unterhalb, werden wir dann von dort aus bereisen.

Der Preis war übrigens mehr oder weniger der Gleiche, auch wenn Panama natürlich nur einen Katzensprung von Kolumbien entfernt liegt und die Verschiffung gerade mal 2 Tage dauert. Dennoch wird die Situation mit dem Darian Gap hier schamlos ausgenutzt und für Verschiffungen und Warentransport hier ordentlich abkassiert. Pro m³ Fahrzeug, fallen hier im Durchschnitt ca. 110 USD an.

Die Verschiffung nach Veracruz, am Golf von Mexiko, sollte auch nur 6 Tage dauern und war daher, verglichen mit der langen Überfahrt von Hamburg nach Montevideo auch nur ein Katzensprung für unseren Moby Dick. Soweit die Theorie!

Was wir allerdings bei dieser Verschiffung erlebt haben, lässt sich vermutlich mit einem bekannten Fußballerzitat am besten zusammenfassen:

Erst hatten wir kein Glück und dann kam auch noch Pech hinzu.

Jürgen Wegmann

Aber von Anfang an:

1. Akt:

Vorbereitung & Verladung in Kolumbien

In Kolumbien begann noch alles recht entspannt. Wir zogen am 29. September in ein kleines AirBnB Apartment und bereiteten dort alles für die Verschiffung vor. Denn der Van musste weitestgehend leer sein. Lebensmittel, Getränke, Medikamente, Neuwaren, Bargeld, Wertsachen – nichts davon durfte im Fahrzeug verbleiben. Selbst Gewürze und trockene Lebensmittel wie Nudeln, Reis und Co. mussten raus. Gasflasche und Dieseltank mussten ebenfalls möglichst leer sein.

Außerdem sollte das Auto sowohl von außen als auch von Innen gereinigt sein. Also drehten wir alles mal wieder auf links, leerten alle Schränke, legten einen Waschmarathon hin und schließlich brachte Christian den Van am 2. Oktober morgens zum Hafengelände. Ich durfte leider nicht mit, da es immer nur dem Fahrzeughalter erlaubt ist, das Hafengelände zu betreten. ☹

Bye-bye Moby. Mit einem lachenden und einem weinenden Auge nahmen wir Abschied in Cartagena.

Dort erfolgte zunächst die offizielle Ausreise, unser TIP (Temporary Import Permit), den man in jedem Land bei der Einreise mit dem eigenen Fahrzeug erhält, wurde als ungültig gestempelt. Der Van musste von da an am Hafen verbleiben und eigentlich wäre dann für diesen Tag erstmal alles erledigt gewesen.

Eigentlich!

Doch dann fiel jemandem ein dämlicher Formfehler auf einem der hafeninternen Dokumente auf. Unsere Agentin vor Ort, hatte eine falsche Zahl übermittelt und damit ließen die Beamten Christian das Hafengelände nicht verlassen. Erst müsse das Formular geändert werden, bevor Christian den Van alleine lassen dürfe. Sowas sollte ja eigentlich kein Problem sein.
Wie gesagt, eigentlich!
Aus irgendeinem Grund dauerte es aber fast 5 Stunden, bis sich jemand befugt fühlte, das Formular händisch (!) abzuändern. Christian saß während dieser Zeit in langer Kleidung (Vorschrift!) in der brütenden, schwülen Hitze Cartagenas, ohne die Möglichkeit was essen zu können. Immerhin bot man ihm etwas Wasser an. Erst gegen 17 Uhr durfte er dann endlich das Hafengelände verlassen. Das fing ja gut an.

Moby am Hafen

Am nächsten Tag erfolgte dann um 9:30 Uhr die Drogeninspektion – denn natürlich ist jeder Hafen in Kolumbien ein potentieller Umschlagplatz für Drogen. Zwei freundliche Beamte schauten in alle Fächer, ein Drogenhund schnüffelte sich kurz durch unser kleines Zuhause und dann war die Sache auch schon erledigt.

Direkt im Anschluss, erfolgte die Verladung in den Container. Diesmal waren wir nicht allein im Container, wir hatten tatsächlich einen Containerbuddy gefunden, in Form des Land Cruisers von Tamar und Israel – ein unglaublich herzliches und sympathisches Rentnerpaar aus Israel, die ihren Rechtslenker (!) ebenfalls nach Mexiko bringen wollten, da alle Länder südlich von Mexiko es nicht erlauben mit einem Rechtslenker einzureisen.

Der LandCruiser würde uns auch gefallen. 🙂

Während die Beiden ihren Landy schon mal in den Blechkasten verfrachteten, demontierte Christian, wie schon bei der ersten Verschiffung, wieder unsere beiden Dachhauben und ließ Luft aus den Hinterreifen ab. Dann passte Moby auch diesmal wieder um Haaresbreite in den Container.

Allerdings stellten die Hafenmitarbeiter dann fest, dass sie vorm ersten Fahrzeug zu viel Platz gelassen hatten, die Türen des Containers schlossen nicht. Also ging alles noch mal retour und beim zweiten Anlauf klappte es dann. Beide Fahrzeuge wurden mit Holzkeilen und Spanngurten befestigt, der Container verschlossen und verplombt und damit war gegen 12 Uhr mittags schon alles erledigt.

Abends trafen wir uns mit Israel und Tamar in der schönen Altstadt von Cartagena und stießen auf die erfolgreiche Verladung an und hofften, dass der Rest der Verschiffung auch so reibungslos laufen würde. Haha, little did we know…

Da waren wir noch guter Dinge!

Am 6. Oktober wurde der Container pünktlich auf das Schiff verladen und wir machten uns mit dem Flieger auf nach Mexico City.

2. Akt

Überraschungen, Verspätungen & Warten in Mexiko

Von dort verfolgten wir online den Trackingstatus des Schiffs. Eines Morgens stellte Christian dann aber fest, dass der Zielhafen nicht mehr Veracruz, sondern Houston (USA) war. Während ich das noch für ein Missverständnis hielt und mir keine Gedanken machte, wurde Christian direkt nervös und kontaktierte unsere Agenten. Die bestätigten: ja, das Schiff mit unserem Container wurde umgeroutet und würde nicht mehr nach Veracruz fahren. Die Container mit dem Bestimmungsort Veracruz, wurden in Jamaica abgeladen und warten dort auf das nächste Schiff, dass dann nach Veracruz fährt.

Wir konnten es nicht glauben. Da machte Moby einfach ohne uns Urlaub in Jamaica. Der Schlingel! 😉

Ganz so lustig war die Sache dann aber doch nicht. Denn, dass nächste Schiff sollte erst eine Woche später in Jamaica anlanden. Also hatten wir schon jetzt eine Woche Verspätung und der neue Ankunftstermin war der 19.10. (statt ursprünglich 12.10.)
Ärgerlich, aber erstmal noch kein Grund zur Panik. Mexico City gefiel uns ohnehin so gut, dass wir unseren Aufenthalt direkt ein paar Tage verlängerten.

Am 19. Oktober machten wir uns dann auf den Weg nach Veracruz. Da wussten wir aber schon, dass das neue Schiff ein paar Tage Verspätung haben würde. Der neue Ankunftstermin war Montag, der 23. Oktober. Immer noch OK, aber dann doch schon etwas knapp, für die Pläne die wir zu dem Zeitpunkt hatten. Wollten wir doch für den ‚Dia de los Muertos‘ in Oaxaca sein, zwei Fahrtage von Veracruz entfernt.

Unser Agent in Veracruz, Pepe, informierte uns dann auch über den bevorstehenden Prozess, der mindestens 5 Arbeitstage benötigen würde. An den Wochenenden passierte hier nichts, Samstag und Sonntag arbeitet zwar der Hafen, aber nicht der mexikanische Zoll. Also hofften wir, dass es bei dem Ankunftstermin am 23.10. bleiben würde. Mit etwas Glück könnten wir dann am 27.10. unseren Van zurückhaben und uns auf den Weg nach Oaxaca machen.

Wie gesagt, erst kein Glück und dann kam Pech hinzu…
Wir konnten online verfolgen, dass das Schiff bereits vor der Küste von Veracruz lag, aber aus irgendeinem Grund, lag es einfach da, bewegungslos. Scheinbar bekam die Reederei keine Anlandegenehmigung in Veracruz. Genau sagen, konnte uns das aber keiner. Die Tage vergingen, das Schiff bewegte sich nicht, wir wurden immer ungeduldiger und frustrierter…

Am Freitag, den 27. Oktober war es dann endlich soweit. Das Schiff hatte in der Nacht zuvor anlegen können und wir bekamen die Papiere, welche für die nächsten Schritte notwendig waren. Allerdings kamen die Papiere erst am frühen Nachmittag, die Bank, auf die wir als nächstes mussten, hatte zu dem Zeitpunkt schon geschlossen. Also hieß es auf Montag warten.

Am Montag, den 30. Oktober ging es dann zur Banjercito Bank, welche die Einreiseformulare (TIP) für den Van genehmigte. Eigentlich eine gute Nachricht, nun hätte es weiter gehen können.

Eigentlich!

Nun gab es aber eine Sturmwarnung. Aktuell war Winter in Mexiko, wir hatten dennoch bisher täglich über 30 Grad schwüle Hitze gehabt, aber nun kam eine „Kaltfront“ mit starken Winden. Das bedeutete, dass der Hafen den Betrieb einstellte. Die Verladung vom Container war nicht möglich. Unser Container musste für die Entladung der Fahrzeuge, nämlich an einen anderen Teil des Hafens transportiert werden, das war bei Windböen von bis zu 70km/h schlicht nicht möglich. Verständlich, aber dennoch frustrierend für uns. Statt wie angekündigt zwei Tage, hielt die Kaltfront fast die ganze Woche an.

3. Akt

Die Ankunft, die Zollinspektion & jede Menge Probleme

Am Freitag, den 3. November ließen die Winde nach und wir konnten ENDLICH den Container zu dem Ort bringen lassen, an dem wir ihn öffnen konnten. Das beste Vorab-Geburtstagsgeschenk für mich.

Für Christian und Israel ging es also mit unserem Agenten zum Hafen, wo der Moment der Wahrheit kam, der Container öffnete sich und alles sah aus, wie bei der Verschließung in Cartagena. Beide Fahrzeuge hatten die lange Reise scheinbar unbeschadet überstanden. Hurra!

Die Freude war groß, bis Christian den Zündschlüssel umdrehte. Der Van muckte nicht. Die Batterie war auch hier wieder während der Überfahrt abgeklemmt gewesen, trotzdem schien sie leer zu sein. Erstmal nicht ungewöhnlich, nach fünf langen Wochen Stehzeit. Also zogen wir den Van „manuell“ raus und stellten ihn erstmal in die Halle, wo er ohnehin verbleiben musste, bis wir den Termin für die Zoll- und Drogeninspektion bekommen würden. Das war nämlich der nächste Schritt.
Während der Agent dafür alle Papiere vorbereitete, versuchten Christian und Israel den Van zu überbrücken und zum Laufen zu bringen. Doch scheinbar war die Batterie tiefenentladen, mehr als ein Stottern war nicht zu erreichen. Die Hafen-Mechaniker (die sich auf dem Gelände um die Reparatur der Stapler, etc. kümmern), brachten ein Ladegerät, mit dem Christian weiter versuchte die Batterie wiederzubeleben. Aber bis Christian das Gelände wieder verlassen musste, blieb nicht genug Zeit die Batterie vollzuladen. Aber wir sahen es (noch) entspannt, wir hatten ja noch ein paar Tage Zeit, bis wir den Termin vom Zoll bekommen würden.

Willkommen im Mexiko!

Erleichtert den Van schon mal auf sicherem Boden zu wissen, verbrachten wir ein weiteres Wochenende in Veracruz.

Die Fehlersuche

Am Montag, den 6. November ging es dann weiter. Christian bekam eine Sondergenehmigung, um das Hafengeländer erneut betreten zu dürfen. Während er sich im Inneren um die ein oder andere Kleinigkeit kümmerte, hing das Ladegerät weiter an der Batterie. Aber auch nach mehreren Stunden des Ladens, sprang Moby nicht an. Er stotterte immer nur kurz. Ob doch noch etwas anderes defekt war?

Parallel suchte ich von unserem Apartment aus das Internet nach Lösungsmöglichkeiten ab und stieß auf den Crashsensor den unser Van verbaut hat. Dieser löst im Falle eines Unfalls oder hefigen Aufpralls aus, um u. a. die Dieselzufuhr abzusperren und legt so das Auto lahm. Tatsächlich hatte der Knopf für den Sensor auch ausgelöst. Es musste also mindestens einmal ganz schön gerumpelt haben, bei den vielen Container-Verladungen. Das bloße Wiederreindrücken des Knopfes brachte aber leider nichts. Es musste also noch was anderes im Argen liegen…

Mithilfe unseres kompetenten „BIM-Mechaniker-Team“ (Basti, Ingo und Markus – DANKE Jungs!) in Deutschland, versuchte Christian nun zwei Tage lang die Ursache für unser Problem zu finden. Anlasser, Wegfahrsperre, übersprungene Riemen, alles konnte nach und nach ausgeschlossen werden. Christian schraubte schließlich die Batterie auf und sah, dass sie komplett trockengelaufen war. Vielleicht hatte sie einfach das zeitliche gesegnet nach 5 Jahren?

Die Zollinspektion

Am Dienstag den 7. November fand dann aber erstmal die langerwartete Zoll- und Drogeninspektion statt. Wir hatten vorab schon gehört, dass diese hier besonders streng ist, daher musste der Van ja auch komplett leer sein. Es tauchten schließlich drei Beamtinnen und ein junger, nervöser Drogenspührhund auf. Laut Christian, waren die drei Damen absolut unfreundlich und respektlos und behandelten ihn vom ersten Moment an wie einen Schwerverbrecher. Er durfte sich nicht mal dem Van nähern.

Seine Bitte an die Beamtinnen, beim Betreten des Vans aufzupassen und sich die dreckig, nassen Stiefel abzuwischen, reagierten sie gar nicht. Auch der Hund wurde nass ins Auto gelassen und sprang an allen Möbeln hoch, zerkratzte diese dabei mit seinen Krallen und sprang schließlich auch aufs Bett, was danach auch entsprechend aussah. Das ließ sich waschen, die Kratzer bleiben uns leider erhalten.

Auch von außen sprang der Hund ständig am Auto auf und ab und verursachte dabei dutzende, teilweise tiefe Kratzer im Lack. Die Damen interessierte das nicht, sie ließen den Hund gewähren. Es kam nicht mal ein Wort der Entschuldigung, stattdessen wurde Christian befragt, ob er raucht und Drogen nimmt, oder wo er sie versteckt hätte. Wow! Natürlich gab es nichts zu finden und zu beanstanden. Ohne ein weiteres Wort, zogen die drei Beamtinnen von Dannen. Das Ergebnis ihrer „Untersuchung“ würden sie nur unserem Agenten mitteilen, was ein-zwei Tage dauern würde.

Wir haben uns im Nachhinein offiziell bei der Zollbehörde beschwert und um Schadenersatz gebeten, oder zumindest die Übernahme für die Lackaufbereitung. Zurück kam die Antwort, dass Christian ja bei der Inspektion dabei gewesen wäre und nicht eingegriffen hätte (er durfte sich während des Prozesses nicht dem Van nähern und auch keine Fotos machen) und die Kratzer definitiv nicht vom Hund sein könnten. Die Beamtinnen bestreiten zudem, dass der Hund am Auto hochgesprungen sei. Der blanke Hohn!

Tatsächlich bekamen wir einen Tag nach der Inspektion (am Nachmittag des 8. November) schon die Freigabe und hätten das Hafengelände damit theoretisch verlassen dürfen. Aber, es braucht dann noch mal einen ganzen Arbeitstag, um die Rechnungen für den Hafen zu bezahlen und der Van lief ja nicht.

Die Fehlersuche geht weiter

Nachdem Christian die Spuren der Inspektion einigermaßen beseitigt hatte, widmete er sich weiter der Fehlersuche. Die Batterie ließ sich auch mit destilliertem Wasser nicht wiederbeleben, also beschlossen wir, Moby eine Neue zu spendieren.

Am Mittwoch, den 8. November bekam Christian also erneut die Genehmigung das Hafengelände zu betreten und unser Agent, half beim Reinschmuggeln der neuen Batterie. Dinge auf das Hafengelände einzuführen, ist nämlich eigentlich streng verboten.
Wir hofften wirklich, dass dies die Lösung sein würde, aber es blieb dabei, der Van sprang nicht an. Uns gingen die Ideen und das Fachwissen aus, wir mussten in eine Werkstatt. Also beantragten wir einen Abschlepper, um aus dem Hafen rauszukommen.
Aber auch das war leider nicht so einfach. Es musste erneut ein Antrag beim Zoll gestellt werden und unser Agent bereitete uns schon darauf vor, dass es einige Tage dauern könnte, bis die Genehmigung erteilt werden würde. Warum ist unklar, da es ohnehin nur einen Abschlepper in ganz Veracruz gibt, der das Hafengelände befahren darf. Dieser hatte auch Zeit für uns, aber eben keine Genehmigung…. *aaarrrgh*

Parallel suchten wir einen Mechaniker in Veracruz und fanden über iOverlander Eduardo, der selbst schon weit gereist ist und daher sogar englisch sprach. Wir kontaktieren ihn via WhatsApp und er zögerte keine Sekunde und sagte sofort zu, sich um den Van zu kümmern. Egal wann, wir sollten ihn einfach vorbeibringen. Leichter gesagt als getan in Veracruz.

Nun wollten wir aber nicht noch mehr Zeit verlieren und baten unseren Agenten daher zu prüfen, ob es möglich sei, einen Mechaniker mit aufs Gelände zu bringen, während wir auf die Abschlepper-Genehmigung warteten. War es, aber natürlich nur mit erneuter Genehmigung und viel Papierkram…

Am Freitag, den 10. November bekamen wir die Erlaubnis. Eduardo und einer seiner Mitarbeiter ließen in der Werkstatt alles stehen und liegen und nahmen sich 2 Stunden Zeit für uns. Sie fanden auch die Ursache für Mobys Problem: die Lichtmaschine war fest und blockierte dadurch den Motor. Warum, wieso, weshalb, konnte man aber vor Ort nicht feststellen, denn dafür musste das Teil ausgebaut werden, was natürlich in der Halle am Hafen nicht möglich war. Wir brauchten also weiter den Abschlepper.
Aber bis Freitagabend bekamen wir keine Genehmigung. Der Zoll ließ uns wissen: ihr seid nicht die einzigen die Warten, ihr müsst eben Geduld haben.

Geduld? Ich? Nö!
Wir hatten bis dahin ja auch eindeutig schon genug Geduld aufgebracht.

Die rettende Idee?!

Während wir einige Tage vorher noch über die Batterie nachgedacht hatten, hatte ich vorgeschlagen, dass wir uns doch einfach mit unserer Wohnraum-Batterie selbst überbrücken könnten. Christian meinte das wäre nicht möglich, aber über Nacht kam ihm wohl die Erleuchtung – klar war das möglich. Wenn wir die Batterien miteinander verbinden würden, könnten wir den Van ohne Lichtmaschine fahren, da die hintere Batterie die Starterbatterie speisen würde.
Im Baumarkt fanden wir die passenden Komponenten, die wir brauchten, um den Plan umzusetzen und so malträtierten wir am Samstagmorgen (11. November) erneut unseren Agenten, um Christian eine Zutrittsgenehmigung zum Hafen zu beschaffen, damit er den Van endlich rausholen könnte.

Pepe war inzwischen schon ziemlich genervt von uns und unseren Problemen und Sonderwünschen, außerdem glaubte er nicht so recht, dass unser Plan funktionieren würde. Wir bohrten so lange nach, bis er sich doch am Hafen erkundigte. Dann bekamen wir aber zwei Hiobsbotschaften:
1. Wir bekamen die Zutrittsgenehmigung erst für Montagmorgen
2. Mit der Beantragung eines Abschleppers, war die Zoll-Ausfahrtsgenehmigung für unseren Van erloschen. Diese müsste erneut beantragt werden.

Wie kompliziert und umständlich kann es eigentlich sein? Es war einfach nur zum Verzweifeln. Christian lief wie ein gefangener Tiger in unserer Wohnung auf und ab. Wir hatten die Lösung, und wurden einfach nicht rangelassen. Mit jedem Tag, den der Van auf dem Hafengelände stand, entstanden auch weitere Kosten. Es war so, so frustrierend und zermürbend.

Wir sammelten uns, akzeptierten was nicht zu ändern war und beschlossen dann eben für Montagmorgen alles vorzubereiten. In Pepes Büro wurden alle Unterlagen fertiggemacht und der Plan besprochen. Pepe warnte uns noch mal eindringlich: wenn irgendwas schief gehen würde und der Van bei der Ausfahrt auf dem Hafengelände liegenbleiben würde, drohten hohe Geldstrafen und zudem würde der Zoll uns wahrscheinlich das Auto blockieren. Wir sollten uns die Sache also gut überlegen (hatten wir!).

Zudem präsentierte uns Pepe dann die Rechnung vom Hafen. Und da fielen uns fast die Augen aus dem Kopf. Was man uns nämlich nicht gesagt hatte, war, dass jede Zutrittsgenehmigung für Christian Geld kostete. Und zwar nicht wenig. Pro Tag wurden uns fast 150€ in Rechnung gestellt. Natürlich auch für die beiden Mechaniker und auch die Hilfe der Jungs aus der Hafenwerkstatt, war kein reiner Liebesdienst gewesen. Dazu eine „Parkgebühr“ für den Van, von 40€ pro Tag. Pepe wollte natürlich auch mehr Geld (verständlich)… Und dass wir seit nun mehr 6 Wochen in Apartments wohnen mussten, statt kostenlos zu campen, darf man ja auch nicht vergessen. Die ganze Sache riss also nicht nur ein Loch in unser Nervenkostüm und Gemüt, sondern auch in unser Reisebudget. Aber so war es nun mal.

Die Ausfahrt aus dem Hafen

Am Montag den 13.11. war es dann endlich soweit. Eigentlich hätte ab hier alles einigermaßen klappen können.

Genau, eigentlich!

Am Eingang zum Hafen wollte man Christian nicht durchlassen. Angeblich hatte er die falschen Hosen an.
Bitte was?
Er trug die gleichen Sachen, die er schon in der vergangenen Woche tagtäglich getragen hatte. Es war aber ein neues Team vor Ort und die ließen die Wanderhose nicht durchgehen, vermutlich weil sie aus einem Mischgewebe war, erklären konnte es aber keiner. Christian, der sowieso schon ziemlich angespannt war, wäre fast aus der Haut gefahren. Zum Glück hatte unser Agent eine Jeans im Auto (und zum Glück sind Mexikaner im Durchschnitt ja auch nicht so groß). Die Jeans saß ziemlich spack, aber damit kam Christian dann durch die Eingangsschleuse und konnte endlich am Van loslegen. In wenigen Minuten hatte er alles vorbereitet und getestet und es hätte eigentlich losgehen können.

Eigentlich!

Wiederum gab es Papierkram zu erledigen, um überhaupt aus der Halle rausfahren zu dürfen. Cesar, unser Agent vor Ort, marschierte also los und kam nach 30 Minuten kopfschüttelnd zurück. Einer der Beamten wollte die notwendige Unterschrift nicht erteilen, denn im Container waren ja zwei Autos, und die müssten auch gemeinsam aus der Halle und dem Hafen rausfahren. Unsere beiden Israelis hatten nämlich auch schwere Probleme und hatten bisher nicht mal die Genehmigung erhalten, den Land Cruiser offiziell nach Mexiko einzuführen.
Es dauerte erneut eine Stunde, bis Cesar den Mitarbeiter mit neuen Papieren überzeugen konnte und wir die fehlende Unterschrift erhielten.

So sah die Lösung unseres Problems aus: ein Spannungswandler & ein Ladegerät, dass die vordere Batterie mit Saft aus der hinteren Batterie versorgt.

Dann ging es los, raus aus der Halle und auf eine festgelegte Route, die alle Fahrzeuge nehmen müssen, die das Gelände verlassen wollen. Christian reihte sich in die LKW Schlange ein und wartete. Beim Warten schaltete er den Motor aus, um die Batterie zu schonen. Im Stop-and-Go Verfahren ging es Stück für Stück voran, bis zu einem riesigen Durchfahrts-Scanner.

Dann folgte ein Zoll-Checkpoint, wo die Ausfahrtspapiere geprüft wurden. Ähnlich wie an einer Mautstation, kam eine Hand aus einem kleinen Kabuff. Christian reichte die Papiere rein und wartete… ca. 15 Minuten. Die anonyme Hand gab die Papiere kommentarlos zurück und die Schranke öffnete sich.

Es folgte ein weiterer Checkpoint, ebenfalls vom Zoll. Eine Dame nahm erneut die Papiere entgegen, das Fenster schloss sich und Christian wartete… diesmal dauerte es noch länger. Hinter ihm hatte sich eine hupende LKW-Schlange gebildet, die nach und nach aufgaben und eine andere Ausfahrtspur wählten. Alle LKWs waren innerhalb weniger Sekunden durch den Checkpoint. Nur Christian wartete weiter. Die Putzfrau kam vorbei, säuberte Schranke und Fahrspur… nichts passierte.

Nach ca. 30 Minuten kam die Mitarbeiterin aus dem kleinen Kabuff raus und ließ Christian wissen, dass er sich erstmal keine Sorgen machen soll. Sie wartet noch auf eine fehlende Bestätigung vom letzten Checkpoint, wo ja vermeintlich alles in Ordnung gewesen war.
15 Minuten später stellte sich aber raus, dass eine Freigabe vom vorherigen Checkpoint fehlte. Christian müsse zurückfahren – auf einer von LKW befahrenen Einbahnstraße, wo dutzende Schilder stehen, die besagen, dass man auf keinen Fall rückwärtsfahren darf. Aber die Dame versicherte ihm, dass das er einzig richtige Weg sei. Also ging es im Schritttempo langsam zurück zum 500m entfernten vorherigen Checkpoint.

Dort stieg Christian todesmutig und gegen alle Regeln aus und klopfte an einer der Buden. Der Mitarbeiter ließ sich die Situation erklären und verschwand wieder in seiner Bude, um es zu regeln. Nach 10 Minuten tauchte er wieder auf und bat um noch ein bisschen Geduld. Irgendjemand hatte vergessen eine notwendige E-Mail zu senden, sobald das erledigt sei, könne Christian wieder vorfahren.

Wie kompliziert kann man es sich eigentlich machen? Christian saß auf glühenden Kohlen, den Van hatte er bis dahin schon mindestens 20 mal neu starten müssen, so ganz sicher wie lange unsere Ladekonstruktion halten würde waren wir uns ja nicht. Der reinste Nervenkrieg.

Nach weiteren fünf Minuten bekam Christian aber das GO und konnte erneut zum letzten Checkpoint vorfahren. Dort wurde dann erneut alles geprüft, aber diesmal dauerte es nur wenige Sekunden und er konnte raus in die Freiheit. Nach insgesamt 5 Stunden hatten er und Moby das Hafengelände endlich verlassen.

Halleluja!

Aber ganz ausgestanden war es noch nicht. Vor dem Hafengelände hatten wir uns mit einem Abschlepper verabredet, der Moby zur Werkstatt von Eduardo bringen sollte. Diese war nämlich einige Kilometer entfernt und wir wollten nicht riskieren im Stadtverkehr von Veracruz liegenzubleiben. Ohne Lichtmaschine funktionierte nämlich auch die Servolenkung nicht, was die Fahrt im 3,5 Tonnen Fahrzeug dann schon zu einem Risiko macht.
Dort wo Christian auf den Abschlepper wartete, wurde er nach 5 Minuten von einem Hafenarbeiter weggeschickt, angeblich durfte man dort nicht halten, obwohl hinter dem Van dutzende LKWs parkten. Der Hafen machte uns das Leben weiter schwer.

Etwas weiter fand er schließlich einen geeigneten Platz, wo der Abschlepper nach 30 Minuten ebenfalls eintraf, und unseren Moby Huckepack nahm.

Ein Bild das wir niemals haben wollten.

So kam Moby am Montagnachmittag endlich bei Eduardo an, der sich gleich am Dienstagmorgen dran machte, dem Problem auf den Grund zu gehen. Die Lichtmaschine wurde ausgebaut und auseinandergenommen. Anhand des Gehäuses sah man, dass die Salzwüsten von Südamerika ihre Spuren hinterlassen hatten. Aber vor allem das Innere der LiMa hatte gelitten, vermutlich hatten die schweren Erschütterungen während der Verladungen ihr Übriges dazu getan, dass hier einiges blockiert und fest war. Diverse Teile mussten ausgetauscht werden, in Europa hätte vermutlich jeder Mechaniker sich gar nicht erst die Mühe gemacht, das Ding aufzuschrauben.
Wir fragten beim FIAT Händler nach dem passenden Ersatzteil. Die wollten allen Ernstes 1.900€ für eine neue Lichtmaschine haben – die gleiche kostet in Deutschland gerade mal 220€. Ein Austausch kam also nicht in Frage und so machte sich Eduardo auf die Suche nach einem LiMa-Spezialisten.

Er fand auch einen und dieser nahm sich der Sache an, zerlegte das gute Stück in seine Einzelteile, säuberte was zu retten war und ersetzte was ersetzt werden musste und baute uns schließlich aus zwei LiMas eine Neue für uns zusammen. Parallel bestellten wir eine neue LiMa aus Europa, die wir uns nun vorsorglich mal ins Auto legen werden. Wer weiß wie lange so eine gebastelte LiMa hält.

Moby in der Werkstatt

Am Donnerstag den 16.11. konnten wir dann ENDLICH unseren fahrenden Van in Empfang nehmen. Eduardo ist für uns der Held von Mexiko.

Held von Mexiko 😉

So ein unglaublich hilfsbereiter und herzlicher Mensch, der nichts unversucht gelassen hat, uns schnell und unkompliziert zu helfen. Wir könnten nicht dankbarer sein!
Damit hier kein falsches Bild entsteht: alle Mexikaner die wir bisher getroffen haben waren total nett und hilfsbereit. Nur mit den Beamten des Zolls und der einen Migrationsbeamtin, hatten wir scheinbar kein Glück gehabt.

Wir machten uns gleich daran den Van wieder zu unserem Zuhause zu machen. Die Vorräte wurden aufgefüllt, die Gasflasche betankt, guten Diesel gab’s hier auch wieder und nach einer letzten Nacht in Veracruz, begaben wir uns am Freitag den 17.11. endlich wieder auf die Reise.

Wir sind durch!

Statt 6 Tagen, hat diese Verschiffung für uns also nun knapp 6 Wochen gedauert. Das dabei so viel schief gehen würde, hätten wir uns im Traum nicht denken können. Normalerweise ist die Verschiffung per Container die sicherste und pünktlichste Art auf dieser Strecke zu verschiffen, wir hatten einfach riesiges Pech mit der ganzen Sache. Eine platte Batterie und eine defekte Lichtmaschine wäre überall sonst kein großes Problem gewesen, aber mit den Zutrittbeschränkungen und strengen Vorschriften am Hafen war dies der absolute Supergau für uns.

Besonders die vier Wochen in Veracruz waren der reinste Nervenkrieg und der absolute Tiefpunkt unserer Reise. Die ganze Sache hat uns viel Kraft gekostet – und noch mehr Geld.
Was uns am meisten frustriert hat, war so machtlos und abhängig zu sein und die unglaubliche Bürokratie, die sich rund um den Hafen bildete und uns einen Stein nach dem anderen in den Weg legte.

Erleichtert und glücklich wieder in unserem Zuhause zu sein, ging die Reise nun endlich weiter. Aber so ganz befreit waren wir immer noch nicht, denn wir hatten noch ein weiteres Problem zu lösen:

Bei der Einreise in Mexico City, hatte uns eine mürrische Migrationsbeamtin nur 37 Tage Aufenthalt in Mexiko gewährt. Dabei kann man als Deutscher bis zu 180 Tage visumsfrei in Mexiko bleiben. Die Dame ließ aber nicht mit sich reden und die Migrationsbüros in Mexico City und Veracruz bestätigten uns, dass es keinen Prozess gäbe, den Aufenthaltsstatus zu verlängern. Wir müssten auf dem Landweg aus Mexiko aus- und wieder einreisen.
Unsere Aufenthaltsgenehmigung war bereits seit dem 13.11. abgelaufen und um keinen weiteren Ärger zu riskieren, machten wir uns nun also auf direktem Weg zur 15 Stunden entfernten Grenze nach Belize, in der Hoffnung da doch noch jemanden bequatschen zu können…

Aber dazu dann demnächst mehr…

Wer bis es bis hier hin geschafft hat: danke für’s lesen. Der nächste Bericht wird wieder spannender, versprochen.

Übrigens: Wenn du uns auf unserer Reise unterstützen möchtest, freuen wir über einen Beitrag in unsere Diesel-Kasse. Das geht ganz einfach mit diesem PayPal Link.

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Allgemein Blogbeiträge Der Van Technik & Logistik

Die Verschiffung: Moby Dick auf hoher See

Viele europäische Overlander, welche so wie wir, die Panamericana bereisen wollen, starten im Norden des Kontinents und verschiffen ihr Fahrzeug daher meist nach Halifax in Kanada. Auch wir hatten kurz darüber nachgedacht, da die Verschiffungsdauer mit 14 Tagen recht kurz ist und außerdem als wesentlich sicherer gilt, was Einbrüche ins Fahrzeug betrifft. Aber unser Fokus lag und liegt ja auf Südamerika und vor allem Patagonien, daher kam für uns letztendlich nur eine Verschiffung nach Montevideo in Uruguay in Frage, da dies der günstigste und am besten gelegene Hafen in Südamerika ist. Einzige Alternative wäre noch Kolumbien gewesen, aber das war uns zu weit nördlich, da wir ab November bereits im Süden des Kontinents sein wollen.

RoRo oder Container?

Für die Verschiffung selbst kommen grundsätzlich zwei Varianten in Frage: RoRo Verschiffung, was für Roll-on/Roll-off steht und bedeutet, dass das Fahrzeug so wie es ist auf das Schiff gefahren wird und im Zielhafen wieder auf den eigenen Reifen vom Schiff fährt. Klingt ja eigentlich nicht schlecht, hat aber einige Nachteile. Zum einen, steht das Fahrzeug während der Überfahrt ungeschützt und der Witterung ausgesetzt irgendwo auf oder unter Deck.  

Zum anderen, und das störte uns noch viel mehr, muss man sein Fahrzeug dafür offen und mit allen Schlüsseln am Starthafen abgeben, um es erst Wochen später, am Zielhafen wieder in Empfang nehmen zu können. Um dabei Schäden und Diebstähle zu vermeiden, muss das Fahrzeug nicht nur blickleer, sondern im besten Fall wirklich leer sein, was bei einem Kastenwagen wie wir ihn haben, dann doch eher schwierig ist. Schließlich wollen wir unseren Hausstand mitverschiffen und nicht im Koffer hinterherfliegen. Einbrüche und Diebstähle sind bei der RoRo Variante und besonders auf der Strecke nach Montevideo leider keine Seltenheit. Im Gegenteil.  

Die etwas teurere, dafür wesentlich sichere Variante ist die Verschiffung im Container. Bei dieser Variante fährt man sein Fahrzeug selbst in den Container, ist dabei, wenn er verplombt wird und nimmt den Container im gleichen Zustand am Zielhafen wieder in Empfang. Der Haken hierbei ist: die Container haben ein gewisses Maß und entweder passt das Fahrzeug da rein oder eben nicht.

Laut dem Fahrzeugschein ist unser Van leider zu hoch für den High Cube Container. Die Einfahrtshöhe liegt bei 2.58m, unser Van sollte aber 2.65m hoch sein. Daher hatten wir zunächst doch zähneknirschend die RoRo Variante von Hamburg nach Montevideo gebucht, was uns jedoch einige Bauchschmerzen und Sorgen bereitete.

Anfang Juli packte uns dann doch der Ehrgeiz: wir legten mal das Maßband an und maßen nach und siehe da: an der höchsten Stelle kamen wir nur auf 2.60m. Plötzlich schien die Containervariante somit greifbar.

Um alles genau zu testen, baute mein Christian Düsentrieb, mit Hilfe von Besenstielen und Latten ein Tor, um die Einfahrt in den Container zu simulieren.

Wir bauen uns ein Container-Tor 😉

Und siehe da: wenn wir unsere Dachhauben abnehmen und den Reifendruck um ein paar Bar verringern würden, könnte es doch klappen mit dem Container, was uns jede Menge Stress, Sorgen und Umpackerei ersparen würde. Also buchten wir noch fix um und beauftragten unseren Agenten von Overlander Shipping mit der Suche eines „Containerbuddies“, um die Kosten für den Container zu halbieren. Ein High Cube Container ist nämlich 12m lang, somit hätten zwei Fahrzeuge Platz darin. Leider waren wir aber zu kurzfristig dran und blieben letztendlich allein im Container. Aber Hauptsache sicher!

Verladung in Hamburg

Am Sonntag den 17. Juli ging es also auf nach Hamburg. Die vorerst letzte Nach in unserem Eigenheim verbrachten wir direkt an der Elbe.

Am Montagmorgen um 10 Uhr war es dann so weit. Wir trafen uns mit unserem Agenten Ricardo, von Overlander Shipping. Der machte erstmal ganz schön dicke Backen, als er unseren Van sah, wie er da vor dem Container stand. So ganz wollte er nicht glauben das es passt.

Christian schritt also zur Tat, montierte die Dachfenster und die Lightbar ab, wir verringerten den Druck der Hinterreifen von 4.5 auf 1.5 bar und dann ging es los. Das Reinfahren in den Container übernahm Alex, ein Angestellter der Firma, welche die Container zur Verfügung stellt. Er hat schon so einiges an Fahrzeugen in Container gepackt und war auch bei unserem Van ganz entspannt.

Von entspannt konnte bei uns keine Rede sein, trotz aller Vorkehrungen, blieb die Verladung eine knappe Kiste.

Während Ricardo vom Gabelstapler aus alles auf dem Dach im Blick behielt, schauten Christian und ich links und rechts, damit Moby nirgendwo am Container aneckte. Zentimeter für Zentimeter ging es also weiter, es wurde verdammt eng an der Markise, aber letztendlich passte alles: Moby saß im Container!

Passt – gerade so! 🙂

Jetzt musste der Van natürlich noch ordentlich verzurrt werden, damit es während der langen und sicher schaukeligen Überfahrt zu keinen Schäden kommen würde. Um vorne die Keile und Spanngurte anzubringen, kletterte Alex irgendwie aus dem Fenster zur Fahrerseite raus und anschließend auch wieder rein. Zusätzlich wurde noch die Starterbatterie des Autos abgeklemmt, die Aufbaubatterien hatten wir vorab schon lahmgelegt (dies ist Bedingung der Grimaldi Reederei). Außerdem wurden ebenfalls für Grimaldi noch Fotos vom Tankfüllstand gemacht, der Dieseltank und auch die verbauten Gasflaschen müssen nämlich möglichst leer sein.

Währenddessen pumpte Christian die Reifen wieder auf, damit es während der Atlantiküberquerung nicht zu einem Standplatten kommt und die Reifen Schaden nehmen.

Raus kam Alex dann durch die Hecktüren. Auch hinten am Van wurden noch Spanngurte und Keile angebracht. Dann hieß es Abschied nehmen: der Container wurde verschlossen und verplombt und wir konnten noch beobachten, wie er von einem Kran auf den LKW geladen wurde.

Geschafft – der Van ist im Kasten!
Verladung unseres Containers

Dann standen wir da, ohne Van, nur noch mit Reisetasche. Ricardo brachte uns noch zum Hotel und wir konnten erstmal durchatmen. Es war geschafft!

Wir verbrachten noch einen Tag im schönen Hamburg, bevor es am nächsten Tag mit Bahn & Bus zurück nach Wetzlar ging.

Ankunft in Uruguay

Jetzt hieß es warten. Dank diverser Schiffs-Trackingapps konnten wir das Schiff mit unserem Container immer im Auge behalten. Die Abfahrt in Hamburg verzögerte sich um einen Tag und dann ging es über den Atlantik, zunächst bis nach Brasilien, gefolgt von Argentinien und schließlich nach Uruguay und in unseren Zielhafen Montevideo.

Wir flogen am 12. August schon mal nach Montevideo, wo das Schiff planmäßig am 18. August ankommen sollte. Die Zeit vor Ort überbrückten wir nicht nur mit Sightseeing, sondern organisierten schon mal den notwendigen Papierkram (offizielles Einreisedokument bei der Einwanderungsbehörde, Container-Dokumente, Einfuhr-Anträge, Vollmachten, etc.) und lernten unseren Agenten vor Ort kennen, Eduardo Kessler, der uns bei der Entladung und Bürokratie vor Ort zur Seite stehen würde und natürlich beim Übersetzen half.

Leider verzögerte sich die Ankunft des Schiffs dann immer weiter, da scheinbar die Abwicklung im Hafen in Argentinien so lange dauerte. Statt am 18.08. kam das Schiff schließlich erst am 22.08. abends im Hafen von Montevideo an. Die Abladung erfolgte dann vermutlich erst am nächsten Tag und Eduardo sagte uns schon, dass wir noch 2-3 Tage Geduld haben müssten (ist ja bekanntlich meine Stärke). Das blöde war: der 25. August war ein Feiertag in Uruguay, an dem auch im Hafen nicht gearbeitet wurde. Somit fiel ein weiterer Tag raus für uns.

Und dann hatte der Zoll sich auch noch unseren Container rausgepickt und ließ ihn durch den Scanner laufen. Scheinbar ist es nicht allzu üblich, dass nur ein Fahrzeug in einem Container angeliefert wird, daher wurde der Zoll skeptisch, blockierte den Container und legte einen Termin fest, für eine genaue Prüfung: Freitag, der 26. August um 10 Uhr. Eduardo nahm uns schon die Hoffnung, dass es noch vor dem Wochenende was werden würde, mit dem Entladen des Containers, da der ganze Papierkram, welcher erst nach der Zoll Prüfung erfolgen konnte, üblicherweise 1-2 Arbeitstage in Anspruch nimmt. ☹

Um nichts unversucht zu lassen, um doch noch vor dem Wochenende an unseren Van zu kommen und um das ganze Prozedere besser zu verstehen, schauten wir noch persönlich bei der Grimaldi Vertretung in Montevideo vorbei. Hier sprachen die hilfsbereiten Mitarbeiter sehr gutes Englisch und konnten uns den ganzen Prozess etwas genauer erklären. Sie machten uns auch Hoffnung darauf, dass es doch direkt nach der Zollprüfung am Freitag mit der Entladung des Containers klappen könnte. Mit dieser Info übten wir ein bisschen Druck auf Eduardo aus, der dann schon sichtlich genervt war von seinen deutschen Kunden. Aber wir waren inzwischen schon zwei Wochen in Montevideo und jeder Tag im Hotel kostete natürlich Geld… Und vor allem hatten wir Heimweh nach unserem rollenden Zuhause!

Es hieß also erstmal auf den Termin mit dem Zoll warten. Bei Grimaldi hatte man uns erklärt, dass an dem besagten Termin der Container im Beisein des Zolls geöffnet werden würde, damit sich ein Zollbeamter und evtl. auch ein Drogenspürhund alles ganz genau anschauen können. Na toll! Genau darüber hatten wir vorab noch Witze gemacht, wie absurd es doch wäre, in unserem Van Drogen von Deutschland nach Südamerika zu schmuggeln. Wie uns der Zoll später mitteilte, ist aber genau das in den letzten Monaten oft der Fall gewesen: synthetische Drogen wurden von Europa nach Südamerika verschifft und eingeführt. Auf die Idee muss man erstmal kommen.

Die Zollprüfung & die Bürokratie

Als es dann endlich so weit war, tauchten am Freitagmorgen insgesamt sieben (!) Zollbeamte auf. Einer machte Fotos, einer hatte ein Klemmbrett unterm Arm und sah wichtig aus und fünf Leute stellten sich erwartungsvoll hinter unserem Zuhause auf. Während sich der Großteil in unserer Heckgarage umschaute, kletterte einer der Zollbeamten ins Auto (Christian brachte ihn vorab aber dazu, sich die Schuhe auszuziehen, was scheinbar alle amüsierte. Aber hey, immerhin betrat er unser Haus. 😉) Im Inneren wurden alle Fächer geöffnet und inspiziert, der Beamte schaute wirklich in jede Ecke. Auch vor Christians Unterhosen machte er nicht halt. Die Prüfer fanden jedoch nichts Spannendes, außer eben jeder Menge Vorräte, Hausrat und Klamotten, somit blieb uns der Spürhund erspart. Nach ca. 15 Minuten war der ganze Spuk vorbei und wir erhielten sieben Daumen hoch von der Zoll Truppe. 😊

Der uruguayische Zoll bei der Arbeit

Das war es aber leider noch nicht. Der Container wurde erneut verplombt und verschlossen und wir machten uns mit Eduardo auf, um den finalen Papierkram zu erledigen. Das war dann doch gar nicht so leicht, denn durch den vorangegangenen Feiertag, war dieser Freitag ein Brückentag und viele Büros nur zur Hälfte besetzt. Außerdem war es schon fast Mittagszeit und die ist den Uruguayern heilig.

Eigentlich hätte Eduardo diesen Teil des Prozesses nun auch allein ohne unser Beisein, per Telefon und E-Mail, von seinem Büro aus erledigt. Scheinbar war er aber so genervt von uns (sorry, not sorry!), und wollte uns schnellstmöglich von der Backe haben, sodass er stattdessen vorschlug, nun überall persönlich und zu dritt vorbeizuschauen, um die Beamten und Mitarbeiter im Hafen zu etwas mehr Eile zu bewegen. Gesagt, getan! Wir liefen also gemeinsam von Station zu Station und machten Dackelaugen, um den ganzen Prozess so schnell wie möglich über die Bühne zu bekommen und nicht noch bis Montag oder sogar Dienstag warten zu müssen.

Irgendwann gegen 15:30 Uhr war es geschafft: wir hatten alle Papiere, der Container wurde freigegeben und wir konnten mit der Entladung starten. Dazu mussten natürlich erstmal wieder einige Vorkehrungen getroffen werden: der Container wurde noch mal umgesetzt, wurde erneut von der Plombe befreit und geöffnet, Spanngurte und Keile mussten gelöst werden, die Batterie angeklemmt und der Reifendruck wieder abgelassen werden. Aber dann war es endlich so weit: Moby betrat, bzw. befuhr zum ersten Mal südamerikanischen Boden. Endlich!!

Bienvenido a Uruguay!

Nun konnten wir unser Zuhause auch selbst mal inspizieren, natürlich unter den interessierten Augen von einigen Hafenarbeitern, die gar nicht glauben konnten, was man so alles in einen Kastenwagen einbauen kann. 😉 Tatsächlich sah im Inneren alles genauso aus, wie wir es vor über fünf Wochen in den Container gepackt hatten. Alles war an Ort und Stelle, intakt und auch von außen gab es keine Beanstandungen oder Schäden.

Christian begab sich sogleich wieder aufs Dach, um die Dachfenster wieder einzusetzen, wir pumpten die Reifen wieder auf und dann ging es mit Eduardo zum letzten offiziellen Stopp: der Hafenbehörde, wo wir den finalen Stempel für die Ausfahrt vom Hafengelände bekamen.

Dann waren wir endlich frei! Insgesamt hatte der ganze Prozess 7,5 Stunden gedauert (von wegen 2-3 Arbeitstage! Nicht mit uns! 😉) und inzwischen war es schon 18 Uhr und somit auch schon fast dunkel. Bevor es mit der Reise los gehen konnte, mussten wir noch Diesel, Wasser und Gas auffüllen und natürlich den Kühlschrank! Das wäre noch am selben Abend alles zu stressig geworden. Daher ließen wir Vernunft walten, stellten Moby sicher unter und blieben noch eine weitere Nacht im Hotel, bevor wir dann am nächsten Morgen wieder ins Vanlife starteten, alles in Ruhe erledigten und nun endlich Uruguay bereisen konnten.

Dazu dann demnächst mehr!

Verschiffung_01
Wir bauen uns ein Container-Tor 😉
Verschiffung_02
Leider zu knapp!
Verschiffung_03
Durchfahrtstest
Verschiffung_04
Vorerst letzte Nacht an der Elbe in Hamburg
Verschiffung_05
Es geht los!
Verschiffung_06
Lightbar & Dachfenster werden abmontiert
Verschiffung_07
Da muss er rein!
Verschiffung_08
Lightbar & Dachfenster werden abmontiert
Verschiffung_09
Lightbar & Dachfenster werden abmontiert
Verschiffung_10
Oh oh...
Verschiffung_11
Der Kran wollte allen Ernstes einen Container über unser Auto heben! Haben dann lieber schnell umgeparkt.
Verschiffung_12
Erster Rampen-Test
Verschiffung_13
Schon mal Probestehen
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Reifendruck verringern...
Verschiffung_15
Jetzt geht's los. Ricardo hat alles im Blick
Verschiffung_15_1
Verdammt knappe Kiste!
Verschiffung_15_2
Verdammt knappe Kiste!
Verschiffung_16
Passt! 🙂
Verschiffung_17
Sitzt, wackelt, hat Luft!
Verschiffung_18
Ein letzter Blick ins Innere...
Verschiffung_19
Reifen wieder aufpumpen - bei bester Laune!
Verschiffung_20
Geschafft! 🙂
Verschiffung_20_1
Abschiedsfoto für's Familienalbum
Verschiffung_21
Verplombt!
Verschiffung_22
Da ist unser Häuschen drin!
Verschiffung_23
Der Container wurde auf den LKW gehoben...
Verschiffung_24
Der Container wurde auf den LKW gehoben...
Verschiffung_25
Ankunft & erste Öffnung in Montevideo
Verschiffung_26
Zollinspektion
Verschiffung_27
Vor der finalen Ausladung, musste der Container noch mal versetzt werden.
Verschiffung_28
Die Befestigungen wurden gelöst.
Verschiffung_29
Moby schlüpft aus dem Container!
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Da isser! Moby befährt zum ersten Mal Südamerikanischen Boden.
Verschiffung_31
Eduardo war froh uns los zu sein 😉
Verschiffung_32
Die erste Nacht verbrachte Moby in der Parkgarage "Ferro"
Verschiffung_33
Unser erster Stellplatz in Uruguay - Sturmbedingt nicht besonders schön, aber immerhin am Meer.
Verschiffung_34
Happy Campers! 🙂
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Der Van Technik & Logistik

Wenn der Saft ausgeht

Wie schon im ersten Beitrag zu Kroatien erwähnt hatten wir leider etwas größere Probleme mit unseren Aufbaubatterien.

Bei der Übernahme unseres Campers, im April 2019, blieb uns ein Satz von unserem Ausbauer besonders in Erinnerung, über den Anne und ich schon viel zu oft diskutieren mussten: „Bei diesem Ausbau könnt ihr niemals ohne Strom sein.“ Wie Unrecht er damit leider haben sollte…

Unsere Original-Ausstattung:

– Zwei 12 Volt/100ah Batterien (Gel-Technologie), von Offgridtec, in Parallelschaltung (Gesamt-Kapazität 200ah)

– Solar-Panel 300 Watt, von SunLink

– Ladebooster 3308 VCC 1212-45, von Votronic, zum Batterien laden während der Fahrt

– Wechselrichter SSI 202, von ECTIVE, zum Erzeugen von 230 Volt Wechselstrom (2000 Watt) und integriertem Solar-Laderegler, sowie Landstrom-Laderegler

Dazu kommen einige Verbraucher:

– Kühlschrank Dometic MDC-090, ca. 3.8 Ampere / 45 Watt, läuft im Prinzip 24/7

– Wasserpumpe Flojet, ca. 5,2 Ampere max. / 62 Watt, wird täglich benutzt

– Warmwasser-Boiler, bis zu 2000 Watt am 230 Volt Wechselrichter, je nach Außentemperatur ca. alle 2 Tage zum warm duschen im Einsatz

– Diesel-Heizung, zwischen 10 Watt und 45 Watt, je nach Außentemperatur im Einsatz

– Andere 230 Volt Geräte, z.B. Mixer, Rasierer, Fön, etc., aber selten im Einsatz

– Nahezu unzählige Verbraucher die fast ständig über USB geladen werden, z.B. zwei Smartphones, mobiler Internet-Router, Bluetooth Lautsprecher, diverse Lampen, Ventilator, Hand-Staubsauger, Smart-Watch, etc.

Auf unseren ersten Reisen kam es leider tatsächlich vor, dass das ganze System in eine Unterspannung fiel. Manchmal nur kurz unter 12 Volt, manchmal aber auch unter 11 Volt und teilweise runter bis auf 10 Volt. Meistens passierte das, wenn wir den Warmwasser-Boiler benutzten und der Wechselrichter gab dann auch eine Fehlermeldung ab. Da wir von unserem Ausbauer kaum brauchbare Antworten bekamen, haben wir uns immer wieder selbst versucht das Verhalten zu erklären, z.B. „der Boiler braucht eben viel Strom“, „die Sonne schien kaum oder wir standen im Schatten“, „wir sind wenig Kilometer gefahren, also konnte der Ladebooster kaum laden“, etc.
Für mich war die Situation besonders schwierig, da ich vor vielen Jahren eine Ausbildung zum Elektroniker gemacht habe und in der Theorie verstehe was dort passiert. Mir fehlte allerdings die praktische Erfahrung, wie sich so ein 12 Volt System im Wohnmobil verhält und auf was man achten sollte.

Alles in allem konnten wir das Thema nie so richtig greifen und da wir auf unseren Urlaubsreisen auch nie länger als drei Wochen unterwegs waren, oder auf Campingplätzen mit Landstrom standen, geriet das Thema wieder in den Hintergrund.

Im Juli 2021 sind wir also ohne Änderungen an der Spannungsversorgung auf unsere große Europa-Reise gestartet. Anfangs sind wir viele Kilometer gefahren, standen oft in der Sonne und alles schien so weit in Ordnung. Den ersten großen Dämpfer gab es nach gut zwei Wochen. Wir standen zwei Tage eher im Schatten und da es durch Unwetter auch etwas kühl wurde wollten wir den Warmwasser-Boiler für die Dusche benutzen. Nach ca. 5 Minuten brach die komplette Spannungsversorgung zusammen, teilweise unter 10 Volt. Der Wechselrichter gab nur noch Fehlermeldungen ab. Also, den Camper schnell aus dem Schatten gefahren und Motor laufen lassen (Batterien laden auch im Standgas über die Lichtmaschine), um das schlimmste zu verhindern. Es blieb dann erstmal bei Erklärungsversuchen und einer Reinigung des Solarpanels (das sah nämlich nach zwei Tagen unter Bäumen und Unwetter nicht mehr so sauber aus). Auch am nächsten Tag gab es noch Probleme mit der Spannung, sodass wir uns entschieden einen Stellplatz anzusteuern, bei dem es einen Stromanschluss gab. Den hatten wir auch dringend nötig und wir beschlossen bei den nächsten Stellplätzen möglichst den Stromanschluss zu nutzen, wenn es einen gibt. Das hatte für weitere zwei Wochen gut geklappt, bis wir auf der Insel Cres für drei Nächte auf einem freien Stellplatz standen. Obwohl wir viele Sonnenstunden pro Tag hatten, ging das System leider immer wieder in Unterspannung.

Spätestens zu diesem Zeitpunkt fiel uns ein weiteres Problem auf. Immer wenn der Kompressor vom Kühlschrank startete, sackte die Spannung bis auf ca. 10,4 Volt ab. Der Kühlschrank hat wohl eine Erkennung für Unterspannung und schaltete dann aus. Nach kurzer Zeit erholte sich die Spannung wieder auf ca. 12 Volt und der Kompressor lief wieder los, bis die Spannung nach sehr kurzer Zeit wieder auf ca. 10,4 Volt absackte. Dieser „Teufelskreis“ wiederholte sich über Stunden. Das war für die Batterien, aber auch für den Kühlschrank nicht gut. Uns war spätestens jetzt klar: So können wir nicht weiterfahren. Wir müssen was tun!

Spannungsanzeige im Van

Experten um Rat gefragt

Zum Glück hatten wir ein paar Tage zuvor schon nach Experten recherchiert und konnten eine telefonische Beratung mit der Firma Autarker vereinbaren. Der Chef persönlich nahm sich extra Zeit für uns. Nach dem Telefonat waren einige Dinge klarer:

Die Aufbaubatterien, in Gel-Technologie, sind nicht gut geeignet für den Betrieb an einem Wechselrichter. Die hohe Stromentnahme schädigt die Batterien zu schnell. Unsere Batterien waren zu dem Zeitpunkt wohl schon sehr stark beschädigt und ein Austausch war unumgänglich. Wenn möglich sollten wir auf Batterien mit AGM-Technologie wechseln, da diese die hohe Stromentnahme besser verkraften.

Die angenommene Kapazität von 200ah steht bei Gel- sowie AGM-Batterien nur zu ca. 50% zur Verfügung, da diese Batterien nie komplett entladen werden können. Effektiv für uns nutzbar waren also von Anfang an nur 100ah. Laut Handbuch von unserem Wechselrichter sollte bei diesem Modell die angeschlossene Batterie-Kapazität übrigens bei mindestens 320ah liegen, was wir leider erst während unserer aktuellen Reise erfahren haben.

Unsere beiden Aufbaubatterien wurden bei der Parallelschaltung nicht „optimal“ miteinander verbunden. Wenn man etwas kritischer ist, könnte man auch sagen „amateurhaft“ oder schlicht und einfach falsch. Dieser Umstand hat wahrscheinlich von Anfang an schon die Probleme verursacht, bzw. eine Beschädigung der Batterien begünstigt. Das muss natürlich korrigiert werden.

Der Wechselrichter hat auch ein integriertes Ladegerät und übernimmt auch das Laden über Solar- bzw. Landstrom. Nach Meinung von Autarker ist das bei uns verbaute Gerät für eine optimale Solar-Ladung nicht gut geeignet. Es wäre besser einen separaten und speziell für Solar-Ladung entwickelten Laderegler zu verwenden.

Generell ist die neuste/bessere Batterie-Technologie in sogenannten LiFePo4 (Lithium-Eisen-Phosphat) Batterien verbaut. Diese können bis auf 0% entladen und immer wieder aufgeladen werden, so wie man das vom Handy kennt. Somit steht auch die volle Kapazität zur Verfügung. Allerdings sind diese Batterien sehr teuer und kamen für einen Austausch während der aktuellen Reise nicht in Frage.

Batterien tauschen in Kroatien

Unsere erste Maßnahme, die wir möglichst sofort ergreifen mussten, war also klar: Batterien austauschen und die fehlerhafte Parallelschaltung korrigieren.
Das war gar nicht so einfach, da wir gerade in Kroatien waren und auch kaum geeignetes Werkzeug dabeihatten. Da unsere weiteren Reiseziele allerdings noch weiter von der EU weg lagen, setzten wir alles daran in Kroatien wenigstens Batterien zu bekommen. Nach fast einer Woche voller Recherche, abklappern von lokalen Händlern und teilweise sogar lokalen Bestellungen mussten wir diesen Versuch aber aufgeben. Batterien zu bekommen war in Kroatien kein Problem, aber die Einbaugröße machte uns immer wieder ein Strich durch die Rechnung. Letztendlich mussten die neuen Batterien genau in das Holzfach unter unserer Sitzbox passen. Ansonsten hätten wir nicht nur Batterien tauschen, sondern auch noch massive Holzarbeiten durchführen müssen. Das kam nicht in Frage.
Zum Glück kam mir die rettende Idee: Warum nicht einfach neue und baugleiche Batterien bei Offgridtec bestellen und diese nach Kroatien liefern lassen?

Ziemlich enge Kiste für zwei Batterien…

Hurra! Das war möglich. Die Firma Offgridtec hatte auf unsere Anfrage extrem schnell und hilfsbereit reagiert. Eine Lieferung von zwei Batterien und einem zusätzlichen Kabel (insgesamt ca. 60 kg), nach Kroatien, war für unschlagbare 19,90 Euro Versandkosten, innerhalb ca. einer Woche überhaupt kein Problem. Da es in der benötigten Baugröße auch AGM-Batterien gab, haben wir natürlich diese bestellt, anstatt wieder auf Gel-Technologie zurückzugreifen.

Während die Batterien also auf dem Weg nach Kroatien waren, unternahmen wir unseren Abstecher nach Bosnien Herzegowina. Die Rückkehr nach Kroatien hatten wir so arrangiert, dass wir die Batterien in Dubrovnik „in Empfang“ nehmen konnten. Leider gibt es zwischen der kroatischen Post und UPS aber keine Kooperation und unsere Batterien lagen nicht wie erwartet in Dubrovnik auf dem Postamt. So kam es dann zu einer munteren „Schnitzeljagd“ durch Dubrovnik, bis wir den UPS-Fahrer letztendlich an einer Tankstelle abpassen konnten und er uns die Batterien quasi auf die Straße stellte.

Für den Einbau hatten wir einen Campingplatz aufgesucht, damit wir dort alle Einrichtungen nutzen konnten, falls der Einbau nicht funktioniert hätte. Hat er aber! 😊

Volle Konzentration!

Nach ca. 3 Stunden schweißtreibender Arbeit waren die alten Batterien raus und die neuen eingebaut. Dank der guten Vorbereitung von Offgridtec passte wirklich alles bis auf den letzten Millimeter. Die Spannungsversorgung funktionierte sofort wieder und wir konnten die Batterien auch gleich am Landstrom voll aufladen.

Saft ist wieder da

Seit dem Umbau sind wir mittlerweile gut acht Wochen unterwegs. Natürlich beobachten wir die Spannungsanzeige jeden Tag weiterhin kritisch. Als erstes Zwischenfazit können wir aber sagen, dass sich der Austausch der Batterien, inklusive Wechsel auf AGM-Technologie und die Korrektur der Parallelschaltung, auf jeden Fall gelohnt haben. Trotz abnehmender Sonnenstunden pro Tag (auch im Balkan wird es Herbst), weniger gefahrener Kilometer pro Tag (unsere Reisegeschwindigkeit hat sich weiter verlangsamt) und mehr Energie-Verbrauch (der Warmwasser-Boiler ist jetzt häufiger im Einsatz und die Diesel-Heizung läuft nachts auch schon mal durch) hatten wir bisher noch keine kritische Situation, wie wir sie vor dem Austausch hatten. Natürlich hoffen wir, dass wir mit diesen Batterien weiterhin gut durchkommen.

Als weitere kurzfristige Maßnahmen haben wir mittlerweile sogar den separaten Solar-Laderegler (Victron SmartSolar MPPT 100/30) eingebaut. Dieser hat eine Bluetooth-Schnittstelle und wir können nun per SmartPhone App genau verfolgen wie unsere Batterien geladen werden. Das gefällt mir natürlich besonders gut.

Sollten wir im Sommer 2022 wirklich einen längeren Aufenthalt in Deutschland machen, dann würden wir bei den Batterien vielleicht sogar noch auf LiFePo4-Technologie wechseln. Da kommt es dann wieder auf die passende Baugröße und leider auch den Preis an. Zusätzlich könnte ein besseres und Leistungsstärkeres Solar-Panel noch auf unserer Wunschliste landen. Dazu müssten wir aber Änderungen an der Dachkonstruktion vornehmen. Wir werden das wohl anhand der Erfahrungen der nächsten Monate entscheiden.

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